Mutter sein

119 4 6
                                    

Was ist das? Warum ist mein Bauch so hart? Warum bewegt sich etwas darin?
Das waren die Fragen, die ich mit stellte als ich schwanger war. Wirklich bemerken tat ich es im 7 Monat. Schätze ich.
Ich verdrängte die Schwangerschaft bis zur letzten Sekunde.
Ich trank Alkohol, kiffte und nahm ab und zu auch andere Drogen.
An einem Tag kam ich ins Krankenhaus, Notaufnahme, 20:00 Uhr. Mein Vater machte sich sorgen was vollkommen verständlich ist wenn die eigne Tochter zu einem sagt:"ich sterbe gleich!!"
Ich bekam die Nacht zuvor schmerzen, schmerzen die ich nicht kannte. So unglaubliche schmerzen.
Als meine Mutter gegen 17 Uhr sagte ich soll endlich zum Arzt gehen tat ich das.
Die Ärztin, die eine bekannte meiner Eltern ist, sagte mir nicht was mich gleich erwarten würde.
Auf die Einweisung in die Frauenklinik schrieb sie: Raumforderung. Was das bedeutet weiß ich bis heute nicht.
Wir hatten den Verdacht auf Blinddarm.
Ich fuhr mit meinem Vater in die Notaufnahme.
Ich ging den langen Flur entlang, sah 3 volle Räume mit Menschen.
Ich schwitze, mein Körper fühlte sich an, als würde er gleich zusammenbrechen. Ich heulte vor schmerzen.
Jede Mutter weiß wahrscheinlich was das für schmerzen sind, in den Wehen zu „liegen". Aber ohne zu wissen was man machen muss oder was das überhaupt für schmerzen sind, ist unbeschreiblich.
Ich lag auf einer liege in einem Raum, eine Schwester kam rein und legte mir einen Zugang. Nach mehreren Minuten kam ein Arzt. Er hatte bestimmt grade erst sein Doktor Titel gemacht. Mitte zwanzig. Unerfahren das sah man in seinem Blick. Mein Vater wusste nicht was los ist, da mein Bruder und ich beide adoptiert sind, wissen meine Eltern nicht wie es ist Kinder zu gebären.
Als der Arzt sagte ich komme gleich wieder, fühlte es sich an wie eine Ewigkeit.
Während dieser Ewigkeit mit Schweißausbrüchen und unglaublichen schmerzen sagte ich irgendwann zu meinem Vater ich müsse auf die Toilette.
"Warte doch, er wird gleich wiederkommen.", sagte er. Ich schüttelte den Kopf, sprang auf und suchte die Toilette. Ich ging in einen Flur, dort stand ein Krankenbett, warum auch immer. Rechts wahren zwei Herren Toiletten. In diesem Moment, erfüllt mit Schmerzen und Angst war es mir egal auf welcher Toilette ich gleich sterben werde.
Angekommen. Tief durchatmen. Ich presste, als würde ich ein dickes Ei legen, entschuldigt für die Ausdrucksweise aber genau so hat es sich angefühlt. Ich guckte zwischen meine Beine. SCHEISSE! WAS IST DAS DENN??? Ich sah einen kleinen Kopf mit ein paar Haaren. Ich schrie um Hilfe, öffnete die Tür und drückte den Notknopf.
Ich presste noch einmal und plötzlich hörte ich es schreien. Das war der Moment wo ich zur Mutter wurde.
Die Schwestern nahmen mein Baby, legten ihn auf das Krankenbett während sich andere um mich kümmerten. "Geht es Ihnen gut?" "Wie heißt er denn?" "Herzlichen Glückwunsch!" Ich saß da, schwitzend, verängstigt und komplett im Arsch. Irgendwann fragte ich ob jemand meinen Papa holen könnte.
Mein Vater kam den Flur rein, sah das Baby dachte sich nur was das da macht. "Können die das nicht woanders machen?", dachte er sich.
Als er vor dem Toilettenraum stand sah er mich. Den Boden und meine Beine voller Blut. Sein Blick war wie ein Spiegel zu meinem. Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte eine Schwester zu meinem Vater:" Herzlichen Glückwunsch! Sie sind Großvater geworden!".
Nach diesem Satz hatten wir beide ein Blackout.
Ich lag nun in einem Bett, mein Baby eingekuschelt in ein Handtuch, mein Vater stand neben uns am Bett. Wir warteten gefühlte Stunden auf den Krankenwagen der mich in die Frauenklinik bringen sollte. Plötzlich sagte mein Vater das wir eventuell mal meiner Mutter schreiben sollten, die zuhause auf heißen Kohlen saß.
"Hier ist der Blinddarm", mit einem Bild von mir und dem Baby.
Die Zeit verging schnell ich lernte wie man Kinder wickelt, mit ihnen umgeht, wie man sie liebt. Die Hebamme, die im Krankenhaus für mich zuständig war, nahm mich am letzten Tag in den Arm, sagte wie stolz sie ist das ich das mit meinen 17 Jahren besser mache als so manch 40 jährige. Ich weinte, bei jedem Satz der ein Lob war.
Mein Vater lobte mich das erste mal in meinem Leben. Es war unbeschreiblich. Es war die schönste Zeit die ich hatte.
Mein Sohn verstarb im Alter von 3 Monaten und 4 Tagen an Muttertag am plötzlichen Kindstod.

Kinder bringen einen zusammen, zeigen einem was liebe ist. Sie geben dir das, was dir immer schon gefehlt hat. Sie bringen dich zum Lachen auch wenn du so schlechte Laune hast, diese kleinen Wesen schaffen es. Immer wieder. J

Abschiede gehören zur Reise unseres Lebens

Wahre Freunde, teilen, TEILE Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt