Part 6

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Die mysteriöse Rothaarige, die mir gegenüber sitzt, sollte mir mehr als fremd sein, jedoch kommt es mir vor als würde ich sie bereits kennen, aus einem Leben vor diesem. Doch das ist schließlich mehr als Blödsinn.

"Nun gut. Also, Katherine, alles fing damit an, dass-", beginnt sie, doch sie wird unterbrochen. Ein lauter Knall hallt durch die Zelle, vermutlich ist nur etwas auf den Boden gefallen. Die jetzigen Schreie sagen jedoch etwas anderes. Schreie, die nur aus dem Schock und Entsetzen heraus entstehen aber auch ängstliche, das Schlimmste befürchtende Schreie.

"Ist das ein Anschlag auf das ganze Lager?"

"Wir werden alle sterben!" Hysterisch rufen alle durcheinander, doch trotz dem entstehenden Lärm dringt ein Schrei zu mir durch: "Kat! Du musst kommen, schnell! Jenn ist verletzt!"

Was immer Paige mir sagen will, es muss warten. Das Leben der Mutter meines besten Freundes hat Vorrang. Sie hat mir geholfen und zugehört, sie war die Mutter, die ich nicht hatte.

"Ich komme!"

"Beeil dich! Sie blutet sehr stark!"

Der Stimme folgend sprinte ich auf die Menschentraube zu, die sich gebildet hat. Als sich die hinten Stehenden umdrehen und mich bemerken machen sie Platz, so dass ich direkt zu Jenn gehen kann. Sie selbst hat mir einiges aus der Heilkunst beigebracht, so kann ich immer helfen wenn es Not gibt.

Die kleine Katherine mit dem geflochtenen Zopf sitzt auf dem Boden und übt an ihrem Bein einen lockeren Verband. Jennifer Harper zeigt ihr langsam die Schritte.

"Schau Katherine, hier legst du deine linke Hand hin und dann wickelst du mit der rechten das Tuch darum."

"So?"

"Ja, genau! Das sieht wirklich gut aus, du bist ziemlich talentiert, das muss dir wohl in den Genen liegen."

"Was ist Genen?"

"Nicht so wichtig, lass uns weiter machen."

"Ja! Ja!"

Mrs Harper liegt auf dem Boden in einer immer größer werdenden Blutlache. Ihr mittlerweile dunkelrot gefärbtes Oberteil klebt beinahe an ihrem Oberkörper und ihr Kopf ist unnatürlich auf die Seite gekippt.

Geschockt stehe ich vor ihr und betrachte das schlimme Bild, das sich mir bietet, beinahe unmöglich mich zu bewegen.

"Katherine! Bitte tu doch etwas!", reißt mich der verzweifelte und Tränen zurückhaltende Jackson an, der die Hand seiner Mutter hält und ungelenk auf dem Boden kniet aus meiner Starre.

"Was ist passiert?", frage ich plötzlich erstaunlich sachlich.

"Ich- Ich weiß nicht... Es hat geknallt und dann hat sie geschrien und hat begonnen zu bluten. Ich weiß nicht was passiert ist! Ich war nicht da! Oh Gott, sie wird sterben und es ist alles meine Schuld! Was soll ich denn dann-"

"Jackson!", kreische ich beinahe hysterisch und unterbreche damit seinen Ausraster. Seine gemurmelte Entschuldigung nehme ich nur halb wahr während ich vorsichtig das blutgetränkte Shirt hochschiebe. Was ich sehe, lässt mich scharf die Luft einziehen. Hinter mir ertönen angeekelte Geräusche, doch die kann ich im Moment weniger als gar nicht gebrauchen.

"Ich brauche Platz! Alle, die nicht unbedingt hier sein müssen gehen jetzt!" Zum Glück tut die Menge, was ich ihnen befohlen habe, für eine Diskussion sind meine Nerven zu gereizt.

Die weiterhin blutende runde Wunde in ihrem Bauch sieht beängstigend aus und die Tatsache, dass das die Mutter meines besten Freundes und auch zum Teil meine Mutter ist, macht die Situation nicht besser.

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