Play Ground Love

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„Du bist so ein Wichser." Assel rappelte sich auf und torkelte hinter Warzinger her. „Warzinger, lass die Scheiße, komm zurück."
Warzinger drapierte sich theatralisch auf dem alten Kinderkarussel. Sein Kopf hing über den Rand des Gestells und er krümmte sich wie eine Banane um das Drehgelenk, damit es ihm nicht in den Rücken stach. Er lallte etwas vor sich hin, irgendwas von Kaputtmachen. Wahrscheinlich Ton Steine Scherben, er liebte den Dreck.
Assel stoplerte, bevor er das Karussel erreichte und musste sich an einem der Plastiksitze festhalten. Die Sitze waren bunt bemalt: rot, grün, gelb und hatten die Größe von Kinderärschen. Assel lief eine halbe Runde um das Karussel und schwang sich dann neben Warzinger. Sein Bananenkörper bog sich auf der anderen Seite um den Mittelpunkt des Karussels, ein bestiefelter Fuß lag auf einem der Sitze. Die Köpfe der beiden berührten sich fast. Assel nahm Warzinger die Wodkaflasche aus der Hand und leerte sich davon einen Teil in den Mund, der Rest rann über das Ramones-T-Shirt. Der dunkelgraue Himmel drehte sich und er schloss die Augen, nur um festzustellen, dass er sie besser offen behalten hätte.
„Warzinger, du Pisser."
„Assel, du Kübel." Warzinger zog sich den Nietengürtel aus und schleuderte ihn in den Sand.
Sie sagten lange nichts, drehten sich – zwei Geräderte – den Kopf alle paar Sekunden von der einen zur anderen Seite werfend. Das Karussel verlangsamte seine Bewegung und quietschte. Es klang wie eine verreckende Katze oder etwas in der Art, ein getretener Hund vielleicht, ein kleiner, räudiger Terrier. Dann knackste es und das Karussel blieb mit einem Ruck stehen. Assel schaukelte vor und zurück, aber es stand still.
„Scheiße", sagte Assel.
„Mach kaputt, was dich kaputt macht", sagte Warzinger.
Assel schüttelte den Kopf. „Ich will nicht mehr." Er rollte sich von dem Karussel und krachte mit dem Gesicht in den Sand. Er wischte Sandkörner von den Lippen und drehte sich auf den Rücken. Warzinger hing jetzt seitlich über ihm im Gestell und sah nach oben. Assel sagte: „Mir ist so scheiss schwindlig."
Warzinger antwortete nicht.
„Warzinger? Pennst du?"
„Was. Was willst du nicht mehr?", fragte Warzinger und drehte sich auf den Bauch. Weil das Karussel niedrig war, streifte sein Haar den Boden.
„Das mit uns. Ich wollte es probieren, weil ich. Weil ich dich liebe, du verdammter Pisser."
„Wir müssen ja nicht mehr." Warzinger drehte sich wieder auf den Rücken. „Ich weiß nicht, ob ich hier alleine runterkomme."
Assel stand auf und half Warzinger vom Karussel. Sie wankten zusammen zum Bus, tranken Wodka und sprachen kaum. Beim Warten auf den Bus erzählte Assel von Zuhause. Seine Schwester hatte zu studieren begonnen: Chemie. Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte und der Wodka war leer. Beim Einsteigen sagte Warzinger noch, man sähe sich oder etwas in der Art. Assel ging am Heimweg am Spielplatz vorbei; im Dunkeln konnte er die Farben des Karussels nicht mehr erkennen. Früher hatte sich das Karussel im Abendwind leicht gedreht.

Gefieder · KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt