„Ich – Ich habe früher Giulia, so hieß seine Schwester, Nachhilfe gegeben. Sie war ein wenig jünger als ich. Ein, zwei Jahre, ich weiß es nicht genau. Davide kannte mich, weil ich oft bei ihnen war, um ihr die Nachhilfe zu geben. Und es war auch alles okay, bis ich an einem Tag auf dem Weg nach Hause war. Ich – Die ersten hundert bis zweihundert Meter von der Schule hatte ich den gleichen Weg, wie Giulia und Davide. Davide war damals im Übrigen in seinem Abschlussjahr. Und an einem Tag ging ich halt nach Hause. Und ich ging auf der linken Straßenseite. Und Giulia ging circa dreißig Meter hinter mir auf der anderen Straßenseite. Ich habe sie aber nicht bemerkt, da ich Kopfhörer in den Ohren hatte", fing Zayn an und sah schluckend auf seinen Kaffee.
„Hey, alles gut, Zayn. Mach eine Pause, wenn du willst. Du kannst auch morgen, oder auch nächste Woche oder nächstes Jahr weiterreden", besänftige Marcel seinen Gegenüber. Unsicher stützte er sich auf dem Tisch ab und wischte dem Schwarzhaarigen die wenigen Tränen, die er bei seiner Erzählung verloren hatte, von seinem Gesicht.
„Nein. Ich will das jetzt hinter mich bringen. Aber ich muss vielleicht noch ein bisschen dazu sagen. Davide hatte mich zu der Zeit öfter nachdem ich mit Giulia gelernt hatte noch in die Küche gezogen. Und dort hat er mir immer gedroht, was denn passieren würde, wenn ich seine Schwester verletze. Und irgendwann hat er mir wutentbrannt erzählt, dass Giulia ihm gebeichtet hatte, dass sie in mich verliebt war. Er wirkte so unfassbar wütend. Er hat mich gehasst, ich wusste nie wieso. Ich habe versucht ihn zu beruhigen und habe schlussendlich zugegeben, dass ich Homosexuell bin. Ja, damals wusste ich das schon. Das war ein paar Monate, nachdem ich meine erste Freundin hatte und festgestellt habe, dass ich irgendwie nicht wirklich etwas mit Frauen, bzw. Mädchen anfangen kann. Ich weiß nicht, ob du dir das vorstellen kannst, aber das war sowieso schon eine schwierige Zeit für mich. Das Outing vor meiner Mutter und vor Louis hat mir wirklich geholfen, aber es war trotzdem anstrengend, mich selbst zu akzeptieren. Und da hat er mir nicht wirklich bei geholfen.
Zurück zum Thema, ich konnte ihn damit für einen kurzen Moment beruhigen. Doch dann hat er gesagt, seine Schwester dürfte niemals davon erfahren. Es würde ihr das Herz brechen. Ich solle so tun, als würde ich auf sie eingehen. Solle ihr nach und nach näher kommen. Ich war natürlich nicht damit einverstanden, aber er hat mir Angst gemacht. Davide ist schließlich um einiges größer und vor allem stärker als ich. Also habe ich dem vorerst zugestimmt. Am Anfang war das auch total okay. Ich musste mit ihr von der Schule nach Hause gehen und sowas. Das war wirklich in Ordnung für mich. Ich meine ich mochte sie wirklich gerne, sie war echt nett. Aber ich wollte nichts von ihr. Und dann meinte er irgendwann, ich solle sie küssen. Das war ein Tag, bevor es passiert ist.
Daraufhin habe ich bei ihr angerufen und die Nachhilfe für den nächsten Tag abgesagt. Ich habe so getan, als sei ich krank. An dem Tag war ich auch nicht in der Schule. Ich habe mit meiner Mutter darüber geredet. Wir haben versucht eine Lösung zu finden. Ich weiß gar nicht mehr worauf wir gekommen sind. Auf jeden Fall, bin ich für die letzte Stunde noch in die Schule gegangen. Ich habe mir einen dicken Schal um den Hals gewickelt und einen auf Krank gemacht. Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung warum ich gegangen bin. Ich wünschte ich wäre nicht gegangen. Und – Und dann bin ich nach Hause gegangen. Auf der linken Straßenseite, wie ich eben gesagt habe. Und sie hinter mir auf der anderen. Und dann hat sie mich natürlich gesehen, ich sie aber nicht. Ihr Bruder war neben ihr. Sie hat mich gerufen, ich habe einen Kopfhörer aus meinen Ohren genommen und mich umgedreht, weil ich sie ganz leise gehört hatte", hauchte Zayn, bevor er wieder stockte. Dieses Mal sagte Marcel nichts. Er schlang seine Arme bloß enger um ihn. Liebevoll küsste der sonst so schüchterne und unerfahrene Junge die Tränen von den Wangen des anderen, was Zayn ein Lächeln auf die Lippen trieb.
„Danke", hauchte er leise, beinahe unhörbar. Kurz biss er von seinem Schokoladen Muffin ab, bevor er wieder anfing zu sprechen:
„Als – Als ich mich umgedreht habe – es war so schrecklich – da konnte ich nur sehen, wie Giulia durch die Luft geschleudert wurde. Ich war wie in einer Schockstarre. Sie lag leblos auf dem Boden, der LKW-Fahrer, der sie erfasst hatte, hatte sofort Fahrerflucht begangen und war schon über alle Berge. Erst als Davide schreiend auf seine Schwester zugelaufen ist habe ich reagiert. Ich habe sofort den Krankenwagen gerufen und bin zu ihnen gelaufen. Doch es war sowieso schon zu spät. Die Sanitäter konnten nur ihren Tod feststellen. Sie war schon in den Armen ihres Bruders gestorben. Es war so schrecklich. Ich gab mir die Schuld an allem. Nach ihrer Beerdigung habe ich noch mit Davide geredet, er hat mir erzählt, dass sie mich gerufen hatte und dann sofort zu mir rüber gelaufen ist, ohne auf die Straße zu schauen. Er meinte wegen mir sei sie blind vor Liebe, ich hätte sie mit Absicht in mich verliebt gemacht. Und dann hat mich des Mordes angeklagt. Weil ich nicht wie sonst mit seiner Schwester nach Hause gegangen bin. Das gerichtliche Verfahren habe ich gewonnen. Aber auch Davides Hass habe ich dadurch noch mehr verstärkt. Er schwor sich seine Schwester zu rächen. Und das hat er getan. Er hat mir das Leben zur Hölle gemacht. Irgendwann hatte ich nicht einmal mehr Ausreden, die ich Louis erzählen konnte, warum ich immer blaue Flecken hatte und nach der Stunde mich nie mit ihm treffen konnte. Oder warum ich immer wieder nicht richtig gehen konnte. Warum ich so kaputt aussah. Lou hat es aufgegeben. Und ich bin ihm dankbar dafür. Er hat gezeigt, dass er sich um mich sorgt. Aber er hat auch gezeigt, dass er weiß, dass ich stur bin und er sowieso nichts hätte aus mir rausbekommen. Besser hätte er nicht reagieren können. Das kannst du ihm auch sagen, wenn du wirklich mit ihm redest. Ich will dich dazu nicht zwingen, aber-", fing Zayn an, wurde aber von einer Hand auf seinem Mund unterbrochen.
„Keine Angst, ich rede mit ihm darüber. Aber versprich mir bitte nicht immer alles in dich herein zu fressen. Das macht dich nur kaputt. Du hast Louis, du hast deine Mutter und du hast inzwischen auch mich. Dafür verspreche ich dir auch, dass ich dafür Sorge, dass Davide nie wieder unser Haus betritt, damit du dich wieder wohl fühlen kannst. Selbst wenn ich dafür mit ihm vor Gericht zu all den Menschen muss", sagte Marcel mit belegter Stimme und ein wenig geröteten Wangen.
„Danke. Ich verspreche es dir", lächelte Zayn und drückte seinem Gegenüber einen Kuss auf die Nasenspitze, was Marcel zum Kichern brachte.
„Weiß du was?", grinste dieser und brachte dadurch seine Grübchen zum Vorschein, was Zayns Herz beinahe schmelzen ließ.
„Was?", fragte er lächelnd und lehnte seine Stirn an die des Lockenkopfs.
„Ein Gutes hat Dave. Ohne ihn wäre ich nie in die Bücherei gelaufen. Wäre Gemma nicht zusammen, hätte meine Mutter einen Techniker gerufen, der unser Internet repariert. Und dann hätten wir uns nicht kennen gelernt", hauchte Marcel leise.
„Soll ich dir auch was sagen?", entgegnete Zayn.
„Was?", stelle Marcel eine Gegenfrage.
„Weißt du warum Aquamarinblau meine Lieblingsfarbe ist?", fragte er leise, kaum hörbar.
„Warum?", murmelte der Lockenkopf mit strahlenden Augen und glänzenden Wangen.
„Als ich dich das erste Mal gesehen habe, da saßt du auf einer Bank auf unserem Schulhof. Der Himmel hinter die hat blau gestrahlt, Aquamarinblau. Inzwischen bin ich mir aber ehrlich gesagt nicht mehr hundertprozentig sicher, ob es wirklich diese Farbe war, die mich so sehr fasziniert hat", hauchte Zayn.
Kurz sahen sich die beiden noch lächelnd in die Augen. Dann näherten sich die beiden Jugendlichen immer weiter aneinander, bis ihre Lippen die des anderen berührten. Woraus ein liebevoller Kuss entstand, der der Beginn etwas Großen war. Und sie wussten beide, dass von nun an alles gut werden würde. Denn sie hatten sich. Sich und ihre Bücher. Und in dieser Konstellation konnten sie alles gewinnen, da waren sie sich sicher. Denn ihre Liebe war unendlich.
-1390 Wörter.
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Sou, hier ist nun das letzte Kapitel😍Ich möchte jetzt keine langen Abschiedsreden schwingen, weil das sowieso noch nicht das Ende ist!
Es wird noch mindestens einen Epilog geben! Und ihr dürft bestimmen über welches zukünftige Ereignis aus dem Leben der beiden dieser/diese gehen soll/sollen.
Wenn mehrere Wünsche eintrudeln schreibe ich mehrere. Ich werde das Buch aber nicht für immer offen lassen. Wenn ich irgendwann der Meinung bin, es gibt langsam genug Epiloge, wird es dann ein Ende geben.
P.S Die Epiloge werden zeitlich geordnet sein, im Titel wird immer das Datum stehen☺
Nelo❤❤❤
P.P.S: Danke ❤ 19Cece89
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AQUAMARINBLAU [Zarcel FF]
Fanfiction> > > > Marcel ist ein Junge, welcher den Kontakt zu Menschen meidet. Viel lieber ist er umgeben von Tausenden von Büchern. Alle diese bestellt er im Internet, oder liest sie direkt online. Als allerdings eines Tage das W-LAN im Haus nicht mehr funk...