Tantrum Teil 10

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Tantrum

10

Das grelle Sonnenlicht zuckte in der Gestalt von Blitzen durch die Scheiben, als der blaue Kombi fluchtartig den Hügel verließ und in die nächstgrößere Straße einbog. Die Hände fest um das Lenkrad geschlungen, fuhr Nate sehr viel schneller als erlaubt, so dass die Abstände zwischen den vorbeirauschenden Bäumen auf ein Minimum reduziert wurden. Wie Äste, die sich zum Stamm hin verdickten, verbreiterten sich auch die Straßen, je näher der Wagen dem Stadtinneren kam. Schließlich bog er scharf ab und blieb auf dem leeren Parkplatz vor dem Autokino stehen. Obwohl weit und breit niemand zu sehen war, kamen die Erinnerungen an die gemeinsam verbrachten romantischen Stunden in diesem Auto äußerst ungelegen für Eve. Traditionsgemäß fanden sich hier zu den abendlichen Spätvorstellungen scharenweise Pärchen ein, die ihre Finger nicht voneinander lassen konnten. Sie hörte Nates abgehackte Atemzüge, die ihn jedes Mal, wenn er die Luft ausstieß, wie einen vor Wut schnaubenden Stier klingen ließen. Er war wie ein Irrer aus der Kirche gestürmt, ohne sie zu beachten.

„Nate, die Tür! Wir müssen sie absperren!"

Da hatte Nate schon den Friedhof erreicht. Wahrscheinlich war ihm durch den Kopf gegangen, dass Geschichten wie diese nie ein gutes Ende nahmen. Insbesondere nicht für die Normalsterblichen. Beim Wagen angelangt, pfefferte er den Rucksack auf die Rückbank und ließ ihn an ... Es grenzte an ein Wunder, dass er nicht auf und davon gebraust war und sie stehengelassen hatte.

Der Motor lief noch. Eve machte den Mund auf, doch ein vorsichtiger Blick auf Nates seitliches Profil hielt sie davon ab, ihn mit gutgemeinten Erklärungsversuchen zu belästigen. Ein falsches Wort von ihr wäre Grund genug für ihn gewesen, erneut den Fuß aufs Gaspedal zu drücken, um weiter durch die Straßen zu hetzen. Und womöglich wäre das nicht einmal das Schlechteste gewesen, denn einfach nur auf dem Parkplatz rumzustehen, war nicht die Lösung ihrer Probleme.

Eve wandte sich ihm zu und legte beruhigend ihre Hand auf seinen Arm. „Nate, bitte, wir sollten wirklich darüber reden." Auch wenn er sie nicht ansah, hatte sie Hoffnung, solange er sie nur nicht fortstieß.

„Ich bin echt verwirrt, Eve", sagte er mit rauer Stimme, so als hätte er seit Tagen nicht gesprochen. Ihm war anzusehen, dass er an seinem Verstand zweifelte, wie es Eve vor ein paar Jahren ergangen war, als sie ihre erste Begegnung mit Tod gehabt hatte. Der Tag, der wie eine zweite Geburt ihr Leben verändert hatte. Nate stand erst am Anfang der Odyssee. Es war sein gutes Recht, auf sie wütend zu sein. Er blinzelte benommen. Seine dunklen Wimpern schlugen wie schwere schwarze Schwingen aufeinander – die Vorboten eines schlechten Omens. Es war fast derselbe Blick wie der, den er gehabt hatte, als sie ihre Beziehung beendet hatte.

Ohne etwas zu erwidern löste sie den Sicherheitsgurt, streckte sich nach hinten und zog den Rucksack zu sich heran. Mit einer Thermoskanne in der Hand plumpste sie zurück auf den Sitz. „Ich hab Kaffee dabei, wenn du welchen willst."

Nate stellte den Motor ab. Sein Kopf drehte sich im Zeitlupentempo in ihre Richtung, seine Zähne knirschten. „Ja, bitte."

Eve merkte, dass er sich bemühte, nicht auszurasten, und musste fast darüber schmunzeln. Ein Nathaniel North verlor nicht einfach die Fassung und schlug alles kurz und klein. Während er aus dem Fenster starrte, nahm Eve den Becher von der Kanne, klemmte ihn zwischen ihre Oberschenkel, drehte die Verschlusskappe ab und goss den heiß dampfenden Kaffee ein. Sie reichte Nate den Becher, der vorsichtig daran nippte.

Das kräftige Aroma breitete sich im ganzen Wagen aus und sorgte dafür, dass Eve sich wohler fühlte. Kaffee war etwas Vertrautes, das positive Eindrücke an das Ashford Café ins Unterbewusstsein schmuggelte. Aber klappte das auch bei Nate?

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