Die Häuser sahen nicht mehr wie frisch gestrichen aus, denn hier und da blätterte die Farbe ab. Die Straße wies immer häufiger Schlaglöcher auf, weshalb mein Kopf auch schon zwei mal gegen das Fenster geknallt war, weil ich nicht mehr die Kraft hatte ihn oben zu halten und mich ans Fenster lehnte. Alles in allem wurde die Landschaft immer schäbiger und so langsam bekam ich Zweifel, ob es hier draußen wirklich ein gutes Hotel gab oder ob Scar mich einfach nur verarschen will. Kurz warf ich der eben genannten einen forschenden Blick zu. Nein, sie sieht nicht so aus als wollte sie mich verarschen, aber ich hatte in den letzten Stunden gelernt, dass wohl nicht jeder nett und freundlich zu mir sein wird.
Seufzend schloss ich meine Augen. Langsam wurde es mir irgendwie alles zu viel. Ich wünschte ich hätte niemals das Waisenheim verlassen. Gerade bereue ich meine Entscheidung. Vielleicht werde ich es nicht mal mehr lebend zurück schaffen und dann werde ich nie erfahren, was aus meiner kleinen Prinzessin geworden ist.
Immer wieder ruckelte das Taxi durch die Löcher in der Straße und ich hoffte, dass wir bald endlich da sein werden. In der Ferne konnte ich schon einen Wald sehen, doch ob es genau der war, den ich suchte war eine andere Frage. Wer weiß wie viele Wälder Sacarmonto hat. Nachfragen wollte ich auch nicht wirklich. Wahrscheinlich würde Scar mich dann nur mit irgendwelchen Fragen löchern und das konnte ich gerade echt nicht gebrauchen. Ehrlich gesagt will ich mit niemanden mehr reden solange ich hier bin.
Woher soll ich wissen wer Freund und wer Feind war? Klar, bei der Frau im Zug habe ich gespürt, dass von ihr etwas dunkles ausgeht, aber das heißt nicht, dass es bei anderen auch so ist. Ich weiß ja noch nicht einmal, wer diese "Anderen" sind geschweige den woran ich sie erkennen konnte.
Ruckelnd kam das Taxi zum stehen und Scar drehte sich zu mir, so dass sie mich mit ihren giftgrünen Augen fixieren konnte. Allerdings mied ich ihren Blick und sah aus dem Fenster auf das Gebäude, welches anscheinend das Hotel ist, von dem sie geredet hatte.
An sich sah es nicht mal schlecht aus. Es war ein kleines Gasthaus ungefähr drei Stockwerke hoch und in einem leichten hellblau gestrichen, wo an manchen Stelle schon etwas Farbe abgeblättert ist. Vor dem Haus hatte man eine Terrasse gebaut, über welche man auch zur Eingangstür gelangte. Zu der Terrasse führte ein breiter Kieselweg, welcher von leichtem Schnee bedeckt war und an den Seiten des Weges standen verwelkte Blumen. Rund um das Haus befand sich eine Rasenfläche, welche durch die vereinzelten Schneeflocken glitzerte und aussah als hätte man sie mit Puderzucker bestreut.
So schlimm sah es von außen also gar nicht aus. Da konnte ich nur hoffen, dass es von innen auch noch gut aussieht. Scar war in der Zeit, in der ich das Hotel betrachtet hatte ausgestiegen und hielt mir nun die Tür auf. Schnell steig ich aus und bedankte mich. Lässig winkte sie ab und bot mir an mich noch rein zu bringen, damit sie sich auch sicher sein konnte, dass ich auch ein Zimmer bekam. Misstrauisch betrachtete ich sie.
Vom Aussehen her sah sie nicht so aus, als würde sie sich sorgen machen, dass man kein Zimmer bekam. Ihre roten Locken und giftgrünen Augen ließen sie wie eine Raubkatze aussehen. Hinzu kam ihr Augenbrauenpiercing und der Septum in der Nase. Ihre Kleidung war auch eher dunkel gehalten. Schwarze Stiefel, schwarze Jeans und ein dunkelgrauer Pulli mit einer schwarzen Jacke.
Anscheinend bemerkte sie mein misstrauen und ließ leicht die Schultern hängen, ehe sie mir ein leichtes Lächeln schenkte. ,,Schon gut. Ich versteh schon, dass ich nicht sonderlich Vertrauenswürdig aussehe. Falls etwas ist hier ist meine Visitenkarte. Scheu dich nicht mich an zu rufen wenn du mal Hilfe oder jemanden zum fahren bauchst. Ich wohn nur ein paar Häuser von hier." Sie reichte mir eine Visitenkarte welche ich überrumpelt annahm. Sie kann ganz schön viel auf einmal reden. Und schnell abhauen kann sie auch, denn bevor ich irgendwas sagen konnte war sie schon eingestiegen und davon gefahren.
Etwas verdattert stand ich da auf dem Bürgersteig und sah ihr nach, bevor ich mir die Visitenkarte ansah. Scarlett Yenis stand dick und fett in schwarzen Buchstaben vorne drauf. Auf der Rückseite befand sich ihre Handynummer und anscheinend ihre Adresse. Schulterzuckend steckte ich die Karte in meine Jackentasche und machte mich auf den Weg zu der Tür des Hotels.
Der Kies unter meinen Schuhen gab jedes mal ein protestierendes Knirschen von sich sobald ich mein Fuß absetzte und das kleine bisschen Schnee auf dem Kies blieb an meiner Sohle kleben.
Die schwarze Eingangstür ließ sich mit einem leisen Quietschen öffnen und warme Luft kam mir entgegen, so dass ich erstmal einige Male blinzeln musste, bevor ich wieder richtig sehen konnte. Die warme Luft war unangenehm auf meiner von draußen gekühlten Haut. Sehr wahrscheinlich sind meine Wangen und die Nase auch schon ganz rot von den Temperaturen, allerdings ließ sich das nicht vermeiden und es wird bestimmt noch kälter.
Zögernd stampfte ich den Schnee von meinen Schuhen und betrat langsam das Haus. Vor mir befand sich ein Empfangstresen aus massiven Eichenholz und hinter den Tresen an der Wand war ein Regal mit vielen Fächern an denen Nummern Standen und ein Brett, an dem viele Schlüssel hingen. Die Wände waren mit Holz verkleidet worden und der Fußboden setzte sich aus vielen schwarzen Fliesen zusammen. Links konnte man eine Treppe hoch in den nächsten Stock und rechts befand sich eine weitere Tür, welche dieses Mal allerdings eine weiße Flügeltür war.
Im gesamten Empfangsbereich gab es nicht wirklich viele Verzierungen nur auf dem Tresen stand ein Topf mit Blumen und auch in einer Ecke befand sich ein kleiner Hausbaum. Trotz der fehlenden Verzierung sah der Bereich doch sehr einladend aus, so dass man sich direkt heimisch fühlte. Das Gefühl blieb auch, als ein etwas älterer Herr mit vereinzelten grauen Haaren aus einem Raum kam der sich hinter der Schlüsselwand befand. Sein Gesicht wurde von einigen tiefen Falten geziert, aber das Lächeln welches er mir schenkte glich dem, welches ein Opa immer seinen Enkeln zu wirft wenn er sie nach langer Zeit mal wieder sieht. Zumindest denke ich, dass es genau so aussieht, denn ich selbst kenne es ja nicht.
,,Einen wunderschönen guten Nachmittag. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?" Seine Stimme hatte einen rauen Unterton, aber er sprach so sanft, dass es nicht wirklich auffiel, dass er anscheinend Raucher war und seine Stimme deshalb so rau klang. Schüchtern sah ich kurz auf den Boden. Ich hatte nicht erwartet so nett empfangen zu werden. Nachdem Scarlett meinte, dass sie sicher gehen will ob ich auch ein Zimmer bekomme dachte ich erst, dass ich wieder raus geschmissen werde, weil alle Zimmer belegt waren, aber anscheinend hatte ich mich geirrt.
,,Guten Tag. Ehm ich würde gerne eines Ihrer Zimmer mieten." Meine Stimme war nur ganz leise, aber der Mann schien mich gut zu verstehen, denn er drehte sich zu der Wand und betrachtete die Schlüssel, ehe er fragte, für wie lange ich bleiben würde. Beantworten konnte ich es nur damit, dass ich nicht wüsste wie lange es dauern könnte. Nickend gab er mir zu verstehen, dass er mich verstanden hatte und löste einen der Schlüssel von seinem Haken, ehe er mir diesen hin hielt und ich ihn zögernd an mich nahm. Auf dem kleinen Anhänger stand die Zahl 6 und kurz fragte ich mich, woher er wusste, dass dies meine Lieblingszahl war, aber das war einfach nur Zufall.
,,Ehm... was kostet eine Nacht denn?", fragte ich unsicher. Immerhin musste ich sparsam umgehen. Schulter zuckend sah er mich kurz nachdenklich an ehe er erwidert: ,,Es kommt ganz darauf an. Wenn du dich an die Regeln hältst und je nachdem wie lange du bleibst kann ich es vielleicht billiger machen, aber wenn du hier aus der Reihe tanzt, dann kann ich es auch teurer machen." Verwirrt nickte ich als Zeichen, dass ich es zur Kenntnis genommen hatte. Schnell verabschiedete ich mich von dem namenslosen Mann und ging die Treppe hoch.

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Timewalker
Fantasy"Wer oder was bist du?", fragte die Person vor mir. Ich hob eine Augenbraue und meinte: "Die frage ist wohl wer oder was bist DU?" Dabei betonte ich das 'Du' besonders stark. Arrogant hob die Person den Kopf. "Ich habe dich zu erst gefragt also antw...