Teil 8 ~~ Liam

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Mir gefiel es so mit ihr zu stehen. Sie war nicht besonders klein, aber es hatte den Anschein, dass sie die perfekte Größe für mich hatte. An ihrer Kleidung hing neben dem Waldgeruch, Nektar und Ambrosia noch ganz schwach der Geruch von ihrem Parfüm. Es hatte eine intensive blumige Note und erinnerte mich an die Blumensträuße, die Mama jedes Wochenende gekauft und auf den Esstisch ausgestellt hatte. Genüsslich schloss ich die Augen und wünschte mir, dass dieser wundervolle Moment voller Ruhe und Geborgenheit nicht aufhört.

Wie aus dem Nichts erschien ein kalter Luftzug. Die letzten paar Sekunden habe ich schon gespürt, dass Aura sehr in Gedanken versunken war und den Himmel fast weinerlich musterte. Dank des Windzuges begann sie zu Zittern und löste sich aus ihrer Starre.
"Liam? Können wir rein? Mir ist kalt!"

Ohne lange zu Überlegen nahm ihre Hand und begleitete sie vorsichtig ins Haus. Schweigend ging ich neben ihr her auf dem Weg zu ihrem Zimmer. Ihr Zimmer war im vierte Stock, wo auch Ginnie und Rick ihre Zimmer haben. Ich genoss derweil den Luxus ein halbes Stockwerk für mich zu haben, und zwar genau unter dem Dach.
"Gute Nacht, Aura!", flüsterte ich ihr zu und als wie bei ihrer Tür angekommen waren. Ich ging auf die gegenüberliegende Tür zu, die zu Stufen und schlussendlich zu meinem Zimmer führt. Meine ganz persönliche Welt!
"Gute Nacht!", warf sie mir lächelnd hinterher.
Bevor ich die Tür zu den Stufen aufmacht, fiel mir etwas ein. "Ach ja. Ich habe dir bei deiner Aufnahme doch versprochen, dir das begehbare Dach zu zeigen. Das mache ich dann morgen früh, okay?" Aufmunternd nickt sie mir zu und öffnete ihre Zimmertür. Ich sah ihr noch nach, wie sie im Zimmer verschwand und die Tür schloss und machte mich dann erst auf den Weg in mein Zimmer.

Mein Zimmer hatte Wände in mittelblauer bis dunkelblauer Farbe. Obwohl blau nicht wirklich meine Lieblingsfarbe war, brachte ich es nicht über mein Herz die Wände in einem anderen Farbton überstreichen zu lassen, denn das blau passte hier irgendwie perfekt hinein. In einer Zimmerecke stand ein schwarzes Edelholzbett, dass genug Platz für zwei Personen hat oder auch nur für einen wie mich. In der gegenüberliegenden Ecke befand sich eine dunkle Couch, ein Sofastuhl und ein neuner Glastisch, der vollgetürmt mit Papierstapeln war. Seufzend wandte ich mich ab. Keine Arbeit mehr heute!

Da das Dach des Legionshaus trapezförmig war, waren gegenüberliegende Wände in meinem Zimmer schief, einerseits stand mein Bett vor eben einer diesen schiefen Wände und andererseits war die Couch an die andere gelehnt. Im Zimmer standen außerdem noch ein viel zu großer Kleiderschrank, zu dem mich Ginnie überredet hatte und ein, an der Wand angebrachter, Fernseher. Mein Blick huschte zu der Leiter, die von der Tür aus gesehen, an der linken Wand befestigt war und durch eine Klappe in der Decke, zum Dach führte.

Schnell schnappte ich mir gemütlichere Sachen und meine Zahnbürste und Zahnpasta und ging in das Jungs Bad im vierten Stock. Danach schmiss ich mich auf mein Bett. Heute war wirklich ein anstrengender Tag, zuerst das mit Aura und dann die Führung mit den Neuen. Ich nahm mir mein Handy vom Nachtkästchen und aus irgendeinem Grund griff ich auch zu dem Foto, das dort stand.

Es zeigte mich und Dean, den vorherigen Leiter der ersten Legion. Dank ihm bin ich der nächste geworden, und zwar nur weil ich bei meiner Aufnahme alle 60 Punkte hatte. Dean hatte mir einmal erzählt, dass er eigentlich vorhatte mir 9 Punkte zu geben, so wie ich es dieses Mal bei Aura getan habe, aber er hat gesehen was für ein Potential in mir steckt, und dass ich es noch besser könnte. Deshalb hatte er sich doch für die volle Punkteanzahl entschieden.

Dean war wie ein Bruder für mich gewesen. Er war groß, hatte breite Schultern und wirklich gut gebaut. Er war mein Vorbild, mein Idol und mein Held gewesen. Ich habe ihn verehrt und wollte genauso sein wie er.
Bis es passiert ist.
Seine Verbannung. Angeblich wollte er die Leben seiner Einsatzgefährten aufs Spiel setzten bei einem Einsatz im Amazonas und zwar ohne mit der Wimper zu zucken.

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