Sichtwechsel Milena
Schwer atmend und verschwitzt lag Ben neben mir. Ich wischte mir die Haare aus dem Gesicht und griff nach der Wasserflasche, die neben meinem Bett stand. Das kühle Wasser schien auch meine Gedanken wieder zu ordnen und verursachte einen unangenehmen Kopfschmerz. Ich wollte mir Zeit nehmen, um darüber nachzudenken, ob ich noch mit ihm zusammen sein wollte und konnte. Stattdessen hatten wir gerade Sex und vorhin... naja, das war auch nicht die Art von 'ich muss nachdenken', die ich wollte. "Hey, ist alles in Ordnung?", hörte ich Ben fragen. Ich stellte die Flasche weg und drehte mich zu ihm. "Ja, ich hab nur Kopfschmerzen..." - "Soll Sex nicht dagegen helfen?", er grinste mich verschmitzt an. "Mag sein... aber ich glaub, ich hol mir lieber eine Tablette und versuche dann zu schlafen..." - "Milena, sag mir was los ist... bitte..." Auch ich war scheinbar nicht besser im Lügen geworden. "Ich hab mich mal wieder nicht an das gehalten, was ich mir vorgenommen hab. Ich bin wieder schwach geworden... ich wollte mir Zeit nehmen, um über unser Gespräch nachzudenken..." Ben sah mich betroffen an. "Tut mir leid, ich wollte das nicht ausnutzen" - "Quatsch, hast du nicht. Vielleicht war es sogar das richtige. Naja, vielleicht ein bisschen viel für einen Neuanfang...", ich grinste, "aber die Zeit wird nun zeigen, ob es die richtige Entscheidung war." Erleichtert atmete er aus und fuhr sich durch die Haare. "Also darf ich bleiben?" - "Ja, du Idiot!", lachte ich und stand auf, um mir eine Tablette gegen die Kopfschmerzen zu holen.
Im Badezimmer blieb ich kurz vor dem Spiegel stehen und sah mich an. Die Haare zerzaust, das Make-Up verschmiert, aber dennoch sah ich irgendwie... glücklich aus. Vielleicht hatte ich mir doch mal wieder zu viele Gedanken um nichts gemacht. In letzter Zeit konnte ich abends oft nicht einschlafen, weil mich das Karussell aus Gedanken und Ängsten einfach nicht zur Ruhe kommen ließ. Selbst mit meinem neuen Job bei einer großen Berliner Zeitung hatte sich nicht viel geändert. Meine Arbeitszeiten waren ähnlich wie vorher, ich war immer noch viel unterwegs, nur wusste eben niemand etwas von Ben und mir. Im Grunde ging es auch niemanden was an, am wenigsten meine Kollegen und meinen Chef. Denn ich hatte mir eins vorgenommen: Mein Privatleben gehört mir und niemandem sonst. Als ich zurück ins Schlafzimmer kam, schnarchte Ben schon leise vor sich hin. Ich lächelte und rollte mit den Augen, Männer. Ich schnappte mir nochmals die Wasserflasche und spülte die Tablette hinunter, ehe ich noch kurz meine Nachrichten checkte und mich dann zu ihm unter die Decke kuschelte. Ich beobachtete ihn noch eine Weile, wie er friedlich schlief, nur ein blasser Lichtschein von den Straßenlaternen draußen. Ich streckte vorsichtig meine Hand aus und strich ihm übers Haar. Er hatte mir gefehlt, vielleicht sogar mehr, als ich zugeben wollte. Ich hatte versucht mich abzulenken, von ihm los zu kommen, am Ende war ich danach aber nur noch frustrierter als vorher. „Worüber denkst du nach?", riss seine verschlafene Stimme mich aus den Gedanken und er blinzelte mich an. „Ach, nicht so wichtig. Ich wollte dich nicht wecken..." Er rieb sich die Augen und lächelte mich an. „Macht doch nichts, was machen deine Kopfschmerzen?" - „Geht schon wieder, die Tablette beginnt zu wirken", ich gähnte, „ich glaub, jetzt ist auch wirklich Zeit zum Schlafen..." - „Dann komm her", Ben streckte seinen Arm aus und zog mich an sich. „Das hat mir sehr gefehlt...", flüsterte er und gab mir einen sanften Kuss auf den Hinterkopf. Ich legte seinen Arm auf meinem Bauch ab und streichelte seine Hand. „Schlaf gut", flüsterte ich zurück und schloss die Augen.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, waren nicht nur die Kopfschmerzen verschwunden. Ich setzte mich im Bett auf und rieb mir die Augen. Keine Spur von Ben, die Klamotten verschwunden und auch aus der Küche war nichts zu hören. Langsam stand ich auf, schnappte mir mein Handy und schlurfte in die Küche. Wie erwartet: Kein Benjamin. Gerade als ich mir eine Tasse aus dem Schrank nehmen wollte, fiel mir ein kleiner Zettel am Kühlschrank auf. 'Guten Morgen, ich bin nur schnell Brötchen holen, ich lauf dir nicht wieder weg, Ben', stand dort, in dieser Schrift, die ich unter tausenden erkannt hätte. Ich atmete tief durch und stand ein wenig verloren in meiner Küche, die mir auf einmal viel zu groß vorkam. Wieso machte ich mir immer sofort so viele Gedanken und zweifelte an allem? Ich setzte Kaffee auf und mich auf einen der Hocker in der Küche. Als ich den Schlüssel im Türschloss hörte, sprang ich auf und lief in den Flur. „Guten Morgen", schnaufte Ben, in der Hand eine prall gefüllte Brötchentüte, „bist du schon lange wach?" Ich schüttelte den Kopf. „Quasi gerade aus dem Bett gefallen..." - „So siehst du auch aus...", er grinste mich an und legte die Hand in meinen Nacken, was mich zusammenzucken ließ. „Kalte Hände... nimm... sie... weg!", kreischte ich. „Jetzt stell dich nicht so an! Draußen sind immerhin noch keine Minusgrade!"
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Fotoalbum 2.0 (Arbeitstitel)
Fiksi PenggemarDie Fortsetzung meiner Fanfiktion "Fotoalbum"