Teil 10 ~ Aurora

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Liam war als erster auf dem Dach und ich kam nach ihm hinauf. Es war nicht wirklich ein Dach, eher eine... Terrasse!
Grinsend sah er mich an, wie meine Augen sich weiteten und meine Mundlade runterklappte.

Das hier ist...atemberaubend! Der Boden bestand aus alten, grauen Fliesen und war an manchen Stellen schon gebrochen. Aber dennoch hatte es etwas einmaliges an sich. Ich näherte mich vorsichtig dem Gelände. Es bestand aus einer kleinen, weißen Mauer, sie leuchtete an den Stellen, wo die Sonne sie traf.

Es gab weder Möbel noch andere Sachen, aber es wirkte dennoch nicht leer.

Aber das schönste war die Aussicht! Von hier konnte man die Sonne perfekt aufgehen sehen, man konnte förmlich die Wärme, die sie abstrahlt spüren. Und das trotz des Regens.

Ich schnippste einmal und schon verlangsamte sich die Regentropfen, dann wischte ich einmal mit einer Hand einige Tropfen über mir weg und mit der anderen auch. Schlussendlich schnippste ich noch einmal und der Regen war weg.

Ich sah zu Liam, ihm waren die Augen stehen geblieben, anscheinend erlebt er das gerade zum Ersten Mal. Aber für mich ist es schon Routine.

Schon oft hat mich Morgan gebeten das Wetter zu unseren Gunsten zu manipulieren. Jetzt könnte ich es sogar schon im Schlaf tun.

>>Wow!<< flüsterte Liam beeindruckt. Anscheinend hat er seine Stimme wiedergefunden.

>>Komm setzt dich zu mir.<< sagte ich ihm und setzt mich auf die kleine Mauer.

Als er zögerte, schlich sich mir ein Lächeln ins Gesicht.
>>Sag nicht, dass du Höhenangst hast.<< rief ich ihm belustigt zu.

>>Ich doch nicht!<< auch er lächelte und näherte sich mir.
Er setzte sich neben mich und schaute sich mit mir dem Sonnenaufgang zu.
>>Du hast recht, das ist wundervoll.<< flüsterte er leise.

>>Was denn?<< verwirrt sah ich ihn an.
>>Der Sonnenuntergang.<<
Zustimmend nickte ich.
>>Und du auch.<< lächelnd sah er mich an.

Geschockt sah ich ihn an, was hat er grad gesagt! Ich? Wundervoll?

>>Ach komm schon, Aura! Das weiß doch eh schon jeder.<< lachte er.
>>Was denn?<< ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht kam.
>>Dass du schöner bist als Venus selbst!<<

Ich stand auf und ging eine Runde. Ich? Schöner als die Göttin der Schönheit?
Nein! Er übertreibt! Er will doch irgendwas von mir.

Misstrauisch sah ich ihn an.
>>Was willst du von mir?<< fragte ich ihn langsam.
>>Ich wollte dir das nur mal gesagt haben.<< sagte er und fuhr sich durch die feuchten Haare.

Mir hat man schon oft gesagt, dass ich schön bin. Aber das glaub ich nicht, ich seh doch so aus wie jede andere auch. Bis auf die roten Haare und die Narbe auf der Stirn.

Reflexartig fasste ich dort hin. Sie war da, ich konnte sie spüren, jeden Millimeter, vom Anfang bis zum Ende.
>>Ist etwas? Du siehst komisch aus.<<
Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er mich besorgt an.

Sofort zog ich die Hand von meiner Narbe weg. Jetzt Aura! Jetzt oder nie!

Ich setzte mich dicht neben ihn und starrte auf die Sonne.

>>Kann ich dich was fragen?<< fragte ich ihn leise.
>>Alles!<< antwortete er wie aus der Pistole geschossen.
>>Kennst du dich mit Traumdeutung aus?<<
>>Ich nicht. Aber kenn da jemanden. Warum?<<
>>Ich hatte da so einen komischen Traum...<< fing ich an.
>>...und jetzt willst du wissen, was er bedeutet.<< vollendete er meinen Satz.
>>Genau.<< sagte ich und wendete mich nun ganz dem bunten Farbenspiel am Himmel zu.

>>Was hast du denn geträumt?<< fragte er vorsichtig. Anscheinend hat ihn diese Frage eine Menge Überwindung gekostet.

Ich schwieg. Was sollte ich ihm denn sagen?
'Ja, als ich auf der Krankenstation war, hab ich von einem Typen geträumt, der mich mit einer Hand kontrolliert hat. Achja, und er ist tot, ich war damals dabei, wie im das Leben aus dem Körper abgehauen ist. Aber es könnte auch echt gewesen sein, da es sich echt angefühlt hat.'

Nein, lieber nicht.

>>Komm! Gleich gibt es Essen.<< er war schon aufgestanden und reichte mir eine Hand.

Vorsichtig legte ich meine Hand in seine, genauso wie gestern.

In meinem Zimmer zog ich mich schnell um, ich meine in Jogginghose kann ich doch nicht einfach so auftauchen, immerbin war gestern meine Aufnahme. Inzwischen waren auch schon die anderen aufgestanden und bewegten sich halbtot Richtung Bad.

Jogginghose tauschte ich gegen eine einfache weiche, schwarze Hose, zog mir schnell Turnschuhe an und ging raus.

Zu Daina geh ich dann nach dem Essen, wegen dem Verband. Mein Arm tat gar nicht mehr so weh.

Ich kam zum Essenspalast und war schon auf dem Weg zu meinem Tisch, als ich dort einen Jungen sitzen sah.

>>Das ist einer der Neuen. Er ist unbestimmt. Willst du sicher nicht bei uns essen?<< flüsterte mir Ginnie aufeinmal ins Ohr.

Ich schüttelte meinen Kopf und ging auf ihn zu.
>>Hey.<< sagte ich freundlich und setzte mich ihm gegenüber.
>>Hey.<< flüsterte er und schaute mich dann mit großen Augen an.

Sein Löffel fiel ihm fast aus der Hand.
>>Ist etwas? Hab ich was im Gesicht?<< besorgt sah ich ihn an.

>>Ähmm n-n-ne-ein.<< antwortet er mit zittender Stimme

>>Mit dir muss ich reden!<< rief aufeinmal jemand.
Es war Liam und anscheinend sprach er mit dem Unbestimmten.

>>Hör mal. Ich hab euch gestern ja nicht alles gezeigt und erklärt, nach dem Essen mach ich dann weiter damit, nur muss ich davor Aura noch wohin bringen.<< sagte er und zwinkerte mir zu.

>>Okay.<< antwortet der Unbekannte schnell. So wie es aussieht war ihm die Situation unangenehm.
Ich sah ihn mitfühlend an, und Liam sah mich an.
>>Hast du dich überhaupt vorgestellt?<< sagte er belustigt und legte eine Hand auf dessen Schulter, als wären sie schon seit Jahren befreundet.

>>Aura das ist James.<< fing Liam an.
>>Jake.<< besserte ihn dieser aus.
>>Hab ich doch gesagt. Jake das ist Aura. Tochter des Jupiter und seit gestern das Neuste Mitglied der 1. Legion. Sie hat euch gestern das Leben gerettet.<<

>>Ich hab doch nur einen Teil dazu beigetragen, du hast das Meiste gemacht. Ich sollte mich bei dir bedanken, Liam.<< sagte ich ehrlich gemeint.

>>Das war doch noch gar nichts. Sowas mach ich doch gerne.<< sagte er mir mit einer kochgezogenen Augenbraue.

>>Danke.<< flüsterte er mir zu.
Warum kommt er mir so bekannt vor?

Der WaldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt