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Vor ihr befand sich die Freiheit. Sie konnte es kaum glauben. So lange war sie in Gefangenschaft gewesen und nun hatte sich ihr größter Wunsch erfüllt. Jade ging einen Schritt weiter. Nun stand sie an der Türschwelle. Ihr Arm streckte sich automatisch nach vor. Die Sonne schien nun auf ihre Haut. Sie starrte stumm darauf. Noch nie fühlte sie sich so... glücklich. Endlich die Strahlen der Sonne wieder auf der Haut zu spüren. Noch immer konnte sie ihren Augen nicht trauen. Sie trat noch einen Schritt, endlich hinaus. Sie schloss ihre Augen um die Erde unter ihren blanken Füßen intensiver zu spüren. Dies machte sie noch glücklicher. Kurz blickte sie nach hinten in die Hütte. Jade grinste. Sie grinste nun wieder das erste Mal, seit ihrer Entführung. Diese Freiheit löste ihren Schmerz und ihre Trauer. Diese Freiheit war das wonach sie sich so lange gesehnt hatte. Und nun war es soweit.
Doch irgendetwas hatte Jade vergessen... Essen! Sie hatte sich garnichts eingepackt. Sie musste also wieder in die Hütte, was ihre Laune gleich wieder vermieste. Schnell ging sie in die Küche, um sich dort etwas aus dem alten Kühlschrank zu holen. Alles was sie darin fand war eine Dose mit Wurstpastete und ein Energydrink. Auf der schmutzigen Theke befand sich noch ein eingepacktes Brot.
Ihr Blick wanderte zu einem Sessel, auf dem ein alter Rucksack hing. Sie nahm ihn und packte alles essbare hinein. Dann machte sie sich auf den Weg.
Es war bereits Abend geworden und Jade war noch immer unterwegs. Eigentlich wusste sie nicht wo sie war und auch nicht wo sie hin sollte. Sie ging einfach durch den Wald und suchte nach einem Pfad an den sie sich halten konnte.
Die Nacht ließ nicht lange auf sich warten und machte den ganzen Wald dunkel und düster. Nur der Mond erhellte die Sicht ein wenig. Jade entschloss eine Pause einzulegen, und suchte sich ein sicheres Versteck.
Sie kroch unter eine riesige Baumwurzel und kramte in ihrem Rucksack herum.
Gerade wollte sie sich ein Stück Brot herausholen, als sie ein lautes Knacken hörte. Jade hörte kurz auf zu atmen und konzentrierte sich auf das Geräusch.
Wieder ein Knacken. Dann noch eines. Jade war sich nun sicher. Es waren Schritte. Sie war nicht alleine hier. Jade versuchte so still wie möglich zu sein. Hoffentlich fand die Person sie nicht. Doch anscheinend meinte das Schicksal es nicht gut mit ihr, denn die Schritte kamen immer näher.
Bis plötzlich jemand vor ihr stand. Zuerst konnte Jade nur die Beine dieser Person sehen, doch dann bückte sich diese zu ihr herunter.
Das Licht einer Taschenlampe blendete Jade, dann griff eine Hand nach ihr. Sie fing an zu schreien, worauf die Person einen komischen Laut von sich gab und die Taschenlampe abschaltete.
Jade hob langsam den Kopf.
"Hey. Ich wollte dich nicht erschrecken." , hörte Jade eine weibliche Stimme sagen. "Ich bin Mary. Was machst du hier?"
"Ich bin Jade. Ich... flüchte...", gab Jade langsam von sich.
"Vor was denn?" Mary's Stimme klang überrascht.
"Vor ihm!" Jade konnte ihre Tränen kaum noch halten.
"Ich weiß zwar nicht wovon du gerade redest, aber ich nehm dich jetzt mit zu mir."
Gerade als Mary Jades Arm nehmen wollte, zog diese ihn sofort weg.
Was wenn Mary sie wieder zurück in die Hütte bringen würde? Zu ihm?
Jade konnte keinem mehr trauen. Selbst Tom war für sie ein Rätsel, da er verschwunden war - mitsamt der Papiere, die sich in der Akte befunden haben.
Jade betrachtete Mary, die nun erschrocken vor ihr stand. Sie hatte schulterlanges, braunes Haar und trug ein rotes T-Shirt. Ihre khaki-grüne Hose war ihr zu groß und hing von ihren dünnen Beinen. Mary sah so aus, als wäre sie noch jünger als Jade. 15? Oder 16?
"Bitte Jade. Es ist sehr gefährlich hier draußen. Wir befinden uns gerade in einem gesperrten Gebiet.", sagte Mary mit ernstem Ton.
Jade überlegte kurz. Was hatte sie noch zu verlieren? Und vielleicht konnte Mary ihr helfen wieder nach Hause zu finden. Schließlich kannte sie sich ja anscheinend hier im Wald gut aus. Trotzdem war Jade noch misstrauisch.
"Ok. Aber wo gehen wir hin?", fragte sie.
"Meine Familie und ich haben hier, gleich außerhalb des Waldes eine Ranch.", antwortete Mary.
"Deine Familie?"
"Ja. Meine Eltern, mein Bruder und ich. Hör zu Jade, es wäre besser wenn wir uns jetzt beeilen, ok?"
Jade nickte nur, obwohl ihr mulmig zumute war bei dieser Sache. Sie hoffte auf keine böse Überraschung.
Schnell nahm sie ihren Rucksack und kroch aus der Baumhöhle. Mary schaltete ihre Taschenlampe an und so machten sie sich auf den Weg.
Jade konnte es kaum glauben, dass sie kurz darauf schon den Wald verließen.
Ein großes Feld folgte und weiter weg stand eine Ranch.
Das Wohnhaus und der Stall waren nebeneinander. Rundherum war der Hof eingezäunt.
Mary öffnete den Zaun und ließ Jade als erste durchgehen. Dann schloss sie ihn wieder.
"Manchmal dreht unser Hund durch und läuft in den Wald. Deshalb müssen wir hier alles verschließen", Mary grinste kurz.
Auch Jade musste kurz lachen.
Gleich darauf waren sie schon im Haus. Mary zeigte Jade ihr Zimmer und führte sie herum.
In der Küche war ihre Mutter, die klein und zierlich war. Ihr langes, braunes Haar stand ihr zwar gut, ließ sie aber sehr kindlich aussehen.
"Oh hallo! Ich bin Eve, Mary's Mutter.", sagte sie, während sie Jade herzlich die Hand reichte. Jade nickte nur freundlich.
Aus dem Flur hörte man, wie jemand das Haus betrat.
"Mein Vater und mein Bruder sind zu Hause!", ließ Mary Jade gleich wissen.
Doch als Jade eine der Stimmen aus dem Flur hörte, erschrak sie.
Diese Stimme. Sie kam ihr bekannt vor.
Nun fiel ihr ein, wem diese Stimme gehörte...

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Gefangen
TerrorJade wird verfolgt. Sie erhält mehrere Drohungen, doch von wem? Als sie plötzlich entführt wird, verändert sich ihr Leben schlagartig. Geheimnisse offenbaren sich, von denen sie vorher nichts wusste...