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"Bitte, Chloe." Theo steht vor meinem Fenster, das ich widerspenstig zuhalte und energisch den Kopf schüttle.
"Was soll ich denn machen, wenn ich am Wochenende keine Zeit habe?"
"Du hast so gut wie jedes Wochenende keine Zeit! Sag mir doch wenigstens, wer so wichtig ist, dass du mich ständig sitzen lässt!", schreie ich ihm durchs Fenster zu. Meine Mutter ist einkaufen, was in dieser Situation sehr praktisch ist.
"Das kann ich dir nicht sagen!", brüllt er zurück, doch in seiner Stimme schwankt Verzweiflung.
"Dann kann ich dir nicht helfen!" Mit einem letzten, sarkastischen Grinsen drehe ich mich um und stampfe die Treppe runter. Nur ein paar Sekunden später klingelt es an der Haustür. Mit der letzen Kraft, die ich aufwenden kann, schreie ich "Verpiss dich, Theo!" und hoffe, dass er dies auch tut.
Natürlich tut er es. Sein Bad Boy Image ist schon genug geschädigt, dann wird er bestimmt nicht bei einem Mädchen fast die Tür vor Verzweiflung einschlagen, während sie ihn abweist.
Frustriert lasse ich mich auf die Couch fallen und schalte den Fernseher an. Es läuft nur Schrott, deswegen gucke ich James Bond auf DVD. Da Spectre so unrealistisch (Sorry an alle Bond Fans) ist, kann ich den Kopf gut frei kriegen und gönne mir am Ende sogar auch noch ein Frusteis. Schokolade. Ein ganzer, dicker Becher voll.

"Maddie?"
"Hey Chloe. Was macht das Leben so? Was macht dein Freund so?"
"Ach, der ist der größte Spast der Welt."
"Jungs eben. Aber sag mal, du kennst doch noch Jake, oder?"
"Jake Ruc?"
"Genau der."
"Wie könnte ich den vergessen? Er hat so gut wie jedes Mädchen hier aufgerissen."
"Mit Ausnahme von dir."
"Ja und?"
"Er ist wieder hier. Hier in Ferkey! Und er hat nach dir gefragt!"
"Na, der soll mir vom Hals bleiben."
"Habe ich ihm auch gesagt. Und er fährt jetzt zu dir."
"Du hast ihm meine Adresse gegeben??!!!"
"Ich habe nur gesagt, dass du in Beacon Hills lebst."

Und aufgelegt.
Jake Ruc.
Einer der gefährlichsten Werwölfe in Nordamerika. Damals, als ich auf wundersame Weise zum Alpha mutierte, ohne gebissen zu werden, hatte er alles daran gesetzt, mich zu jagen und mich zu töten. Maddie weiß von alle dem nichts, wie könnte ich es ihr auch erzählen. Ich würde sie in ernsthafte Schwierigkeiten bringen, soviel ist sicher. Und wenn sie nicht in ernsthaften Schwierigkeiten steckt, dann würde sie sich wohl mit ihren langen Fingern an den Kopf tippen und mir sagen, ich gehöre in die Psychiatrie. Also habe ich sie in dem Glauben gelassen, dass Jake Ruc nur einer der vielen Aufreißer an unserer Schule ist. Als er dann umgezogen ist, war ich mehr als nur erleichtert.
Aber warum will er mich jetzt sehen?
Bestimmt kommt er nicht zum Kaffeeklatsch.
Nein, er will mich töten.
Ganz sicher.

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Ich weiß genau, dass ich einen Angriff von Jake nicht noch einmal so gut überstehen werde wie damals. Ganz einfach: Ich brauche ein Rudel, ein taugliches Rudel. Das Mischmasch Rudel von Scott kommt auf jeden Fall nicht in Frage, und außerdem weiß ich gar nicht, ob Scott und die anderen mir überhaupt noch helfen würden, nachdem, was alles passiert ist. Nach meinen ganzen Abfuhren. Also bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mich bei meinem Freund zu melden.

"Theo."
"Endlich rufst du an."
"Ich brauche deine Hilfe."
"Was ist passiert?"
"Komm einfach her."

..."Und dann ist er gegangen", vollende ich meine zwei stündige Erläuterung. Theo sitzt nickend neben mir auf der Couch, während sein Blick immer wieder nachdenklich zu dem cremefarbenen Teppich huscht, der unter dem Couchtisch liegt.
"Das heißt, du bist nicht gebissen worden?", hakt er nach.
"Nein."
"Hmhm."
Hmhm? Hmhm?! Ehrlich, ich erzähle ihm hier meine Lebensgeschichte, und alles was er sagt, ist Hmhm?!
"Jetzt sag doch bitte was, verdammt", flehe ich und sehe ihn traurig an.
"Was soll ich noch groß sagen? Du hast Recht. Er wird kommen, um dich zu töten. Nur gibt es einen Haken." Langsam hebe ich meinen Blick und sehe nun direkt in seine wunderschönen Augen.
"Ich werde niemals zulassen, dass dir jemand Leid zufügt."

The Truth. »Theo RaekenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt