/// Hermines Sicht ///
Man brachte mich um den Verstand.
Dunkle Mächte vereinigten sich, schenkten dem Guten – niemals hätte ich erwartet, dass ich mich gegen sie wenden könnte – bösartige Flüche, sanken zu Boden. Leblose Glieder schlugen auf dem harten Untergrund auf, bespritzt mit dem stinkenden, roten Blut, welches sich wie ein Teppich über den Boden legte. Es war ein Massaker und ich stand mittendrin.
Das Kreischen von sterbenden Frauen war zu vernehmen, Männer brüllten um ihr Leben, andere schwangen kunstvoll ihre Waffen und versuchten, dem Übel gegenüber zu treten. Doch das war nicht so einfach, denn niemand von ihnen konnte das, was die Dunkelheit Jahrelang praktiziert hatte. Wie sollte ein einfacher Mensch gegen so eine Bedrohung ankommen?
Mein Herz schlug mir bist zum Hals, als ich das Spektakel beobachtete, drückte den Ärmel meiner Strickjacke an meinen Mund.
Mir wurde übel, obwohl ich normalerweise mehr vertrug, doch der Anblick von dem Gemetzel, welches sich vor mir bot, brachte meinen Magen zum Rumoren.
„Das ist ein schrecklicher Film", keuchte ich, bevor ich mich in die weichen Kissen fallen ließ.
Eines drückte ich vor meine Brust, versuchte ebenfalls damit mein Sichtfeld zu blockieren.
Wie hatte ich mich nur dazu überreden lassen, diesen bescheuerten Film zu schauen?
„Ach, Hermine", kicherte Ginny, die neben mir saß, „Ich finde ihn eigentlich recht spannend."
„Du bist einfach zu weich", witzelte George.
Er saß zusammen mit Fred und Harry vor der Couch, naschte etwas von den Süßigkeiten, die auf dem Tisch verteilt waren. Sein Gesicht wurde von einem breiten Grinsen überzogen, weckte in mir das Verlangen, ihn verfluchend aus dem Haus zu jagen.
Warnend warf ich ihm einen vielsagenden Blick zu, der den Rothaarigen sofort verstummen ließ. Dennoch, obwohl sich seine Aufmerksamkeit wieder auf den Fernseher richtete, war ich mir sicher, dass dort noch immer ein Grinsen schlummerte, welches seine Belustigung deutlich widerspiegelte.
„Können wir nicht einfach etwas romantischeres schauen?", erkundigte ich mich murrend, versank jedoch nur kurz darauf in einem Meer voller lieblicher Picknicks und verliebten Paaren.
Leider wurde diese Illusion von Fred durchbrochen, als er auflachte.
„Niemand interessiert sich für solch einen Mist."
Empört erhob ich mich, soweit es ging. Schmollend verschränkte ich die Arme vor der Brust und zeigte ihm, dass ich mit seiner Meinung nicht einverstanden war. Er streckte mir jedoch nur kindisch die Zunge heraus. So ein Blödmann.
„Du hast gesagt, lass die Zwillinge entscheiden, also ist es deine Schuld", lächelte Harry, in dessen Augen ich aber Mitgefühl fand.
„Ich hoffe Draco kommt bald nach Hause, damit er euch alle verhexen kann."
Doch sie lachten nur, schenkten meiner Drohung keine Aufmerksamkeit. Sie wusste, dass ich das nicht ernst meinte, denn diesen Satz, hatte ich bereits so oft gesagt, dass Ginny vorgeschlagen hatte, eine Strichliste zu führen. Sie war ein Biest, aber wenigstens lustig.
Ihre Anwesenheit amüsierte mich und das war auch das, was ich im Moment brauchte. Ich stand kurz vor der Entbindung. Mein Bauch war so kugelrund, dass ich mich nicht einmal wagte, aufzustehen. Ständig lud ich jemanden zu mir ein, damit sie sich in Dracos Abwesenheit um mich kümmerten.
Ja, ich weiß, das klingt äußerst traurig und eingebildet, aber zum Glück – ansonsten hätte ich wahrscheinlich den Verstand verloren – schienen mich meine Freunde auch gar nicht alleine lassen zu wollen. Waren die einen weg, kamen die anderen. Auch Narzissa, Dracos Mutter, kam regelmäßig zu besucht und sah nach mir. Sie war wirklich eine wunderbare Person und in den vergangenen Monaten hatte ich sie wirklich ins Herz geschlossen.
Nicht nur, weil sie mir einen Job gegeben hatte. Ja, ich, Hermine Granger, war endlich wieder im Besitz eines Jobs, den ich jedoch erst nach der Entbindung antreten würde und das Beste war, das Kleine konnte ich wunderbar mitnehmen. Narzissa brachte mir immer wieder Unterlagen mit – ich hatte sie gebeten, mir einiges bereits zu bringen, damit ich mich einarbeiten konnte – in denen ich am Abend gerne schmökerte. Zu meiner Überraschung war der Job perfekt für mich und es irritierte mich immer noch, dass ich mich dort nicht früher vorgestellt hatte.
