Sieben

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Nick hatte mich in einem Zimmer im ersten Stock eingesperrt. Das Zimmer war anders, als ich es erwartet hatte. Es war komplett leer. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Das einzige was es hier gab, war eine nackte Glühbirne, die an der Decke hing.

Ich hatte mich also einfach auf den dreckigen Boden gesetzt und mich mit dem Rücken gegen die staubige Wand gelehnt. War es immer noch richtig, dass ich hier war? Ich war mir nicht mehr sicher!

Hier war es kalt. Es gab natürlich keine Heizung und meine Jacke, hatte ich Luca geben müssen. Ich schlang mir meine Arme um die Beine, machte mich ganz klein, doch es half nichts. Ich guckte mich um. Hier gab es noch nicht einmal eine Decke. Schweigend guckte ich aus dem Fenster. Natoll Gardinen hatten wir, aber keine Decken.

Da kam mir eine Idee. Schnell stand ich auf und griff nach der hässlichen, grünen Gardine. Mit einem Ruck zog ich sie zu mir. Der Stoff riss und ich hatte ein großes Stück in der Hand. Ich jubelte auf, setzte mich wieder an die Wand und versuchte mich etwas mit der Gardine warm zu halten.

Ich wollte ein bisschen schlafen. Vielleicht würde es ja klappen. Ich schloss also die Augen. Doch lange entspannen könnte ich nicht, denn plötzlich wurde die Tür aufgerissen. "Schlafen ist nicht, Süße!" Ich guckte auf. In der Tür stand ein Junge, doch ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen. "Na los. Wir haben heute noch einiges vor." Ich schluckte schwer, doch dann stand ich zitternd auf.

Ich folgte dem Jungen und verließ mit ihm das Haus. Wir liefen im Schatten der Häuser. "Versuch immer unentdeckt zu bleiben, hörst du?" Ich nickte. Was war das hier? Eine Art Unterricht?! Ich stöhnte innerlich auf.

"Na los, weiter." Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich stehen geblieben war. "Ja, natürlich." Ich ging auf den Jungen zu und wir setzten unseren Weg fort.

"Wo gehen wir hin?", erlaubte ich mir die Frage. Der Junge guckte mich an. "Damit du hier überlebst musst du auch so aussehen, als würdest du von hier kommen." Wiebitte? Was hatte er vor?

"Wir müssen uns beeilen." Der Junge packte mich am Arm und zog mich zügig weiter durch die Gassen. Ich wusste nicht mehr wo wir waren. Wahrscheinlich war es auch gut das nicht zu wissen.

Wir blieben vor einem Haus stehen. Zu meiner Überraschung sah es mal nicht baufällig aus. Ohne zu klopfen betraten wir das Haus. Hier drin war es ziemlich dunkel. Man könnte zwar noch etwas erkennen, doch das Licht war nur schwach aufgedreht. "Ey jo. Da seid ihr ja." Ich zuckte zusammen als plötzlich ein weiterer Junge hinter uns stand.

"Sorry Kumpel.", entschuldige sich der Junge neben mir. "Kein Ding. Also weiß sie schon was sie will?" Er guckte zu mir und ich guckte ihn nur fragend an. "Ich denke nicht. Sie weiß eigentlich gar nicht was wir hier wollen." Beide lachten. "Also." Der Junge kam auf mich zu nahm mich am Arm und zog mich in einen Raum. In diesem stand nur ein Sofa. Sehr schön eingerichtet, dachte ich mir und grinste. "Setzt dich." Ich befolgte seine Anweisung und setzte mich.

"Wir machen jetzt eine Art..." Er machte eine kleine Pause um nach dem richtigen Wort zu suchen. " ach nenn es wie du willst. Umstyling oder auch Verunstaltung, ich hab keine Ahnung. Fakt ist, dass ich hierfür bezahlt werde." Ich schluckte. "Also ich lass dir die Wahl. Ich darf tätowieren, piercen oder einfach nur Friseur spielen." Sein grinsen wurde breiter. Ich schluckte einmal, doch erst jetzt verstand ich warum sie das machen. Sie wollten, dass ich so aussah als würde ich wirklich von der Straße kommen. Okay also denk nach, Kira, dir müssen alle glauben und das am besten auf den ersten Blick. Ich versuchte selbstsicher zu klingen, doch das war ich nicht. Ganz im Gegenteil! "Dann darfst du heute Friseur spielen." Der Junge nickte. "Was hättest du denn gerne?" Ich hatte keine Ahnung! "Schlag mir was vor." Der Junge setzte sich neben mich. "Ich hab Farbe, Rasierer, und..." Ob Tom wohl auch damals hier war? Tom. Ich wollte ihn irgendwie bei mir haben. Irgendwas. Vielleicht ein Zeichen oder "Mach mir Dreads." Der Junge zog eine Augenbraue nach oben. "Mach mir Dreads!", sagte ich selbstsicher. "Ey Kevin!" Der Junge, der mich hier her gebracht hatte betrat den Raum. Er hieß also Kevin. "Die kleine will Dreadlocks." Kevin lachte, doch dann sagte er, "Mach dich an die Arbeit, Tobi." Tobi. Gut zu wissen. Tobi nickte und holte einen Kamm heraus, setzte sich hinter mich und begann mit seiner Arbeit.

Tobi war schon eine ganze Weile im Gang. Ich muss sagen es tat etwas weh, wenn er die Haare gegen den Strich kämmte, doch daran hatte ich mich schnell gewöhnt. Wir schwiegen uns die ganze Zeit an. Kevin war wieder gegangen und würde mich abholen. Irgendwann erhob Tobi das Wort. "Du machst das wegen IHM, oder?" Er meinte Tom. Ich nickte leicht, da ich meinen Kopf nicht zu sehr bewegen wollte. "Er war damals auch hier." Ich schluckte. Er kannte Tom. "Wenn du willst, dann gebe ich dir das gleiche Bandana, welches ich ihm auch damals gegeben hatte." Mir standen die Tränen in den Augen. Ich freute mich...irgendwie. "Das wäre sehr nett."

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in Form von sieben Stunden, waren wir fertig. Meine Kopfhaut hat mir weh und ich war mir sicher, dass ich heute nicht auf meinem Kopf schlafen kann. "Hier ist ein Spiegel." Tobi deutete auf einen großen Spiegel in der hintersten Ecke des Raumes.

Zögernd ging ich auf diesen zu. Schloss die Augen, dann öffnete ich sie und betrachtete meine neue Friseur. Die Dreads standen etwas von meinem Kopf ab. "Oh warte!" Tobi griff in eine Schublade und zog ein rot-weiß gemustertes Bandana aus dieser. Er band es mir um. "Besser.", sagte er und ich lächelte mein neues Spiegelbild an.

Kevin kam zu uns. "WOW. Du siehst aus...wie..." "...wie Tom.", beendete ich den Satz. Tobi und Kevin nickten.

"Lass uns gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag."

Streetlife. Die Straße lässt dich nicht frei!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt