"Du solltest öfters Pausen machen und gerader sitzen, sonst bekommst du später noch Probleme mit deinem Rücken."
Ich verdrehte die Augen und nähte weiter ohne aufzusehen. "Wann hast du denn Medizin studiert, Herr Doktor?"
"Gar nicht", gab Traian zu und trat weiter in den Raum, "aber es wird trotzdem stimmen."
Als er nichts hinzufügte, seufzte ich genervt auf. "Was willst du? Wie du siehst, habe ich zu tun."
"Es findet ein kleines Fest statt und-"
"Ja, ich weiß schon", unterbrach ich ihn. "Adrian hat mir gerade davon erzählt und ich komme natürlich."
"Das freut mich, dann solltest du mich nun begleiten."
Verwundert sah ich zu ihm auf. "Warum? Muss so viel vorbereitet werden, dass man auch noch meine Hilfe braucht?"
Er gestattete sich ein kleines Lächeln. "Nein, es ist bereits sieben Uhr abends."
"Was?" Entetzt fiel mein Blick von ihm zu der Arbeit in meinen Händen. "Oh Himmel hilf", stöhnte ich. "Ich werde ja nie rechtzeitig fertig werden."
"Aber das sieht doch schon ganz gut aus."
"Ha! Es fehlt noch der gesamte Verschluss, der ganze Schleier..."
"Kannst du nicht den vom alten Kleid nehmen?"
Entgeistert starrte ich ihn an. "Nein, das kann ich nicht! Zum einen passen die Farben gar nicht zusammen und zum anderen ist es ein komplett anderer Stil!"
Traian sah mich einen Moment erstaunt an. "Ich bin mir sicher, dass du alles rechtzeitig und zur vollsten Zufriedenheit Lady Eleanors fertigstellen wirst", meinte er dann vorsichtig.
"Ich bin mir da nicht so sicher." Verzweifelt vergrub ich das Gesicht in den Händen. "Es wird eine Katastrophe werden."
Es war kurz still, dann verrieten mir Schritte, dass Traian näher kam. Sanft strich er mir über den Rücken. "Es wird keine Katastrophe werden."
"Doch, ganz bestimmt."
"Ganz bestimmt nicht."
Ich stöhnte und ließ die Hände fallen. "Haben sie dich auch zu den Festlichkeiten eingeladen?"
"Ja."
"Ich werde nicht kommen können."
"Warum nicht?"
"Weil ich nichts zum anziehen habe, außer diese alten, löchrigen Sachen", jammerte ich weiter und deutete auf meine Bluse und die weite Hose. "Vielleicht ist das ja auch gar nicht so schlecht. Je eher ich in mein Atelier zurückkehre, desto besser."
"Ich bin mir sicher, dass dein Atelier in guten Händen ist und es wird sich auch noch etwas finden, dass du anziehen kannst."
"Und wo soll ich das finden? Ich habe weder Zeit noch Material, um mir etwas nähen zu können, noch habe ich Geld, um mir ein Kleid zu kaufen."
"Dann fragst du Lord Adrian. Er wird dir sicher einen Vorschuss geben."
"Nein, nie. Ich würde absolut armselig wirken."
Traian runzelte die Stirn und setzte sich endgültig neben mich. "Catherine, das ist lächerlich-"
"Genau!"
"Es würde nicht armselig wirken, denn es wäre dein Geld. Er muss dich früher oder später sowieso bezahlen, also ist nichts dabei, wenn du ihn jetzt schon fragst."
"Doch es ist etwas dabei!" widersprach ich ihm heftig. "Es würde so aussehen, als sei ich komplett von ihm abhängig und ich habe lange und hart dafür gearbeitet, auf eigenen Beinen stehen zu können."
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Nur reden will ich Dolche, keine brauchen.
Historical FictionCatherine Tales führt ein kleines Schneideratelier. Das jedoch nur mit Mühe und Not, da die Leute eine junge Frau, die einen eigenen Laden besitzt, kritisch beäugen. So kommt es Catherine gerade recht, dass ein Lord an ihre Tür klopft und ihr ein in...