Es handelte sich um eine Kartei im Ministerium, die sich um die Rechte der Hauselfen kümmerte – man könnte meinen, wie eine Kanzlei. Schon jetzt war ich unglaublich aufgeregt und konnte kaum die Finger von den Akten, den vielen Papieren lassen.
Mir wäre es am Liebsten gewesen, wenn ich hätte sofort anfangen können, doch das Kleine, das so fleißig in meinem Bauch heranwuchs, ließ nichts davon zu. Natürlich war ich auch froh darum, schließlich wollte ich, dass mein lang ersehntes Kind gesund und munter zur Welt kam. Niemals würde ich es mir verzeihen, wenn dem Schatz etwas passieren würde und das, weil ich zu fahrlässig gewesen war.
Frustriert versuchte ich mich zu erheben, doch das einzige was ich schaffte, war mich aufzusetzen – leider. Mein Rücken schmerzte fürchterlich, meine Hüften kribbelten und meine linke Pobacke musste als letztes Übel auch noch einschlafen. Ich hasste so etwas.
Letztendlich musste ich mir eingestehen, dass die gesamte Schwangerschaft nicht so verlaufen war, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich wurde von schrecklichen Schmerzen geplagt – im Rücken, sowie auch an jeder anderen Stelle meines sonst so hartnäckigen Körpers –, hatte mit einer langen Übelkeit zu kämpfen und bescherte meinem Liebsten die schlimmsten Stimmungsschwankungen, die sich ein Mann hätte vorstellen können.
Kein Wunder, dass Draco Überstunden macht.
Überstunden... ja, das war auch ein Thema, über das man hier im Hause nicht gerne sprach – vor allem ich nicht. An einem Abend, es ist schon etwas länger her, kam Draco auf mich zu, nahm meine Hand und sagte mir, dass er nun etwas länger arbeiten müsste. Sofort klingelten bei mir die Alarmglocken. Es hatte mich an die ganze Sache mit Ron erinnert, über die ich noch immer nicht hinweg war. Wie denn auch? So etwas konnte man nicht einfach bei Seite schieben und aus den Gedanken verbannen. Ganz so einfach war es nicht.
Er hatte auf mich eingeredet, mir versucht zu erklären, warum er das tun musste, doch ich hörte nicht hin. Meine Emotionen hatten sich überschlagen, sodass ich vor lauter Frust angefangen hatte zu weinen. Noch immer war mir dieser kleine Wutausbruch furchtbar peinlich, obwohl Draco nicht darüber sprach, so getan hätte, als wäre nichts passiert.
Das rechnete ich ihm hoch an. Nicht jeder hätte so gehandelt. Andere wären wahrscheinlich noch einmal zu mir getreten und hätten versucht, den Streit zu schlichten.
Zu dieser Zeit vermisste ich ihn. Meist lag ich, wenn ich eine passende Position finden konnte, die mir keine höllischen Gliederschmerzen schenkte, auf der Couch und starrt wie versteinert an die Decke. Manches Mal zählte ich sogar die Rillen oder streichelte das weiche Fell meines Katers, wenn er sich erlaubte, sich zu mir zu gesellen. Doch die Zeit, wo Draco dann schließlich nach Hause kam und ich vor Langeweile nicht in den Schlaf gefallen war, erkannte ich als das Schönste am gesamten Tag.
Draco war das schönste am ganzen Tag.
„Bleib' liegen", befahl Ginny in einem sanften Ton, „Sag' mir was du brauchst und ich hole es dir. Du weißt doch, dass du liegen bleiben sollst."
Ich stöhnte laut auf, hob skeptisch meine Braue und musterte sie.
„Ich komme zurecht. Alt genug bin ich ja."
„Darum geht es nicht Hermine. Ich weiß, du bist gereizt und willst endlich wieder alleine aufstehen und durch die Wohnung hüpfen können, aber du musst dich schonen."
Ich war mir eindeutig sicher, dass ich nicht durch die Wohnung hüpfen wollte, aber ich dachte nicht daran, diesen Spruch zu kommentieren. Dennoch musste ich ihr antworten, denn ihre Art, die sie im Moment an den Tag legte – viel zu herrisch für meinen Geschmack – nervte mich.
Innerlich war ich mir natürlich klar, dass das nur an meinen Emotionen lag, doch ich ignorierte es.
„Ich bin nicht gereizt", fauchte ich schließlich, „Wenn ich aufstehen will, tue ich das. Fertig."
„Bist du dir da sicher?", grinste die Stimme, die ich den ganzen Tag vermisst hatte.
Ein Kribbeln umschloss meinen Körper, fuhr in jede einzelne Pore und verströmte so viele Glücksgefühle, dass die schlechte Laune sofort verflog.
Dort stand er: müde, aber mit sanfte Augen, die mich zärtlich musterten, die Arme vor der Brust verschränkt. Sein Jackett musste er wohl schon ausgezogen haben, ebenso seine Krawatte, denn keines von beiden befand sich in seinem Besitz. Draco hatte sich den Schuhen entledigt, trat nun mit schwarzen Hausschuhen zu mir und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn.
Eine Geste, die ich so sehr liebte. Vor allem wenn er es vor meinen Freunden tat.
Errötet setzte ich mich noch ein bisschen weiter auf, musterte den stattlichen Mann, der mir so gefehlt hatte. Es überraschte mich, ließ meinen Verstand jedoch von Glücksgefühlen überkochen, denn so früh hatte ich den Blonden nicht erwartet.
„Gut, dass du hier bist. Erzieh' sie richtig, unsere Hermine kennt ihre Grenzen nicht", scherzte George, worauf sein Bruder kicherte.
Schmollend pustete ich meine Wangen auf, starrte süß hinauf zu meinem Geliebten.
„Sie lügen."
„Natürlich", er nickte, wirkte aber dennoch sehr belustigt. „Wie ich sehe vergnügt ihr euch."
Als sein Blick zum Fernseher huschte, hob er seine Brauen. „Ein Horrorfilm? Wirklich?"
„Sie haben mich gezwungen!", sagte ich schnell.
Empört sahen sie mich an, doch Harry lachte leise. Draco wirkte recht entspannt, als er meine Hand nahm und sie mit einem leichten Drücken liebkoste. Es fühlte sich einfach wunderbar an.
„Ich habe Hunger."
Ich versuchte das Thema zu wechseln, unauffällig natürlich, damit niemand erneut über die vorigen Dilemma sprach.
Das waren keine Dilemma, Hermine. Du versuchst nur vor deinen dummen Sprüchen wegzulaufen.
„Ich werde was machen, habt ihr auch Hunger?"
Draco blickte in die Runde und noch bevor irgendjemand etwas sagen konnte, krallte ich mich fest an seine Hand. Meine Nägel drückten sich in seine Haut. Ich spürte sein Zucken, doch er beschwerte sich nicht.
Ein Wimmern entfloh mir, als ich versuchte, beruhigend über meinen Bauch zu streicheln. Doch es half nicht. Der Schmerz, der mich einfing, war zu stark. Leise, fast schon schwach, schrie ich auf, lehnte mich automatisch zurück in die Kissen.
„Hermine?"
Seine Stimme hallte in meinem Kopf wieder. Ich wollte ihm sagen, dass alles in Ordnung war. Er sollte sich keine Sorgen machen und doch, schaffte ich es nicht.
Der Schmerz war unbeschreiblich, breitete sich in meinem Bauch aus und zog sich bis in meinen Rücken. Es fühlte sich an, als würde etwas in mir zerreißen.
„Gott, die Fruchtblase ist geplatzt!", keuchte Draco der Harry mit Befehlen durch die Wohnung scheuchte. Dieser verstand sofort, was sein ehemalige Feind wollte.
Die Reisetasche, die seit Tagen gefüllt und abfahrbereit im Schlafzimmer stand. Wir hatten sie hergerichtet, um den Tag der Entbindung zu erleichtern. Doch plötzlich, jetzt wo es soweit war, konnte ich nicht feststellen, dass es sich „leichter" anfühlte.
„Oh, bei allen Göttern dieser Welt!", keuchte ich heftig, versuchte regelmäßig ein- und auszuatmen.
Leichter gesagt, als getan, denn es überkam mich eine Wehe nach der anderen. Sie schlugen wie riesige Wellen ein, verteilten sich wie Wasser, dass durch Gebäude und Gewächs wüstete.
„D...das ist zu früh."
„Alles wird gut. Wir sind bei dir."
Ginny redete mir Mut zu, versuchte für mich da zu sein. Ich wollte ihr zuhören, der sanften Klänge ihrer Stimme lauschen und darauf hoffen, dass alles glatt lief. Doch es lief nicht alles glatt.
Mir wurde schwarz vor Augen. Immer und immer wieder verspürte ich den Drang, mich hinzulegen und zu schlafen. Die Dunkelheit wollte von mir Besitz nehmen, was ich jedoch versuchte nicht zuzulassen.
Draco rief nach mir.
„Halte deine Augen offen, Hermine! Bleib wach... Bleib... wa..ch..."
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Because my destiny knows it better -Dramione
FanficSie ist schön, intelligent und seit sieben Jahren glücklich mit Ronald zusammen. Sie leben in einer großen Wohnung inmitten der wunderschönen Stadt London. Doch etwas fehlt. Nachwuchs. Doch dieses Glück scheint das Schicksal ihnen zu verwehren, stel...