Kapitel 1

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Ich habe die Chemotherapie abgelehnt. Die Chance, dass ich die erfolgreich Absolviere  war mir einfach zu gering. Ich wollte mir nicht Stundenlang irgendwelche schädlichen Stoffe in den Körper injizieren lassen, um dann zu erfahren, dass es umsonst war. 

,, Du bist ein Idiot.", hatte mich Faith genannt als ich ihr von meiner Entscheidung erzählt hatte. 

Ich kannte Faith schon bevor ich ins Krankenhaus abgeschoben wurde. Nur hatten wir damals in der Schule nie wirklich miteinander gesprochen. Ich war einer der beliebten Sportler und sie, naja, wie soll man sowas nett ausdrücken? Sie war speziell. Faith hatte ihre eigene kleine Gruppe von Freunden und beachtete die anderen Schüler kaum. Nur wenn jemand einen nicht so beliebten fertig gemacht hat, hatte sie sich in den 'Streit' eingemischt und ihn, oder auch sie, in ihre kleine Gruppe von Freunden aufgenommen. 

Als ich dann auf Wunsch meines Vaters, okay, es war auf Befehl meines Vaters, ins Krankenhaus gezogen bin, lernte ich sie wirklich kennen. Sie arbeitete damals Ehrenamtlich im Krankenhaus und durfte sich mit kranken Kindern und mir beschäftigen. 

Neben mir gab es keine Teenager. Diese durften bei sich zu Hause vor sich hin vegetieren und kamen nur für Untersuchungen oder für eine Chemotherapie-Sitzung vorbei. Mit einigen von ihnen durfte ich dann einige Stunden oder eine Nacht das Zimmer teilen. 

,, Wieso? Meine Überlebenschance ist gering. Wenn die Therapie anschlagen würde, dann wäre die Chance, dass der Krebs wiederkommt groß. Ich werde so oder so sterben. Und lieber sterbe ich früher. Bedeutet weniger Schmerz für mich und andere.", rechtfertigte ich mich und aß mein Sandwich, welches mir Faith mitgebracht hatte, weiter. 

,, Wieso ist das erlaubt? Sollte es nicht unter's Sterbehilfegesetzt fallen und damit verboten werden?", hatte sie sich aufgeregt. 

,, Es ist mein Leben und damit auch meine Entscheidung. Aber mir gefällt's, dass du dich deswegen aufregst. Ich bedeute dir was.", wechselte ich das Thema und grinste sie süffisant an. 

Ehrlich gesagt wollte ich nicht sie, sondern mich ablenken. Ich wusste, dass es eine dämliche Entscheidung war. Ich wollte leben und nicht sterben, verdammt. Aber das war keine wirkliche Option. 

,, Nein, so meinte ich es nicht. Ich bin der Überzeugung, dass jeder Mensch leben sollte.", versucht sie sich zu rechtfertigen, doch ich sah, wie ihre Wangen sich rosé verfärbten. Zudem schaute sie mir nicht in die Augen. Sonst schaute sie mir, wenn sie mich von irgendwas überzeugen wollte, in die Augen. 

Normalerweise hätte ich sie deswegen aufgezogen, doch ich hatte keine Lust. Und ich wollte nicht, dass sie ging. Ich wollte nicht schon wieder alleine in diesem verschissenen sterilen Krankenhauszimmer sein. 

Ich wollte nie alleine sein. 

The Short Life of Noah Winters ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt