44. Kapitel

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Hailey

Ich wache auf und mein Rücken schmerzt. Wahrscheinlich da ich in einer ziemlich ungemütlichen Position eingeschlafen bin. Müde reibe ich mir übers Gesicht. Erst nach wenigen Sekunden, wird mir wieder bewusst, was passiert ist. Ich bin auf dem Weg nach Mexiko mit meinem Bruder. Ich habe London ohne eine Erklärung verlassen und er hasst mich wahrscheinlich.

Ich verziehe das Gesicht. Es ist besser, wenn er mich hasst und vergisst, als ... als nach mir zu suchen. Aber wie soll er auch nach mir suchen? Er weiß ja nichteinmal meinen richtigen Namen. Seufzend fahre ich mir durch die Haare.

Der Gedanke, das London mich vergisst, treibt mir zwar die Tränen in die Augen, aber so ist es besser. Ich kann ihn nicht festhalten, ich würde uns beide nur noch mehr verletzten als ich es sowieso schon tue. Lieber lasse ich ihn los.
Es ist einfacher für ihn, wenn er mich vergisst.

Ich stehe auf, ziehe mich an und packe meine wenigen Sachen zusammen. Emotional bin ich zwar nicht bereit, mich meinem Vater und meiner Mutter zu stellen, aber ich kann es eh nicht heraus zögern.
„Olivia, wir fahren", höre ich Javiers Stimme.
Ein letztes Mal gucke ich, ob ich alle Sachen eingepackt habe und folge dann Javier. Nachdem wir ausgecheckt haben, fahren wir weiter in Richtung Grenze.

Im Auto reden wir nicht miteinander, das einzige Geräusch ist die leise Radiomusik. Ich lehne meinen Kopf gegen die kalte Fensterscheibe und beobachte die vorbeiziehenden Bäume.

„Hast du dir schon überlegt, was du ihm sagen willst?", fragt Javier irgendwann und guckt kurz in meine Richtung. Er spricht über Vater. Ich habe auch schon darüber nachgedacht, aber ... was kann ich schon machen?
„Nein, ich denke nicht, dass ich irgendetwas sagen könnte, dass ihn weniger wütend macht", sage ich nachdenklich und in meinem Kopf malen sich bereits die Horrorszenarien aus.

„Sag, das du wegen Rosie getrauert hast und einfach Zeit für dich gebraucht hast. Am Besten weinst du oder so, dann wird er vielleicht etwas weniger wütend sein", rät Javier mir und ich blicke ihn leicht verwundert an.
„Wieso willst du mir helfen?"
„Ich habe schon eine Schwester verloren, ich will wenigstens meine zweiter Schwester behalten."

Ich zucke leicht zusammen und wende mein Blick wieder auf die Straße. Sein Tipp ist ganz gut, vielleicht wird ihn das besänftigen.
„Weiß er eigentlich, das ich komme? Hast du ihm Bescheid gesagt?", frage ich Javier und er schüttelt den Kopf.

„Ich wollte eigentlich nur Tara suchen und sie zur Rede stellen ... das ich dich finde, hätte ich nie im Leben gedacht", erklärt er und ich nicke verständlich. Das ganze war einfach nur ein dummer Zufall.
„Ich wusste nicht das Tara schwanger ist. Ich dachte ... sie hätte mich einfach ohne ein Wort verlassen." Ich fühle mich irgendwie schuldig. Aber andererseits, dass ist vielleicht das erste Mal, dass mein Bruder und ich ein gutes Gespräch führen. Ein offenes gutes Gespräch. Ohne das wir einander anschreien.

„Aber weißt du was das Kranke ist? Ich kann sie sogar verstehen, ich würde auch nicht wollen, dass mein Kind in diesem Umfeld aufwächst. Es soll nicht so verkorkst werden wie ich." Der bittere Unterton in seiner Stimme macht mich traurig.
„Weißt du, Javier? Ich glaube, dass wenn du Tara genauso gegenüber trittst, wie du es bei mir gerade tust, hast du eine gute Chance, dass sie dich Kontakt halten lässt. Ich habe sie in den letzten Monaten erlebt, sie wollte immer nur das Beste für das Kind. Du musst ihr nur zeigen, dass du gut für das Kind bist", rate ich ihm.

„Ich kann es versuche. Danke, Oliv", sagt er und ich muss bei seinem Spitznamen für mich lächeln. Als wir beide jung waren, hat er mich immer Oliv genannt und ich ihn Javi. Irgendwann fand er es zu kindisch mich so zu nennen.

„Das klingt jetzt vielleicht kitschig, aber irgendwie habe ich durch Rosies Tod begriffen, das ich so ein Leben voller Hass nicht will. Ich habe viel nachgedacht und ich ...", er stoppt kurz und ich halte gespannt die Luft an, „Ich wollte mich entschuldigen. Wäre ich vielleicht mehr für dich und Rosie da gewesen, wäre das Ganze nicht so passiert.

Und zu Tara wollte ich ursprünglich auch netter sein. Ich wollte sie einfach bitten, bei mir zu bleiben. Aber dann habe ich sie gesehen und ich bin einfach ausgetickt. Das sie schwanger ist hat mich nur noch wütender gemacht."

„Javier, du darfst dir nicht die Schuld an dem geben, was mit Rosie passiert ist. Ich hätte sie mehr beschützen müssen, Vater hätte sie mehr beschützen müssen. Aber jetzt können wir es nicht mehr ändern. Aber danke für die Entschuldigung. Sie bedeutet mir viel."

Schweigend gehen wir beiden unseren Gedanken nach. Ich hätte nicht gedacht, dass Javier und ich uns einmal so nahe kommen könnten. Eine Frage habe ich aber noch, eine Frage, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge liegt.

„Javier, ich habe eine Frage ... was ist mit Joel?" 

„Das willst du nicht wissen." Ich schlucke.
„Doch, ich muss es wissen."

„Hm... er ist ein wenig abgedreht", sagt Javier etwas zögerlich. Ich blicke ihn fragend an. Was bedeutet das?
„Nachdem du abgehauen ist er irgendwie total abgegangen. Ich würde dir raten, ihn am Besten nicht zu besuchen. Er ist nicht ganz richtig im Kopf."

„Rate mal, wieso ich ihn nicht heiraten wollte", ist mein einziger Kommentar.

London

Haileys Haus sieht ziemlich verlassen aus. Kein einziges Licht brennt und ich versuche erneut sie anzurufen. Wieder nur die Mailbox. Mist.

Ich gehe auf die Haustür zu und klingel mehrere Male. Es überrascht mich nicht das keiner aufmacht. Als ich die Türklinke runterdrücke, stelle ich überrascht fest, dass die Tür nicht abgeschlossen ist. Was ist hier los?

„Hailey?", rufe ich und fühle mich ein wenig dumm, da sie offensichtlich nicht da ist. Und ich fühle mich auch nicht besonders gut, einfach in ihrem Haus rumzustöbern, wenn sie nicht da ist.
Ich versuche erneut sie anzurufen und stutze, als ich leises Klingeln höre. Ist sie doch hier?
„Hailey?", rufe ich und überlege, ob sie vielleicht eingeschlafen ist.
„Hailey, bist du hier?" Ich folge dem Klingeln. Es kommt aus ihrem Zimmer. Ich öffne vorsichtig die Tür, aber das Zimmer ist leer. Haileys Handy liegt auf ihrem Bett und das ganze Zimmer sieht etwas chaotisch aus.

Die Schubladen ihrer Schränke sind teilweise sperrangelweit offen und einige ihrer Klamotten liegen auf dem Boden.

„Scheiße", flüstere ich geschockt. Das sieht nicht gut aus, ganz und gar nicht. Ich nehme ihr Telefon in die Hand, um zu gucken, wem sie als letztes geschrieben hat. Die letzte SMS, die sie geschrieben hat, war die SMS an mich. Mich beschleicht ein unheimlicher Gedanken und ich setze mich, noch immer durcheinander auf das Bett.
War das eine ...  Abschiedssms?

Was ist nur passiert? Während ich vergeblich versuche, die Situation einen Sinn zu geben, klingelt mein Handy. Sydney ruft mich an.
„Hallo", frage ich noch immer etwas betäubt und fahre mir verzweifelt durch die Haare. Was geht nur vor?

„London? Du solltest schnell nach Hause kommen. Es geht um Hailey."

***

Tut mir Leid, ich bin sehr unzufrieden mit dem Kapitel und finde es echt langweilig. Naja, ich wollte nur kurz Bescheid sagen, dass es gut sein kann, dass ich die nächsten Tage nicht sooft update, wie ich es in den letzten Tagen getan habe, da ich schulisch gerade sehr beschäftigt bin :)

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