First step towards the end

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"Guten Morgen Sonnenschein. Du bist gestern einfach so eingeschlafen, also hab ich dann aufgelegt. Ich werde jetzt erstmal ausgiebig frühstücken und mal schauen was der Tag so bringt. Und du? Immerhin hast du heute deinen freien Tag." schicke ich Ámbar eine Sprachnachricht.

Wir haben jetzt schon seit mehreren Tagen Kontakt und ich muss sagen die Gespräche mit ihr sind toll. Wir können ernst reden, aber dann auch total humorvoll und den größten Schwachsinn.

Ámbar weiß noch nichts von meiner Krankheit und das soll auch so bleiben. Jim und Nina werden mir heute die Haare abrasieren. Irgendwie bin ich ja schon nervös. Ja es sind nur meine Haare, aber irgendwie sind die ja ein Teil von mir. Ich werde jetzt zwar nicht weinen, wie Mädchen, wenn ihnen die Spitzen geschnitten werden, aber naja. Es wird eine große Umstellung für mich werden und auch für die Mädels. Sie lieben es durch meine Haare zu wuscheln und sie zu zerstören.

Ich gehe die Treppen nach unten in die Küche, wo ich Gott sei Dank allein bin. Meine Eltern sind arbeiten. Ich liebe sie ja von Herzen, aber ihr Mitleid nervt mich.

Egal wie oft ich sage sie sollen das lassen, es ist wie eine nervige Angewohnheit von denen. Ich frühstücke also in Ruhe und gehe danach duschen.

Anschließend begebe ich mich zurück auf mein Zimmer und schaue auf mein Handy. Sprachnachricht von Ámbar. Grinsend spiele ich sie ab.

"Sonnenschein wird wohl langsam mein Spitzname oder? Dann nenne ich dich Lockenkopf. Das klingt doch süß, findest du nicht? Ich habe meinen freien Tag direkt genutzt und bis gerade eben geschlafen, also bis 13 Uhr. Das ist neuer Rekord glaube ich. Und sorry das ich eingeschlafen bin, aber ich war so unfassbar müde. Ich wünschte ich hätte dein Leben. Einfach nur gammeln jeden Tag. Ich glaube ich frage Jazmín, ob sie Zeit hat. Jazmín ist meine bisher einzige Freundin hier. Ich hab sie durch Zufall beim shoppen kennengelernt. Wir wollten beide das gleiche Oberteil und haben uns erst darum gestritten. Dann haben wir ein Friedenseis gegessen und seitdem sind wir Freunde."

Ihre Stimme allein reicht um mir ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Vermutlich liegt es daran, dass sie nichts weiß. Das sie nicht weiß in was für einer Situation ich mich befinde und wie dreckig es mir an manchen Tagen geht.

"Ja, Sonnenschein passt am besten zu dir. Zu deinen Haaren und deinem ständigen Grinsen auf Selfies, die du mir schickst. Und Lockenkopf erinnert mich an so eine Puppe, der du die Haare frisieren kannst, weißt du welche ich meine? Aber wenn es dir gefällt, dann bin ich ab jetzt eben dein Lockenkopf. Ich könnte niemals so lange schlafen. Um 9 ist für mich schon Rekord, also Hut ab vor deiner Leistung. Ich kann dir aus ganz sicherer Erfahrung sagen, das du nicht mit mir tauschen willst, da bin ich mir ganz sicher. Warum stelle ich mir Jazmín genauso vor wie du bist? Reden wie ein Wasserfall, blond, shopping- süchtig? Witzige Geschichte von euch, aber unsere toppt keiner würde ich sagen." antworte ich ihr erneut.

Endlich ist sie mal zur gleichen zeit wie ich online und hört sich die Audio direkt an. Manchmal dauert es den ganzen Tag bis wir mal gleichzeitig online sind. Manchmal klappt es auch gar nicht und wir antworten in einem Abstand von 4 oder 5 Stunden.

