Chapter 2.1

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„Ginny, warte doch!", höre ich Harrys Stimme hinter mir.
Ich bleibe stehen und drehe mich langsam um.
Er kann nicht mehr rechtzeitig bremsen und wir stoßen zusammen.
„Au!", jammere ich, als wir beide am Boden liegen.
Harry steht auf und reicht mir seine Hand.
Ich rappele mich auf und lache ihn dann offen an.
Er fällt mit ein.
„Entschuldige, Sansa. Ich habe dich wohl verwechselt."
„Scheint ganz so. Aber mir ist lieber, dass mich alle mit Ginny verwechseln, als mit Pansy oder Milicent.", gebe ich zurück und wieder fangen wir an zu lachen. „Bist du auch auf dem Weg zu Slughorn?", fragt Harry schließlich, als wir gemeinsam weitergehen. Ich nicke. „Wo ist Ginny?", fragt er schließlich noch.
Ich sehe ihn von der Seite an und mustere ihn.
Meine Güte, der zeigt ja ein reges Interesse an meiner besten Freundin.
Das muss ich ihr sofort erzählen, wenn wir das langweilige Essen hinter uns gebracht haben.
„Sie ist noch mit Dean verabredet.", meine ich nur.
Ich sehe Harrys Enttäuschung, kommentiere das aber nicht.
So lange ist Ginny in ihn verliebt gewesen, und kaum hatt sie nun Dean, da zeigt er plötzlich Interesse.
Dummer Junge.

Ich flechte meine roten Haare zu einem seitlichen Zopf - so wird mich bestimmt keiner mit Ginny verwechseln, die ihre Haare immer offen trägt.
Von hinten sehen wir wirklich aus wie Zwillingsschwestern.
Ich könnte glatt eine Weasley sein.
Und dann sind wir auch noch im gleichen Jahrgang, im gleichen Haus und sitzen in den gleichen Kursen nebeneinander.
Professor Binns hatt die größte Mühe, uns auseinander zu halten.
Deshalb hatt er mich in die erste Reihe gesetzt und Ginny in die zweite.
Wenn er mich aufruft, sagte er nur „Eins", wenn er Ginny meint „Zwei".
Das ist zwar seltsam, aber auch witzig.
Wir haben einmal versucht, ihn noch mehr zu verwirren, indem wir die Plätze getauscht haben. Aber irgend so ein Miesepeter aus Hufflepuff hatt uns verraten.

„Ah, Mister Potter. Miss St. James. Kommen Sie nur rein. Wir warten nur noch auf Miss Weasley, dann sind wir komplett.", begrüßt uns Professor Slughorn.
Der Kerl wirkt immer reichlich durch den Wind.
Irgendwie schusselig.
Ich setze mich neben Hermine und lasse den anderen Platz neben mir frei.
Harry nimmt auf Hermines anderer Seite Platz.
Ich sehe in die Runde.
Die gleichen Gesichter wie jedes Mal.
Cormac McLaggen sieht überheblich und selbstsicher in die Runde, zwinkert mir sogar zu.
Ich strecke ihm die Zunge raus und ignoriere ihn anschließend. Der Typ ist die Pest.
Eigentlich kann er ganz nett und lustig sein, aber seine dummen Sprüche und dieses Zwinkern nervt unglaublich.
Dann ist da noch Melinda Bobbin, die unscheinbare, langweilige Ravenclaw.
Marcus Belby und Neville haben den Club schon wieder verlassen. Sie sind wohl nicht interessant genug für den lieben Professor. Ich frage mich gar nicht, was ich hier mache.
McLaggen ist wegen seines Onkels hier, Zabini, der aufgeblasene Slytherin, der nie mit irgendwem außer dem Professor ein Wort wechselt, ist wegen seiner Mutter hier.
Harry ist der Auserwählte, der Junge, der überlebt hatt. Ginny ist einfach eine gute Hexe und eine tolle Jägerin.
Und Hermine ist eben Hermine. Ich bin eine St. James.
Mein Dad ist früher auch schon im Club gewesen.
Ich bin keineswegs schlecht in der Schule.
Ich habe nur unter Snape kaum etwas gelernt, weil ich vor ihm viel zu viel Respekt habe.
Okay, man kann es auch einfach Angst nennen.

„Entschuldigen Sie, Professor. Ich...", sagt Ginny außer Atem, als sie endlich auch dazu kommt. Aber Slughorn winkt freundlich lächelnd ab.
Ich finde, er sieht ein wenig debil aus.
„Setzen Sie sich, Miss Weasley. Fangen wir an."
Die Teller, Schüsseln und Gläser füllen sich, der Tisch ist zauberhaft dekoriert, aber die Gesellschaft ist unangenehm. Lieber hätte ich an unserem Haustisch in der Großen Halle gegessen und dabei mit Ginny gequatscht.
Aber hier und jetzt sitze ich an Slughorns rundem Tisch und finde mich Zabini gegenüber wieder.
Er sieht so gelangweilt aus, wie ich mich fühle.
Sein Blick ist starr auf den Teller gerichtet und sein Kiefer ist angespannt.
Ich spiele mit meinem Zopf und höre dem Gespräch zwischen Harry und dem Professor kaum zu.
Ich weiß , es geht um Harrys neu erworbene Fähigkeiten im Brauen von Zaubertränken.
Ich habe mitbekommen, was da läuft und dass Hermine sich ganz schöne Sorgen macht wegen diesem Buch.
Ich bin mir nur nicht sicher, ob sie das so stört, weil sie nichts über diesen Halbblutprinzen in Erfahrung bringen kann, oder weil es sie fuchst, dass Harry plötzlich besser ist als sie.

„Was meinen Sie, Miss St. James?", holt mich Slughorn aus meinen Gedanken zurück in die Gegenwart.
Ich sehe schnell zu Ginny, die mich stirnrunzelnd ansieht.
„Wer hat die größte Chance auf den Pokal in diesem Jahr?"
Okay, es geht um Quidditch.
Er scheint nicht zu wissen, dass mich dieser Sport nicht im Geringsten interessiert.
Ich sitze immer nur auf der Tribüne, weil ich mein Haus anfeuere, wie es sich gehört.
Und ich hoffe, Ginny wird es ins Team schaffen.

Ich räuspere mich und sehe den Professor an: „Nun ja, die Auswahl unseres Teams wurde ja noch nicht getroffen. Aber ich denke, wir haben wie jedes Jahr gute Chancen auf den Pokal."
Gar nicht mal so schlecht.
Harry hebt seinen ausgestreckten Daumen und Ginny sieht mich zufrieden an.
Puh. Ich sollte wohl wirklich aufmerksamer sein und nicht gedankenverloren an meinen Haaren spielen.
Schnell lasse ich den Zopf los und lege meine Hand auf meinen Oberschenkel.
„Da haben Sie wohl Recht, Miss St. James. Nachtisch. Zeit für den Nachtisch!", meint der Professor euphorisch und die mehr oder weniger leer gegessenen Teller verschwinden vom Tisch, während vor unseren Augen Dessertschalen mit Eis und frischen Früchten und eine Platte mit saftig aussehendem Schokoladenkuchen materialisiert.
Ich bin eigentlich schon satt, aber dennoch lasse ich meinen Löffel in das kalte Eis gleiten.
„Siehst du die Blicke, die McLaggen Hermine zuwirft?", fragt Ginny mich flüsternd und kichert.
Ich tue es ihr gleich.
Es ist wirklich nicht zu übersehen und Hermines genervtes Schnauben verrät mir, dass es ihr auch nicht entgangen ist.
Jetzt nimmt er einen Finger in den Mund und lutscht daran. Dabei sieht er sie unentwegt an. „Ich glaube, ich muss kotzen.", entfährt es mir etwas lauter als geplant.
Cormac sieht weg, Hermine hatt sich verschluckt, Harry sieht mich fragend an und Ginny fängt an zu lachen.
Ich sehe kurz auf und entdecke, dass Zabini mich irgendwie zufrieden, vielleicht auch ein wenig überrascht ansieht und ganz kurz nickt.
Moment. Der grinst ja sogar! Dann, mit einem Mal, widmet er sich wieder seinem Eis und hatt den gleichen gelangweilten Blick drauf wie zuvor.
„Geht es Ihnen nicht gut, Miss?", fragt der Professor und klingt ehrlich etwas besorgt.
Ich muss mich zusammenreißen, um nicht in Ginnys ansteckendes Lachen einzufallen.
„Nein, ich... Ich würde gern gehen, Professor. Das war wohl etwas viel... Eis."
Jetzt kichert auch Hermine.
Und ich spüre die Tränen in meinen Augen, weil ich das Lachen unterdrücke.
„Miss Weasley, begleiten Sie Ihre Freundin doch bitte.", meint der Professor und lässt uns damit gehen.

Kaum hatt sich die schwere Tür hinter uns geschlossen und wir sind einige Meter gelaufen, bricht es aus mir heraus.
Ich bekomme den Lachanfall aller erster Güteklasse.
Mir laufen die Tränen das Gesicht hinunter und irgendwann lasse ich mich gegen die kühle Steinwand sinken und sacke auf dem Boden zusammen, geschüttelt vom Lachen.
Es dauert nicht lang, bis meine beste Freundin neben mir liegt und genauso lacht.
Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, aber irgendwann können wir einfach nicht mehr. Wir sitzen auf dem kalten Steinboden und haben uns an die Wand gelehnt.
Bald wird die Sperrstunde beginnen, wir müssen uns auf den Weg in den Gemeinschaftsraum machen.
Wir wischen uns die letzten Tränenspuren aus den Gesichtern und helfen einander hoch.
„Was ist bei dir und Dean?", frage ich schließlich.
Ginnys Miene verfinstert sich: „Ich weiß nicht. Wir streiten ständig. Immer muss er darauf rumreiten, dass er älter ist. Dabei bin ich doch kein kleines Kind!" Ich merke, dass sie nicht wirklich reden will, also nehme ich sie in den Arm und sage einfach nur „Das wird schon wieder."

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