Elyas M'Barek FF 16♥

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Sie waren aufgestanden und hatten sich, noch halb im Dunklen, nach draußen getastet. Der Film war endlich zu Ende und sie hatten nicht vorgehabt, noch den Abspann zu sehen, wie die anderen, zu Zombies mutierten Menschen im Kinosaal.

Amelie hatte Elyas die ganze Zeit über angeguckt, hatte versucht, herauszufinden, was mit ihm los war. Keine Chance. Seine Miene war versteinert, es kam ihr so vor, als hätte er eine meterdicke Betonwand vor ihr aufgebaut. Anscheinend wollte er unbedingt verhindern, dass sie mitbekam, was geschehen war, weshalb er über die Hälfte des abartigen... Schauspiels verpasst hatte. Und das kränkte sie.

Sie hatte gehofft, er würde ihr schon so weit vertrauen, dass er sich ihr vollkommen öffnete und ihr Einblick in sein Herz gewährte. Doch so wie es aussah, würde das noch eine Weile dauern, wenn es ihr überhaupt jemals möglich war.

Sie zuckte leicht zusammen, als in ihr die Frage auftauchte, ob sie Elyas überhaupt richtig kannte. Wer war er eigentlich?

Sie war die letzten Monate so beschäftigt damit gewesen, sich selbst neu aufzubauen, dass sie sich gar nicht auf Elyas hatte konzentrieren können. Dabei war er es doch, um den es hier ging. Wegen dem sie erkannt hatte, dass ihr bisheriges Leben so nicht weitergehen konnte. Der ihr die Augen geöffnet hatte. Wie konnte es sein, dass sie so wenig über ihn wusste?

Amelie war so in Gedanken vertieft, dass sie nicht merkte, wie Elyas stehen geblieben war. Als sie es mitbekam, war es schon zu spät. Sie blickte hoch, sah ihn auf sich zugeschossen kommen und wollte hastig ausweichen. Sie hüpfte zur Seite, doch etwas schien sich an ihrem Fuß festgeklammert zu haben. Sie blieb hängen und stürzte mit einem verblüfften Aufschrei an Elyas vorbei. Es kam ihr vor, als würde sie in Zeitlupe zu Boden fallen.

Amelie wartete auf den harten Aufprall, darauf, dass sie spitzen Stein unter sich spürte.

Umso verwirrter war sie, als sie weich aufgefangen wurde.

Sie fühlte einen starken Arm, der sie sanft umklammerte. Noch leicht neben der Spur drehte sie den Kopf zu Elyas um.

Er stand immer noch auf der selben Stelle, hielt sie fest mit seinem Arm und starrte sie an. Wieder dieser Blick. Undurchdringbar.

„Pass auf, wo du hinläufst, Tollpatsch.“ Ein winziges, fast unbedeutendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, Amelie bemerkte es und lief rot an vor Scham.

Dann blickte sie zu Boden, er sollte nicht mitkriegen, dass es ihr peinlich war. Obwohl er es wahrscheinlich sowieso schon wusste.

Elyas zog sie vorsichtig zu sich heran, dann legte er den anderen Arm ebenfalls um sie. Er schaute ihr in die Augen, seinen braunen Augen strahlten, als sie zu ihm hoch blickte.

Doch Amelie erkannte, dass das Strahlen nur eine Fassade war. Irgendetwas war mit ihm passiert. Etwas war geschehen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten, das stand fest. Er hatte sich verändert. Denn hinter dem Strahlen befand sich eine wieder aufgerissene Wunde. Eine sehr alte Wunde. Die dennoch wohl nie verheilen würde.

Als Elyas ihren Kopf in seine Hände nahm, wurde sie in die Realität zurückgeholt. Sie bemerkte, dass er sie immer noch anguckte und langsam begann dieser Blick zu brennen. Er brannte, wie die heißen Strahlen der Sonne. Doch diesen kontinuierlichen Schmerz empfand Amelie nicht als angenehm. Im Gegenteil. Er bohrte sich in ihr Herz und nistete sich wie ein Parasit ein.

„Elyas, was ist los? Bitte sag mir, was passiert ist. Vielleicht kann ich...“

Er unterbrach sie, in dem er seinen Mund zu ihrem führte und seine Lippen auf ihre presste. Amelie wollte sich aus seinem Griff befreien, doch ihr Körper tat nicht das, was ihr Gehirn im befahl. Genüsslich schloss sie die Augen und schlang ihre Arme um seinen breiten Körper. Sie spürte, wie das Gefühl wieder aufflammte. Dieses Gefühl, welches sie in der Nacht mit ihm gehabt hatte. Sie ließ es zu, gab sich dem Kuss voll hin. Sie erwiderte ihn, tauchte ein in den Moment, wollte nicht aufwachen.

Und stockte.

Sie machte die Augen auf. Was war los? Dann sah sie es.

Elyas küsste sie immer noch. Er hatte seinen Augen zusammengekniffen, dennoch konnte sie den verzweifelten Ausdruck erkennen. Elyas war vollkommen verzweifelt. Und sie wusste nicht, warum. Sie wusste nur, dass sie ihm helfen wollte. So, wie er ihr geholfen hatte.

Amelie riss sich von ihm los. Sie nahm ihre Arme von seinem Körper. Dann griff sie nach seiner Hand, sie hielt sie fest. Als sie sich sicher war, dass er ihr zuhörte, blickte sie ihm versichernd in die Augen. Dann sagte sie mit so viel Überzeugung und tief aus ihrem Herzen kommend, wie sie konnte: „Ich liebe dich.“ Sie schmunzelte, als sie sein Grinsen sah. Jetzt konnte sie ihm helfen.

Elyas M'Barek FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt