4. Opfer

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Müde blickte der Kommissar in die Gesichter seiner Kollegen. Es war erst später Nachmittag, doch schon jetzt freute er sich auf sein Bett, welches er wohl erst spät wiedersehen würde, oder besser gesagt morgens, am nächsten Tag. Die letzten Tage waren hart, er hatte kaum ein Auge zugemacht, zu viel hatte er mit dem Job zu tun und selbst, wenn er eigentlich Feierabend machen sollte, ließ es ihn einfach nicht los.

Es war ihm fast peinlich, dass er keinen Millimeter voranzukommen schien und dafür aber jeden Tag ein neues Opfer aufgefunden wurde. Erst vor wenigen Stunden war die letzte tote Frau, das vierte Opfer, in ihrer Wohnung aufgetaucht, mit genau der selben Todesursache: 5 Einstiche, verteilt auf Brust und Rücken. Inzwischen hatten sie eine Sammlung von vier Bleistiften, alle in dem selben Rotton und so rot, wie das Blut der Opfer.

Sein Versagen in dem Fall, hatte Jonas Winter dazu veranlasst, nun diese Versammlung einzuberufen, denn langsam wurde auch das Drängen der Presse stärker und unter der Bevölkerung begann eine kleine Panik auszubrechen.

"Also liebe Kollegen. Inzwischen sind innerhalb von vier Tagen, vier Opfer aufgetaucht. Wir haben es mit einem Serienmörder zu tun, der in so kurzer Zeit immer wieder Frauen umbringt.", er unterbrach sich selbst, um einmal nervös in die Runde zu schauen, aus der ihn die Augenpaare seiner Kollegen wachsam musterten.

"Der Täter geht dabei immer gleich vor. Fünf Einstiche in den Oberkörper der Opfer, mit dem selben Messer.", dies hatte Michael inzwischen herausgefunden, der die Tiefe und Breite von den Einstichen, der verschiedenen Opfer verglichen hatte und so eine Gemeinsamkeit finden konnte. "Die Tat findet abends statt und der Täter hinterlässt außerdem ein Wiedererkennungsmerkmal, einen einfachen roten Bleistift."

Er war sich sicher, dass die Bleistifte irgendetwas zu bedeuten hatte, irgendwas, das sie mit dem Täter verband.

Er sah erneut in die Runde und hoffte dieses Mal auf Fragen und vor allem Ideen, was sie diesbezüglich unternehmen wollten und wie sie endlich mit der Ermittlung vorankommen könnten.

Die kurze Zeit, in der die Morde passierten war wohl das größte Hindernis. Sie erlaubte ihnen nämlich nicht, in Ruhe zu ermitteln, sondern gebot zur Eile, da sie wohl am nächsten Tag ein neues Opfer erwarten würde und das galt es zu verhindern. Doch alle Untersuchungen der Rechtsmedizin und Spurensicherung brauchten ihre Zeit, genau wie die Toxikologischen Untersuchungen und Tests.

Vorsichtig hob eine junge Kollegin die Hand und erleichtert forderte Jonas Winter sie auf, zu reden. "Was ist sein Motiv?"

Enttäuscht rieb sich der Kommissar mit der Hand über die Stirn. Er hatte auf einen nützlichen Hinweis gehofft. Aber vielleicht würden ihm auch die Fragen, der Anderen zu neuen Ideen verhelfen.

"Bis jetzt ist das noch nicht ersichtlich. Der Täter ermordet die Opfer und hinterlässt dann den Bleistift. Kein sexueller Missbrauch oder körperliche Gewalt. Die Opfer wehren sich nicht und haben keine weiteren Verletzungen, außer die Einstiche, die so gekonnt gesetzt sind, dass sie in jedem Fall innerhalb weniger Minuten zum Tod führen."

"Gibt es irgendwelche anderen Zusammenhänge zwischen den Opfern?", rief ein älterer Kollege von weiter hinten im Raum und räusperte sich dann.

"Alle sind Frauen, zwischen 25 und 40. Bis auf ihr blondes Haar, sind das die einzigen Gemeinsamkeiten. Alle wohnen in unterschiedlichen Häusern, sind reich oder nicht und haben Familie, Freunde oder Ehemänner, die sie morgens am nächsten Tag, nach dem Mord auffinden."

Jonas Winter stockte in seiner Ausführung. Vielleicht war das Aussehen ein wichtiges Detail, welches er bisher vernachlässigt hatte. Und vielleicht spielte die Tageszeit, bei der jeder Mord stattfand eine größere Rolle, als er gedacht hatte? Vielleicht suchte der Täter sich seine Opfer gar nicht so zufällig aus, denn ein Muster war schon zu erkennen.

Jonas Winter musste nur schaffen, es zu durchblicken.

Fünf blutrote BleistifteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt