21 Schweigen

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Ich blieb einfach liegen. Lange.

Ich kann nicht einmal sagen wie lange.

Ich lag einfach da und starrte an die Wand. Und starrte, und starrte und starrte. So lange, bis mir die Augen zufielen und als ich sie wieder öffnete starrte ich weiter.

Klara kam nicht zurück. Sie ließ sich einfach nicht blicken. Dafür kam Theo wieder. Er brachte mir mein Frühstück. Und er nahm es auch wieder mit, ohne dass ich es angerührt hatte.

Er brachte auch das Mittagessen und versuchte mich dazu zu überreden es zu essen.

Ich ließ es sein.

Ich schaute ihn nicht einmal an. Nicht mal, als er mich darum bat.

Stattdessen dachte ich nach.

Oder nein. Ich versuchte nicht zu denken, dennoch trieben mir Worte und Bilder durch den Kopf, die mir keine Ruhe ließen.

Die kleinen Hubbel an der Wand, auf die ich starrte, verbanden sich zu Linien. Sie Formten Bilder, die Blumen sein konnten. Oder Vögel. Sie konnten auch Enten sein, oder ein See, auf dem sie schwammen.

"Warum warst du nicht da Klara?", dachte ich, bekam aber keine Antwort, "Wir hätten in den Garten gehen können. Zu den Blumen. Es war windig. Wir hätten fliegen können."

Ich wusste ich klang traurig und auch ein bisschen enttäuscht.

Nur wegen ihr waren wir nicht draußen. Nur wegen ihr, hatten wir die Möglichkeit verpasst, frische Luft zu Atmen.

Warum war sie gegangen?

Das fragte ich mich unentwegt. Und auch, wo sie war. Warum sie nicht kam.

Stattdessen kam Theo. Schon wieder.

"Katrina?", sprach er mich an, "Komm, Dr. Franklin will mit dir sprechen."

Ich fragte mich nicht, was sie von mir wollte. Schon wieder.

Ich stand einfach auf und schlurfte zur Tür, doch Theo stellte sich mir in den Weg.

"Was ist passiert?", wollte er wissen. Seine Stimme klang traurig. Seine Füße schienen auch traurig zu sein. Sie waren ganz blass. Fast noch heller als weiß. Der kleine blaue Puma, der auf ihnen herumsprang, schien heute nicht so sehr zu leuchten, wie das letzte Mal.

Ich reagierte nicht. Blieb einfach stehen und wartete. Mir war es gleich, ob wir gingen oder stehen blieben. Ich wollte ohnehin nichts tun. Nicht ohne Klara.

"Kannst du mich ansehen?", fragte Theo, doch ich reagierte nicht. Blickte einfach weiter auf seine Schuhe und den hellen Plastikboden daneben. Rechts von seinem linken Schuh war ein schwarzer, dünner Strich und unter dem Strich ein fast weißer, kleiner Punkt.

Doch konnte ich diesen nicht mehr sehen, als Theo den Fuß bewegte und ihn darauf stellte.

Er beugte sich vor. Seine Finger fanden mein Kinn und hoben es an.

Ich sah ihn trotzdem nicht an. Ich wich seinem Blick aus. Meine Augen richtete ich überall hin, nur nicht auf ihn. Er seufzte.

"Na gut. Dann nicht.", sagte er enttäuscht, dann verschwanden seine Finger von meinem Kinn und ließen ein leichtes Brennen zurück.

Er öffnete die Tür und ging hinaus. Meine Füße folgten ihm ganz von allein. Ich starrte auf seine weißen Schuhe und ahmte seine Bewegungen nach.

Linker Fuß, rechter Fuß, linker Fuß und wieder der Rechte. Meine Augen hafteten an seinen Schuhen und nur hin und wieder tauchten andere Schuhe auf.

✔Zwischen den SternenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt