Chapter 10

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Die gesamte restliche Zugfahrt war ein einziger Horrortrip. Jeder der mir zu nah kam war für mich eine Bedrohung und immer wenn ich am Bahnhof stand und auf mein Verbindungszug gewartet hab fühlte ich mich beobachtet und sah unruhig umher. Vielleicht war ich auch einfach Paranoid, aber seit der Begegnung mit der Frau hab ich vor jeden Angst bekommen. Was wenn mich auf einmal jemand angreift oder entführt? Okay, das ist vielleicht etwas weit her geholt vor allem, wenn so viele Leute dabei zu sehen, aber ich kenne die Welt hier draußen kaum und deshalb machte mir alles umso mehr Angst.

Was hab ich mir nur dabei gedacht einfach auf eine Reise ins Unbekannte zu gehen? Niemand weiß wo ich mich befinde und wo ich hin will. Ändern kann ich es nun aber auch nicht mehr und ich glaub ich hätte es eh wieder genauso gemacht. Zwar hätte ich am liebsten die Begegnung im ersten Zug aus gelassen, aber besser man wird vorgewarnt, als das man hinterher blind ins Messer läuft. 

Nach etlichen Stunden der Angst und Paranoide war ich endlich am Ziel. Nervös stand ich von mein Platz auf und schulterte mein Rucksack. Langsam bewegte ich mich zur Tür, welche auf glitt, sobald der Zug zum stehen kam. Die kalte Luft schlug mir entgegen und vereinzelte Schneeflocken wehten hinein. Möglichst unauffällig stieg ich mit den anderen Menschen aus. Zwar wusste ich nicht, in welche Richtung ich musste, aber ich ließ mich einfach von der Masse mit ziehen. Zu meinem Glück landete ich wirklich am Ausgang des Bahnhofs und stand nun mitten im Schnee.

Langsam ließ ich meinen Blick umher gleiten, während weiterhin Menschen an mir vorbei schritten. Sacarmonto schien eine sehr belebte Stadt zu sein wie es aussieht. Überall liefen Menschen umher, welche telefonierten oder mit Freunden zusammen unterwegs waren. Lachend liefen diese an mir vorbei. Da es kalt draußen ist hatten alle dicke Jacken und Stiefel oder andere warme Schuhe an. 

Die Häuser in der Nähe vom Bahnhof sahen schön aus. Sie waren zwar alt, aber sie wurden wohl vor nicht allzu langer Zeit neu bestrichen, weshalb sie in hellen Pastelltönen erstrahlten. Vor jedem Haus befand sich ein kleines Stück Rasenfläche, was man, soweit ich wusste, eine Briefmarke nannte. Ab und zu waren ein paar Blumen gepflanzt worden. Die Straße, die vor den Häusern lang lief schien ebenfalls relativ neu zu sein, da sie noch keinerlei Unebenheiten aufwies. Alles in allem sah die Gegend hier am Bahnhof doch schon eher neu aus und sehr gepflegt. Nur der Bürgersteig passte nicht so recht ins Bild. Man sah, dass er schon älter war, weil viele Steine etwas hinaus standen, da alle anderen wohl auch etwas abgesackt sind im Laufe der Zeit und man deshalb über einige Kanten fallen kann. Zudem war er auch nicht mehr ganz so sauber, weshalb er eher  wie ein kleinen Kontrast zu den gepflegten Häusern und der Straße aussah. Die Schneeschicht hatte sich hier kaum bilden können, da der Boden wohl immer noch zu warm war.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als jemand in mich hinein lief, weshalb die Tasche von meiner Schulter rutschte und zu Boden glitt. Zum Glück konnte ich gerade noch so mein Gleichgewicht halten und empört wollte ich mich zu der Person umdrehen und sie anmaulen, ob sie keine Augen im Kopf hat als ich merkte, dass da niemand mehr hinter mir war. Es liefen nun auch kaum mehr Menschen rum, da die meisten Züge schon weiter gefahren sind. Suchend sah ich mich um, konnte allerdings niemanden Verdächtiges entdecken. Misstrauisch sah ich mich noch einmal um, ehe ich meine Tasche auf hob und schulterte. Mir wurde es langsam echt zu viel. 

Irgendwo in der Ferne hörte ich, wie Glocken anfingen 12 zu schlagen. Es wurde Zeit für mich, dass ich mich endlich auf den Weg mache. Zwar wusste ich nicht genau wo ich hin muss, aber erst einmal sollte ich mir etwas zu Essen und einen Schlafplatz besorgen. Gleich in der Nähe von dem Bahnhofseingang entdeckte ich ein Schild, welches auf einen Taxistandplatz hinwies. Schulter zuckend machte ich mich auf den Weg dahin. Ein Taxi kann ja wohl nicht schaden, immerhin wusste ich ja nur, dass ich zum Wald  musste. Den kurzen Fußmarsch über fühlte ich mich immer noch verfolgt und sah mich fast jede Sekunde um. Es war einfach zum verrückt werden. 

Zu meinem Glück standen mehrere Taxis auf ihren Parkplatz und warteten auf ihre Kunden. Schüchtern trat ich auf das Taxi zu, das mir am nähsten stand. Die Taxifahrerin darin sah mich kurz abschätzig an, ehe sie ausstieg und mich warm anlächelte. Zögernd erwiderte ich ihr Lächeln und auf die Frage hin, ob ich noch anderes Gepäck hätte verneinte ich und schon saßen wir im Taxi. Sie auf dem Fahrersitz und ich hinten auf der Rückbank. 

,,Du bist neu hier oder? Scar mein Name. Wenn du willst kann ich dir etwas von der Stadt zeigen. Urlaub oder hast du vor her zu ziehen?", fragte sie mich mit einem Blick in den Rückspiegel. Überrumpelt sah ich sie an. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass ich so einen gesprächigen Fahrer abbekomme. Anscheinend sah Scar, dass ich mit dem Ganzen nicht fertig wurde, weshalb sie mich einfach nur lachend fragte wo ich hin wollte und mit einem erleichterten Seufzer schilderte ich ihr kurz, dass ich gerne zu dem Wald von Sacarmonto würde bzw. eher ein Hotel in der Nähe von den Wald suche. 

,,Da kenn ich ein sehr gutes Hotel." Die waren ihre Worte, ehe sie sich in den Verkehr einordnete und ich mich erschöpft zurück sinken ließ. Diese ganze Angst vor dem Neuen macht mir einfach sehr zu schaffen und da ich auf der 16 stündigen Zugfahrt kein Auge zu machen konnte war ich auch dementsprechend müde und ging deshalb auch meiner Lieblingsbeschäftigung nach. Die Landschaft beobachten. Eine Zeit lang sah die Gegend durch die wir fuhren immer gleich aus. Alte, schöne Häuser in Pastelltönen mit Briefmarken davor, der etwas mit genommene Bürgersteig und die glatte, frisch geteerte Straße. Anscheinend fuhren wir Richtung Stadtrand, was natürlich auch logisch war, da ich ja zu einem Wald wollte und ich bezweifel, dass ich diesen mitten in der Stadt vorfinde. Allerdings wusste ich nicht deshalb, dass wir die Stadt und die vielen Menschen hinter uns ließen, sondern weil sich das Bild der Gegend veränderte.

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