17 Beruhigend

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"Hey!", wieder war es Theo der vor mir stand und dessen warme Stimme mich weckte.

"Hast du nichts Besseres zu tun, als mit einer Verrückten abzuhängen?", murrte ich schlapp und er gab ein seltsames Geräusch zwischen lachen und schnauben von sich.

"Ich halte dich nicht für Verrückt, Klara.", sagte er lieb, "Ich denke, dass dir jemand schrecklich weh getan hat und du nur versuchst dich selbst zu schützen."

"Verpiss dich Theo!", schnauzte ich. Also ich wollte, aber meine Kraft reichte nicht. Er sah mich bekümmert an und seufzte.

"Tut mir leid wegen der Beruhigungsmittel.", sagte er und zog eine Augenbraue in die Höhe, während er sich mir näherte, "Wie geht es dir?", wollte er wissen und stand jetzt neben meinem Bett. Seine Hand fuhr über meinen Arm bis zu der Manschette, die um mein Handgelenk gebunden war und ich versuchte mich seiner Berührung zu entziehen.

"Lass das!", forderte ich schlapp und zuckte mit dem Arm weg, doch hatte ich nicht genug Kraft und Spielraum mich ihm zu entziehen.

"Klara.", sagte er bittend. Seine Sternenhimmel suchten meinen Blick und ich dümpelte eingelullt in seinen blauen Tiefen dahin, so dass ich nicht mitbekam, was er von mir wollte. "...nach draußen, wenn du mit ihr redest.", hörte ich ihn gerade sagen und versuchte mich wieder auf seine Worte zu konzentrieren.

"Was?", fragte ich und runzelte konzentriert die Stirn. Lauschte seinen ruhigen Worten.

"Ich habe Dr. Franklin erzählt, dass du gerne nach draußen in den Garten möchtest und sie hat gesagt, dass wir gehen können, wenn du mit ihr redest.", wiederholte er leise und löste die Manschette um mein Handgelenk.

"Wirklich?!"

In meinem Kopf ratterte es. Er nickte.

Ich überlegte, ob es sich lohnen würde, für ein paar Minuten Frischluft, mit dieser Hexe zu reden. Sicher würde sie mich über die Wiese ausfragen. So wie gestern. Ich wollte das nicht und Katrina wollte das auch nicht.

Meine Gedanken waren lahm. Sie kamen nicht mit. Vielleicht waren es auch Katrina's Gedanken, die zu langsam waren und mich verwirrten.

"Lass es uns ihr erzählen.", quatschte sie dazwischen.

"Nein. Du willst das nicht erzählen.", sagte ich ihr.

"Aber du könntest doch..."

"Nein, Katrina! Ich will das auch nicht. Ich bin frei. Ich denke da nicht mehr dran. Wenn du es erzählen willst, dann lass mich da raus!", fauchte ich sie an, doch die Worte, die aus meinem Mund kamen, verstand ich nicht einmal selbst, so undeutlich waren sie, doch Theo lächelte, während er auch meine Füße losband.

"Hallo Katrina.", grüßte er sie und sie lächelte ihn verliebt an, während sie sich dorthin setzte, wo gerade noch meine Beine gelegen hatten.

"Hallo Theo.", antwortete sie ihm, doch konnte er sie ohnehin nicht hören.

"Ja. Jetzt kriegst du die Klappe auf, aber wenn ich weg bin, bist du so stumm wie ne Schnecke, die den Kopf in ihren eigenen Schleim gesteckt hat.", beschwerte ich mich und drehte mich von Theo weg zur Wand.

"Ich will ja wieder sprechen lernen Klara. Aber dabei musst du mir helfen. Ich schaff das nicht allein.", sagte sie und strich mit den Fingern durch ihre kurzen braunen Locken, die sie mit einer Spange zur Seite gesteckt hatte.

"Dann solltest du nicht immer weglaufen, wenn es schwierig wird. Ich kann nicht jedes Feuer für dich löschen.", grummelte ich und zog die Beine dicht an meinen Körper. Mein Kopf brummte und mir war auch schlecht. Und mir war schrecklich heiß. Ich zitterte.

"Ist dir Kalt?", wollte Theo wissen und legte seine Hand auf meine Stirn. Keine Ahnung, was er damit bezweckte, doch zog er die Decke über mich und ich fühlte mich besser.

Vielleicht war mir ja doch nicht heiß, sondern kalt. Ich wusste es nicht.

"Ruh dich ein bisschen aus Kleine.", sagte er sanft und ich hatte das Gefühl, irgendwas würde ihn traurig machen, doch war es mir egal. Er sollte mich endlich alleine lassen, weshalb ich ihn auch ignorierte und schlicht die Augen schloss.

Ich spürte wie mir jemand über die Haare strich, eine Hand einen Moment auf meiner Schulter ruhte, bevor sie zurückgezogen wurde.

Ich machte mir nicht die Mühe, nachzusehen, wer es war, doch hörte ich Katrina's leise Stimme, die mich in den Schlaf begleitete.

Ihre Stimme erzählte vom Wind, von den Sternen und vom Fliegen. Von freien Gedanken, die durch die Nacht getragen wurden und allen Kummer vertrieben. Von Liebe, die ich nicht kannte. Von schmerzen, die ich nicht spürte und von Träumen die wir nicht hatten.

Träumen von einem Leben in Freiheit. Ohne Kummer. Ohne Schmerz. Mit Liebe, die ich nicht verspürte. Nur Hass.

Ich hörte sie lachen. Ich hörte sie sprechen. Ich sah ihr Lächeln. Sah den Schatten, der über ihr schwebte und der sie verfolgte. Ich sah den Falken. Das Licht. Es war nah, aber nicht nah genug. Nicht so nah, als dass sie es erreichen könnte. Dass sie es zu Hilfe rufen könnte, um sie vor dem Schatten, der sie mit seiner Dunkelheit zu erdrücken versuchte, zu retten.

Ich sah den Schatten über ihr. Er war nah. Viel zu nah. Näher als ich. Doch würde er sie einholen? Einholen, bevor ich ihr helfen konnte?

Ich wusste es nicht.

Ich war nicht das Licht? Ich war nicht der Falke. Ich war...Ich war...wer war ich?

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867 Worte
17.04.17

✔Zwischen den SternenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt