Vierzehn

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Wir waren auf dem Weg zum Bahnhof. So hatte es mir Luca erklärt. Wir gingen auf das große Gebäude zu, gingen durch die großen Türen.

"Merk dir. Wo viele Menschen sind kann man einfach untertauchen.", flüsterte er in mein Ohr. Ich nickte. Gut. Wir gingen durch den großen Bahnhof, durch Paare, Passanten, Kinder und Polizisten.

"Hey, hör auf zu zittern." Erst jetzt merkte ich, dass ich angefangen hatte zu zittern. "Das sind auch nur Menschen. Es ist alles gut." Ich nickte. "Versuch eine Maske aufzusetzen. Das macht vieles leichter, glaub mir." Ich versuchte ihm zu glauben. Eine Maske aufsetzten. Also keine Emotionen zeigen, niemanden an einen heran lassen. So, wie Luca es auch macht, genau wie Tom.

Luca bog einmal um die Ecke und ich wäre fast weiter gelaufen, doch ich fing mich noch und folgte ihm die Treppe hoch auf den Bahnsteig. War ich hier nicht auch mit Tom. "Seitdem Tom weg ist müssen wir seine Aufgaben auch noch übernehmen. Das ist manchmal echt anstrengend." Ich verstand ihn. Er hatte sowieso schon viel zu tun und jetzt noch mehr, aber es war besser so, vor allem für Tom.

Wir stellten uns an den Bahnsteig, neben die Treppe, damit wir, wenn wir mussten, fliehen konnten und das schnell. Ein Junge kam zielstrebig auf uns zu. Moment mal. Den kenn ich! Es war der gleiche, der schon einmal hier war, als ich damals mit Tom hier war. Er stellte sich neben Luca. "Komm schon, ich brauch mehr Zeit." "Hast du das Geld?"
"Hast du mir nicht zugehört. Ich brauche mehr Zeit." Luca guckte den Jungen an. "Ich glaube du hast mir nicht zugehört." Der Blick des Jungen glitt zu mir. "Moment mal. Dich kenn ich doch. Du bist doch die Freundin..." Ich unterbrach ihn. Denk dran Kira. Maske! "Das tut hier nicht zur Sache. Hast du das Geld." WOW. Das klappt echt gut! Meine Stimme ließ wirklich keine Emotion zu. Luca schielte zu mir rüber. "Du hast sie gehört." Der Junge blickte nach unten. "Ich hab das Geld nicht." Luca blickte zu mir. "Dann verpiss dich!", sagte ich bestimmend. Der Junge guckte mich ungläubig an. "Was? Aber ich brauche den Stoff!" Luca ging einen Schritt auf ihn zu, drehte sich zu ihm. "Komm wieder wenn du Geld hast." "Was?" Der Junge packte Luca am Kragen, doch dieser befreite sich geschickt. Luca schubste ihn etwas nach hinten. "Wir sind hier fertig! In einer Woche hast du das Geld, was du Nick schuldest, sonst ziehen wir andere Seiten auf.
Der Junge wollte nicht gehen, das merkte man an seinem Blick. Luca holte etwas aus seiner Tasche. Ein Messer. "Ich würde auf ihn hören.", schaltete ich mich ein. Ängstlich nickte der Junge. Er setzte sich im Bewegung und ging in Richtung Treppe. "Eine Woche!", rief Luca ihm nach. Der Junge nickte.

"Das war gut. Ich glaube bald können wir dich alleine losschicken. Du bist echt ein Naturtalent. " Ein Kompliment, zwar ein komisches, aber es war ein Kompliment. Plötzlich wurde Luca wieder ruhiger und nachdenklicher. "Ich hasse diesen Job. Mein Vater ist an einer Überdosis gestorben und Nick zwingt mich hier Drogen zu verzücken. Das ist meine tägliche Strafe. Früher musste das immer Tom machen. Er kann das viel besser als ich. Außerdem ist er so auch viel leichter an seine Schlaftabletten gekommen." Ich guckte Luca an. "Er hat nach einer Zeit Albträume und Schlafstörungen bekommen und wollte nicht mehr schlafen. Er brauchte die Schlaftabletten um überhaupt ein Auge zu zubekommen.", erklärte er. Traurig nickte ich.

"Okay weiter.", sagte er aufmunternd zu sich selbst. Eine ältere Frau stellte sich neben Luca. "Wer ist deine keine Freundin." Luca ging nicht darauf ein. "Wie viel?", fragte er stattdessen. "Drei Gramm." Die ältere Frau reichte Luca das Geld und erst dann holte er ein Päckchen mit grünem Inhalt aus seiner Tasche. Was er da so alles drin hat, dachte ich mir. Er steckte da Geld ein. Die Frau war genauso schnell verschwunden, wie sie gekommen war.

Luca setze sich in Bewegung. "Wir müssen immer mal wieder die Plätze wechseln, sonst ist es zu auffällig." Mir kam ein Gedanke. "Du könntest doch auch einfach in einen Zug einsteigen und weg fahren." Luca schüttelte den Kopf. "Nick findet dich. Überall!" Ich zitterte am ganzen Körper.

Wir gingen die Treppe hinunter und durch den Bahnhof. Dann gingen wir durch die großen Türen und ich stieß mit jemandem zusammen. Viel leicht nach hinten, konnte mich jedoch noch abfangen. "Sorry.", murmelte ich, den Blick gesenkt. Die Person ging an mir vorbei. "Kein Problem." Mein Herz blieb stehen. Blitzschnell drehte ich mich um, doch ich sah nur noch blinde Dreadlocks, die in der Menge verschwinden. Das war Tom!

Streetlife. Die Straße lässt dich nicht frei!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt