Der Flug nach Alaska dauerte etwa vier Stunden. Zu meiner eigenen Überraschung überstand ich ihn ganz ohne Zwischenfälle. Ich brauchte nicht mal die Baldriantropfen, die Mum mir sicherheitshalber mitgegeben hatte. Ich war die Ruhe selbst, trotz der vielen Menschen auf engem Raum um mich herum.
Am Nachmittag landete ich in Fairbanks, von dort ging es für mich mit dem Taxi weiter. Ich hatte nichts weiter als einen kleinen Notizzettel mit einer Adresse, die ich dem Fahrer nannte. Das Ergebnis war, dass er mich irgendwann an einer Tankstelle mitten im Nirgendwo absetzte.
Ich bezahlte etwas verwundert. „Sind Sie sicher, dass ich hier richtig bin?“
Der ältere Herr zuckte die Achseln. „Ich bin mir sicher, dass das die Adresse ist, die auf deinem Zettel stand. Ob du natürlich hier richtig bist, kann ich dir nicht sagen.“
„Mhm“, murmelte ich. „Na gut, trotzdem vielen Dank.“
„Nichts zu danken, junges Fräulein. Ich wünsche dir alles Gute.“ Dann fuhr er davon und ließ mich stehen.
Ich sah mich um. Hier tankte kein einziges Auto und ringsherum sah ich nichts weiter als Berge mit weißen Spitzen. Ich ging in den Shop und kaufte mir einen Schokoriegel, um mit dem Tankstellenwart ins Gespräch zu kommen.
„Entschuldigen Sie, können Sie mir vielleicht sagen, wo ich hier bin?“
Er sah mich verwundert an und scannte den Riegel ein. „Hat dich der Taxifahrer rausgeschmissen, weil dir das Geld ausgegangen ist?“
„Ich... was? Nein!“, gab ich zurück.
„Entschuldigung?!“, rief plötzlich jemand hinter uns und ich drehte mich zur Tür um. „Braucht hier eine kleine Quileute zufällig eine Mitfahrgelegenheit?“
Mein Herz machte einen Hüpfer. Ich war doch nicht gestrandet!
„ONKEL SETH!“, rief ich freudig und sprang auf ihn zu.
Er fing mich auf. „Hey, nicht so stürmisch! Ich freu mich ja auch, dich mal wieder zu sehen.“
Er setzte mich ab und hielt die Handfläche ein paar Zentimeter über meinen Kopf. „Bist seit dem letzten Mal ja noch mal ein ganzes Stück gewachsen, was?“
Ich nickte und strahlte ihn dabei an. Er sah noch immer genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Die treuen dunklen Augen, das schwarze kurze Haar, das verschmitzte Lächeln. Seit ich zurück denken konnte, war ich von meinem Onkel derart begeistert gewesen, wie von keinem sonst. „Na dann machen wir uns mal auf den Weg“, sagte er dann, schob mich nach draußen und winkte dem Tankstellenwart noch einmal zu.
Vor der Tür stand ein violetter Sportwagen. „Wow“, murmelte ich.
„Gehört Mariella“, sagte er, als er den Knopf an seinem Schlüssel drückte und der Kofferraum daraufhin langsam nach oben fuhr. „Ich brauche ja keines. Du weißt warum.“
Ja, natürlich wusste ich das. Er hatte als Wolf vier Pfoten, die deutlich schneller waren, als jedes Auto. Nachdem er meine Koffer für mich verstaut hatte, fuhren wir los. Die nächste Stunde ging es nur noch stur geradeaus. Ich konnte nicht mal sagen, wie schnell wir eigentlich fuhren, aber es musste ziemlich schnell sein, denn die Vegetation, die an uns vorbei zog, blieb nicht lange sichtbar. Ich starrte fasziniert aus dem Fenster. Für mich war das alles hier neu.„Freust du dich schon?“, fragte Seth nach einer Weile.
„Natürlich“, antwortete ich. „Aber es wird auch ungewohnt sein, schätze ich.“
„Eine Familie bestehend aus Vampiren, Werwölfen und Hybriden? Was du nicht sagst“, scherzte er und lachte dabei. „Nein, mal im Ernst. Du wirst feststellen, dass wir gar nicht so abnormal sind, wie sich das anhört. Trotz allem sind wir eine Großfamilie und die sind ja bekanntlich immer etwas chaotischer, ganz gleich, ob wir nun schlafen oder nicht schlafen, zum Essen in den Wald gehen oder uns in pferdegroße Wölfe verwandeln.“
„Es klingt alles so selbstverständlich aus deinem Mund“, sagte ich. „Für mich ist es das nicht.“
„Weißt du, warum deine Mutter euch nie mitgenommen hat, wenn sie uns besucht hat?“
Ich schüttelte den Kopf. „Sie meinte immer nur, es sei besser so.“
„War es vielleicht auch“, gab er zurück.
Ich sah ihn verwundert an.
„Wenn ein Gestaltwandler zu viel Kontakt mit Vampiren hat, wird das Gen aktiv. Früher dachten wir, dass es nur bei Teenagern passiert. Dein Vater jedoch, hat sich bereits verwandelt, da konnte er noch nicht mal laufen, geschweige denn sprechen. Es ist egal, wie alt man ist, trägt man das Gen in sich, ist der Moment der ersten Verwandlung davon abhängig, wie stark der Kontakt zu Vampiren ist und wie viele andere Gestaltwandler es in der Nähe gibt.“
„Du meinst in meiner Schule ist ein Vampir aufgetaucht?“
„Sehr wahrscheinlich ist das der Grund“, antwortete Seth.
Ich überlegte, wessen Erscheinen meine Verwandlung verursacht haben könnte, aber mir war niemand aufgefallen, der den Beschreibungen von Vampiren, wie meine Mutter sie mir mal genannt hatte, entsprach. Bernsteinfarbene Augen, heller Teint, kalte, steinharte Haut.
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Die Twilight Saga: Equinox (Fanfiction // #Wattys2015)
FanfictionEquinox (zu deutsch Tagundnachtgleiche) ist meine dritte Fangeschichte nach Rising Sun und Blood Moon und knüpft etwa 14 Jahre nach Blood Moon an: Ungewillt, ihre eigene Mutter als Lehrerin zu akzeptieren, besucht die junge Billy-Sue die Schule in F...