Es kam auch schon vor das sie sich die Audio noch angehört hat und trotzdem erst einen Tag später geantwortet hat. Ich zappe ein wenig durch die einzelnen Kanäle als mein Handy wieder vibriert.

"Das ist schon süß mit dem Sonnenschein, also deine Begründung. Und vielleicht style ich deine Haare eben mal ein bisschen, wenn wir uns sehen. Ich bin so ein Langschläfer. Am besten ist es, wenn ich erst Nachmittag arbeiten muss, dann kann ich ausschlafen. Warum sollte ich eigentlich nicht mit dir tauschen wollen? Ich schick dir gleich ein Bild von Jazmín mit. Man erkennt einen deutlichen Unterschied zwischen ihr und mir. Aber nur vom äußerlichen, wir sind uns wirklich so ähnlich wie du es beschrieben hast. Ich wette du würdest es keine halbe Stunde mit uns beiden zusammen aushalten"

 Ich wette du würdest es keine halbe Stunde mit uns beiden zusammen aushalten"

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Okay, vom äußeren sehen sie sich wirklich nicht ähnlich.

Jazmín ist hübsch, keine Frage, aber sie ist nicht Ámbar.

Ámbar ist wirklich ein Sonnenschein. Jedes Bild, welches ich bisher bekommen habe, war mit einem breiten Grinsen von ihr.

"Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich an meine Haare lassen würde. Höchstens, wenn ich dir im Gegenzug den Mund zukleben darf. Ich mag deine Stimme, die ist wirklich angenehm und ich rede auch gern mit dir, aber du beschreibst dich ja selbst auch als Labertasche, also denke ich, dass ich das nicht aushalten würde. Und das Jazmín dir nicht ähnlich sieht lässt sich nicht abstreiten, aber ihr seid bestimmt beide geisteskrank. Ich glaube ja mit euch hat man nur Spaß und macht nichts anderes als Müll oder irre ich mich da?"

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"Bist du bereit?" fragt Nina und hat den Rasierer schon bereit. Es sind ein paar Stunden vergangen und jetzt schlägt mein letztes Stündlein, jedenfalls für meine Haare.

"Irgendwelche Abschlussworte?" will Jim wissen und beide schauen mich durch den Spiegel an.

"Nein, kurz und schmerzlos bitte." sage ich und schließe meine Augen.

Dann geht es auch schon los. Das Summen des Rasierers und die spürbar abfallenden Haare ziehen meine Laune wirklich runter. Irgendwann wäre es sowieso Zeit dafür gewesen, aber jetzt? Es ist doch noch viel zu früh.

Spätestens, wenn meine Augenbrauen weg sind weiß man das ich krank bin. Vor niemanden kann ich es mehr verstecken.

Außer vor Ámbar. Was sie wohl dazu sagen würde? Würden wir überhaupt noch miteinander reden, wenn ich ihr erzählt hätte das ich Krebs habe? Ich bezweifle es.

Wer will schon mit einem Kranken befreundet sein? Jemand der bald stirbt. Man baut doch nicht eine Freundschaft auf, wenn derjenige in ein paar Monaten schon tot sein kann.

Ámbar ist die einzige, die mir neben Jim und Nina noch das Gefühl gibt normal zu sein. Frei zu sein. Auf meine Mädels ist immer Verlass und ich werde ihnen täglich dafür danken, dass sie mit mir diese scheiß Zeit durchstehen, denn das ist nicht selbstverständlich. Pedro und Matteo machen ja lieber Party, als mit ihrem kranken Freund was zu machen.

Ich kann es ihnen nicht mal übel nehmen. Ich wäre nur ein Hindernis für die beiden.

"Wir sind fertig Ramiro. Du kannst deine Augen wieder aufmachen."
Ich hab gar nicht gemerkt das so viel Zeit vergangen ist. Ängstlich öffne ich meine Augen und starre in den Spiegel. Vorsichtig fasse ich mir auf den Kopf. Weg. Alles weg. Ich habe tatsächlich eine Glatze. Um mich herum liegen meine Haare. Das war der erste Schritt Richtung Ende!

Das Gute im LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt