Chapter 1

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"Essenszeit!", rief einer der Betreuer durch den Flur. Ich hörte wie sich Zimmertüren öffneten und wieder schlossen und Kinder und Jugendliche durch den Flur Richtung Speisesaal liefen. Nur ich blieb in meinen Zimmer. Es würde sowieso keinen Auffallen ob ich fehle oder nicht. Freunde hab ich keine da sie mich für komisch halten und das allein wegen mein Aussehen. Ein Klopfen an der Tür ließ mich aufschauen. Sofia, ein 7 Jahre altes Mädchen, kam in mein Zimmer rein. "Moon? Kommst du auch essen?", fragte sie mich mir ihrer niedlichen Stimme. Ein lächeln breitete sich auf meinen Gesicht aus. 

Okay ich hatte doch eine Freundin. Sofia kam vor ungefähr einem Jahr hierher. Auch ihre Eltern sind Tot, allerdings sind sie bei einem Banküberfall erschossen worden. Sofia war zu diesem Zeitpunkt in Kindergarten gewesen. Als sie hierher kam hat sie tagelang geweint. Beim Essen saß sie immer alleine in einer Ecke und starrte nur vor sich hin. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus sie so traurig zu sehen und freundete mich nach einer Zeit mit ihr an. Sie ist sowas wie eine kleine Schwester für mich geworden und uns gibt es nur im Doppelpack. 

Ich sah ihr in ihre wunderschönen ozeanblauen Augen und sagte: "Natürlich, aber nur weil du möchtest das ich mitgehe Prinzessin ." Nach meinem letzten Wort fing sie an zu strahlen. Sofia liebt es, wenn ich sie Prinzessin nenne. Sie nahm meine große Hand in ihre zierliche kleine und zog mich vom Bett. Gott die Kleine ist so goldig. Ich hoffe für sie, dass bald eine Familie kommt die sie bei sich aufnimmt. Ich möchte nicht das sie das gleiche durchleben muss wie ich. Klar wäre es toll wenn wir beide bei der selben Familie aufgenommen werden, aber dies ist relativ unwahrscheinlich. Immer noch ihre Hand in meiner gingen wir in Richtung Speisesaal.

Auf den Weg zu unserem Tisch wo wir immer sitzen höre ich wie einige anfingen zu tuscheln. Sofia setzte sich an den Tisch und guckte mich an. Ich schenkte ihr ein warmes lächeln und fragte, was sie denn haben möchte. Bei uns beiden gibt es so eine Reglung das sie auf den Platz aufpasst und ich uns das Essen hole. Sie überlegt kurz und ihre Augen fangen an zu strahlen als sie mir ihre Antwort mitteilt: "Ich will ein Nutellabrötchen!" "Alles was du willst Prinzessin." Ich machte mich auf den Weg zu der Essensausgabe. Man kann sich den Speisesaal so vorstellen wie eine Schulkantine. Überall im Raum stehen Tische und es gibt eine Essensausgabe. Die Köchin lächelt mich an und ich teil ihr mit was ich haben möchte. Sie weiß mittlerweile das ich auch immer etwas für Sofia mitnehme und sagt mir auch immer wie süß sie es findet das ich mich um die Kleine kümmer. Mit dem Essen in der Hand mach ich mich auf den Weg zurück zum Tisch.

Nachdem wir uns wieder auf den Weg in mein Zimmer machen überleg ich mir was wir noch machen könnten. Raus können wir nicht da es Winter ist und einfach viel zu Kalt. Sofia zog mich in mein Zimmer rein und hüpfte auf mein Bett um sich dann darauf auszubreiten. Währenddessen ließ ich mich auf mein Schreibtischstuhl sinken. "Moon? Können wir etwas Zeichnen?", fragte sie ganz lieb. Ich nickte ihr zu, was dazu führte das sie von mein Bett sprang und zu mir an den Schreibtisch gelaufen kommt. Ich zog sie auf meinen Schoß und drehte mich mit ihr in Richtung Schreibtisch zu meinen Malsachen. Ich strich ihr einmal über das Haar und fragte dann sanft: "Was möchtest du den Zeichnen?" Sofia schien kurz zu überlegen und griff dann nach den Bleistift neben dem Zeichenblock. Ich ließ sie einfach malen, weil ich wusste das am Ende ein wunderschönes Bild entsteht. Für ihre 7 Jahre ist sie ziemlich begabt. Sie malt wie eine richtige Künstlerin.

Fast 20 Minuten später legte sie den Stift zur Seite und lehnte sich zurück an meine Brust. Nun konnte ich endlich ein Blick auf das Bild erhaschen und was ich sah verschlug mir die Sprache. Auf den Bild sah man ein Wald und der Mond schien Hell auf ihn herab. Im Wald erkannte man die Umrisse einer Gestalt, die ganz klar ein Mädchen da stellen soll. Aber das was mich am meisten Schockiert ist, das ich letzte Nacht von genau diesem Ort, diesem Wald und der Person drin geträumt hatte. "Moon? Ist alles okay? Du siehst so blass aus.", Sofia guckte mich aus ihren blauen Augen besorgt an. 

Manchmal hab ich das Gefühl, sie könnte mir tief in die Seele blicken. Ich versuchte ihr ein lächeln zu schenken, was aber nicht so ganz funktionierte. Meine Hand griff wie automatisch das Bild und hielt es ein Stück hoch. Sofia drehte sich wieder in Richtung Zeichnung und begutachtete das Bild. "Kennst du diesen Ort?", fragte ich sie flüsternd. Sie nickte, öffnete ihren Mund, aber schloss ihn darauf wieder. Sie holte nochmal kurz Luft und antwortete mir schließlich: "Das ist der Wald von Sacarmonto. Ich habe früher mit meinen Eltern am Waldrand gelebt und auch oft die Gestallt dort gesehen." Mein Blick war immer noch auf das Blatt gerichtet, denn ich konnte mein Blick einfach nicht davon lösen. 

Es war als würde das Bild plötzlich lebendig werden. Das Mädchen begann sich zu bewegen und sie kam immer näher. Kurz bevor sie ein Mondstrahl erleuchten konnte wurde ich durch geschüttelt. Ich schlug meine Augen auf und sah in das verweinte Gesicht von Sofia über mir. Als sie bemerkte das ich wieder wach war fiel sie mir um den Hals und drückte mich ganz feste. Erst konnte ich mich nicht bewegen und machte gar nichts, aber nach einer kurzen Zeit nahm ich sie in den Arm, flüsterte ihr Beruhigende Worte ins Ohr und strich ihr über den Rücken. Nach langem hin und her wiegen hatte sie sich wieder beruhigt. Sofia drückte sich ein Stück von mir weg und sah mich an. Mit meinem Daumen strich ich ihr die Tränen von der Wange und sah sie eindringlich an. 

Als auch die letzte Träne weg war fragte ich flüsternd: "Sofia was ist passiert?" Ihr Körper fing wieder an zu zittern, tränen glitzerten in ihren Augen, sodass ich sie einfach wieder in meine Arme zog. Es brach mir das Herz als sie mit brüchiger Stimme antwortet: "D...du hast da...das Bild ange..angestarrt und...und irgendwas hast du...du gemurmelt bis du dein Bewusstsein v...verloren hast. I..ich hatte so Angst..Angst um dich." Der letzte Teil ging in ihren schluchzen unter. "Psst ist ja gut Prinzessin. Ich bin bei dir und werd dich so schnell nicht verlassen." Das hin und her wiegen machte Sofia wohl schläfrig, denn sie gähnte ununterbrochen. Ihr Anblick ließ mich lächeln, welches noch größer wurde als sie sich an mich kuschelte und ich nach einiger Zeit ihren gleichmäßigen Atem vernahm. 

Mein Blick glitt aus dem Fenster, da wir uns vorhin auf meine breite Fensterbank gesetzt hatten. Draußen schien der Halbmond hell am Himmel und leuchtete mit den Sternen um die Wette. Wie oft ich diesen Anblick schon gesehen hatte konnte ich nicht sagen, aber immer wenn ich in den Himmel sah durchströmte mich ein Gefühl von Liebe und Geborgenheit. Lächelnd lehnte ich mich zurück, zog die Decke um Sofia und mich enger, schloss die Augen und ließ mich von der Dunkelheit einholen.

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