Part 2

338 26 9
                                    

"Ich bin Chris."

Chris. Aha. Er klingt... freundlich.

"Und was soll ich jetzt hier?"

Ein anderer junger Mann in grauem Anzug gesellt sich zu uns, er wirkt jedoch viel erwachsener und erfahrener als Chris.

"Du bist uns aufgefallen."

Oh, oh.

"Oh."

"Du erzählst Geschichten. Deine Eltern haben dir viel erzählt. Doch nicht alles was man dir sagt, stimmt. Hör auf Lügen zu erzählen, sie sorgen für Unruhe. Du weißt was mit Unruhestiftern passiert?" Emotionslos rattert er seinen Text hinunter, so als hätte er ihn auswendig gelernt. Wortlos schlucke ich und nicke leicht. Widerspruch bringt nichts, wenn sogar Ärger.

Ja es stimmt, ich erzähle gern die Geschichten, die meine Eltern mir erzählt haben. Manchmal geht es um Abenteuer und ein tolles Leben, Liebe und Familie. In anderen Geschichten geht es um anscheinend weniger spannende Sachen, doch alle hier im Lager interessieren sich brennend dafür, wenn ich ihnen zum Beispiel von Wasser erzähle, das vom Himmel fällt.

"Wir werden dich beobachten. Der neue hier," Er deutet mit dem Kopf auf Chris. "wird dich beobachten. Damit der auch endlich mal was zu tun hat..." Letzteres grummelt er nur leise vor sich hin und ich glaube Chris hat es nicht gehört.

"Und keiner erfährt von diesem Gespräch. Wir wollen ja schließlich niemanden unter Druck setzen... Und du willst ja sicherlich nicht, dass deinem Freundchen etwas passiert. Du kannst wieder gehen."

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren wende ich mich ruckartig von dem hämisch grinsenden Typen weg und bewege mich wieder auf die andere Seite der Zelle zu. Von dort aus sieht mich Jackson schon wartend an.

"Und? Was ist los?"

"Ach....Nichts wichtiges..."

"Ha, klar doch, du wirst nur so gerufen, zum plaudern. Ja bestimmt." Er schenkt mir seinen ungläubigsten Blick und ich muss ein Lachen unterdrücken. Ich werde ihm nichts erzählen. Mit Jackson haben sie mich in der Hand. Aber warum machen sie sich so eine Mühe? Wegen ein paar Geschichten? Sie denken doch sowieso, das wären Lügen. Warum so ein Drama wegen Lügen?

"Es war nichts Wichtiges, okay? Wenn es das wäre, würde ich es dir doch erzählen..."

Jacksons ungläubiger Blick schwankt um in ein erleichtertes Lächeln. Er ist einfach wunderbar.

Ich bin so totmüde...

"Ich schlafe jetzt wieder", informiere ich meinen besten Freund. Als Antwort zieht er mich an sich um mich wieder zu wärmen.

Nur wenige Momente später entgleitet mir mein Bewusstsein und ich falle in einen traumlosen Schlaf.

*Am nächsten Morgen*

Ein wenig Licht fällt genau in mein Gesicht. Blinzelnd öffne ich die Augen und reibe mir die Augen um die letzten Reste Müdigkeit zu vertreiben.

Die grelle Lampe wird jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe eingeschaltet. Heute ist... Montag. Das bedeutet, nichts Wichtiges wofür ich mich vorbereiten müsste.

Die Schalen mit Brei stehen bereits am Gitter. Wenn ich schon wach bin, kann ich auch direkt frühstücken. Mit meinen noch schwachen Armen drücke ich mich vom Boden weg und versuche, mehr oder weniger, elegant aufzustehen. Mir wird kurz schwarz vor Augen, doch das bin ich bereits gewöhnt.

Kann passieren, wenn man wenig Schlaf und wenig Essen und Trinken bekommt. So meldet sich mein schnippisches Unterbewusstsein am frühen Morgen.

CaughtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt