Monate waren mittlerweile ins Land gezogen. Die Wikinger hatten sich eingelebt. Von den Schwerverletzten hatten es nur zwei nicht geschafft am Leben zu bleiben. Die anderen beteiligten sich an den täglich anfallenden Arbeiten ohne zu murren.
Runar arbeitete unentwegt an dem Boot, aber es würde noch lange nicht seetüchtig sein. Es war einfach zu viel daran zu machen.
Adeen saß am Strand und sah ihm zu. Sie mochte den blonden, ruhigen Krieger. Alle Wikinger behandelten sie mit Respekt, aber Runar...nun, er war da noch etwas anders. Er sprach mit ihr über ernste Themen und lachte sie nicht aus, wenn sie mal etwas Dummes von sich gab. Ganz anders als ihre Brüder oder die anderen Männer, die auf der Burg lebten. Für sie war sie einfach nur eine der Töchter. Nicht wie Kierra, die eine Kriegerin war und nicht nur Respekt, sondern auch Anerkennung verdiente.
Nein, Adeen fand, dass sie keine besondere Begabung hatte. Sie konnte einen Haushalt führen und kochen, aber sonst hatte sie Kleinigkeiten gelernt, wie Sticken oder Weben. Sie konnte auch Kleidung nähen, aber das war nun wirklich nichts Besonderes.
„Du bist heute sehr schweigsam, Adeen!"
Sie sah auf und stellte fest, dass Runar sie wohl schon eine ganze Weile beobachtet hatte.
Sie hustete vor lauter Verlegenheit.
„Entschuldige. Ich hing nur meinen Gedanken nach und wollte dich nicht stören!"
Er lachte leise.
„Es stört mich nicht, wenn du dich mit mir unterhalten willst. Aber ich will dich nicht in deinen Gedanken stören!"
Sie zuckte mit den Schultern.
„Es sind dumme Gedanken eines dummen Mädchens."
Runar hob eine Augenbraue.
„Ich würde dich nicht mehr als Mädchen bezeichnen. Du bist eine junge Frau. Und glaube mir, wo ich herkomme sind die Gedanken einer Frau niemals dumm!"
Sie lächelte ihn an.
„Erzähle mir davon!"
Er stützte seine Arme auf den Rumpf des Bootes, das immer noch umgekehrt im Sand lag. Seine Stirn glättete sich sofort, als er an seine Heimat dachte. Adeen gefiel es. Er wirkte gleich unbeschwerter.
„Nun. Meine Mutter zum Beispiel. Sie hat mir erzählt, dass jeder seine Aufgabe im Leben hätte. Man muss nur darauf achten, wie sie sich zeigt."
Adeen horchte auf.
„Bei euch hat jeder seine Aufgabe? Auch die Frauen?"
Runar nickte lachend.
„Oh ja! Gerade die Frauen. Meiner Meinung nach sind sie wichtiger als jeder Mann. Tjelvars Mutter Fara ist eine Heilerin. Tjelvars Tante Ylvie hilft ihr dabei und pflegt die Kranken. Meine Mutter war für das Essen verantwortlich bis Eiriks Frau Flora kam und ihr die meiste Arbeit abnahm. Nun beaufsichtigt sie die kleinen Kinder und bringt den Mädchen Handarbeiten bei. Während wir auf See sind, halten sie das ganze Dorf am Laufen. Ich glaube, wenn sie zur See gingen und wir würden zu Hause bleiben...nun, es würde Chaos herrschen! Die Kinder würden uns auf der Nase herumtanzen, das Essen würde anbrennen, wir würden in zerrissener und Dreck verschmutzter Kleidung herum laufen. Ohne unsere Frauen, Mütter und all die anderen wären wir Männer nur halbe Männer!"
So hatte Adeen das noch gar nicht gesehen. Sie hatte auch nie von so einer Einstellung bei einem Mann gehört. Alle Männer, die sie kannte, waren sehr von sich eingenommen und Frauen hatten sich ihnen zu unterwerfen. Doch Runar schien das anders zu sehen.
Sie seufzte leise und ihr Atem rasselte dabei wieder, was bei Runar ein Stirnrunzeln hervorrief.
„Dann bin ich gar nicht so nutzlos?"
Er kam langsam auf sie zu und tippte mit dem Finger ihr Kinn leicht an.
„Nein. Du bist nicht nutzlos! Das ist keine Frau! Zumindest nicht, wenn sie sich anstrengt und auch bereit ist zu arbeiten."
Sie lächelte ihn an, wurde dann aber wieder traurig.
„Hier habe ich nicht das Gefühl, das ich zu etwas nutze wäre. Meine Mutter hat hier das Zepter in der Hand. Besonders seit mein Vater nicht ganz auf der Höhe ist. Kierra ist die Kriegerin. Ich befolge nur den Befehlen meiner Mutter und die meisten sehen mich nicht einmal!"
Er lächelte leicht und beugte sich zu ihr hinunter, bevor er ihr einen leichten Kuss auf die Wange gab.
„Ich! Ich sehe dich!"
Tjelvar stand auf der Wiese und sah sich um. Hier wuchsen Gänseblümchen in Massen. Er beugte sich hinunter und pflückte einige der Blumen, die eine gute Wirkung bei Wunden hatten.
„Was machst du da?"
Nevan, der jüngste Spross des Nuallan stand hinter ihm. Sein Gesicht drückte eine gewisse Skepsis aus.
„Ich pflücke diese Blumen!", antwortete Tjelvar ruhig.
Nevan zog seine Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel seiner Tunika über das dreckige Gesicht.
„Das machen doch nur Mädchen!"
Tjelvar lachte leise.
Ja, so dachten viele.
Er nahm eine der Blüten und drehte sie in seinen Fingern.
„Schau mal, Kleiner. Diese Blume kann viel mehr, als nur den Hals oder das Haar eines Mädchens schmücken."
Nevan runzelte die Stirn. Man konnte ihm ansehen, dass er kein Wort glaubte.
„Ach ja?"
Tjelvar nickte.
„Oh ja. Wenn ich sie in einen Topf mit Wasser schmeiße und sie kochen lasse, dann kann ich den Absud dazu benutzen, um deinen Vater die Wunde am Bein besser heilen zu lassen."
Nevan nickte nun langsam. Das erschien ihm wohl logisch.
„Dann ist es nicht schlimm, wenn ich dir helfe?"
Tjelvar schüttelte den Kopf.
„Nein! Weil nur richtige Männer das wissen! Und die werden sich auch nicht gegenseitig auslachen, weil sie Gänseblümchen pflücken!"
Nevan fackelte nicht lange. Er nahm eine Hand voll mit den Blumen und riss sie heraus. Dass dabei noch jede Menge Gras war, erwähnte Tjelvar lieber nicht. Er würde sie später aussortieren.
Gemeinsam pflückten sie nun Gänseblümchen.
„Was macht ihr da?"
Tjelvar richtete sich stöhnend auf. Hatte keiner der Iren heute etwas Besseres zu tun, als ihm beim Blumenpflücken zu erwischen?
Kierra stand grinsend da, doch ihr kleiner Bruder schnalzte missbilligend mit der Zunge.
„Du hast davon keine Ahnung, Kierra. Du bist ein Mädchen und du pflückst sie nur, um dich zu schmücken. Echte Männer wissen, dass man Gänseblümchen dafür nicht nimmt. Sie helfen Vater!"
Kierra hob beide Augenbrauen. Es war schon seltsam, dass Nevan gerade ihr vorhielt, sie würde ihr Haar mit den Blumen schmücken. Sie hatte nicht eine Art Schmuck an ihrem Körper. Und Blumen würde sie bestimmt auch nicht an sich heranlassen.
„Ach so. Das wissen nur echte Männer! Dann verzeiht meine Störung und lasst euch nicht stören, bei dieser wichtigen Männerarbeit!"
Tjelvar rümpfte kurz die Nase.
„Mach dich nur lustig über uns. Aber du würdest nicht stören, wenn auch du einige pflücken würdest. Sie sind schließlich für deinen Vater!"
Kierra seufzte theatralisch.
„Ich darf also auch mitmachen? Obwohl ich nur ein Mädchen bin?"
Ihre Stimme wurde eine Oktave höher und sie tat geziert, als sie die erste Blume pflückte.
Nevan brummte etwas unwillig und riss wieder wahllos Gras und Blumen heraus.
„So lange du keine Kränze für dein Haar machst, darfst du mitmachen. Wir brauchen die Blumen!"
Kierra nickte ernsthaft.
„Ich weiß das doch! Ihr seid die richtigen Männer und ich werde mich hüten, euch zu widersprechen!"
Eine Weile beschäftigte sich jeder alleine. Erst als sie den Leinensack voll hatten, wurde es für Nevan langweilig und er verschwand wieder.
Tjelvar sah ihm lächelnd nach.
„Er erinnert mich an die Jungs bei mir zu Hause. Die haben auch die Geduld eines Flohs. Aber ich denke, das ist in dem Alter noch normal!"
Kierra zuckte mit den Schultern.
„Wir sind alle nicht unbedingt für unsere Geduld bekannt! Das haben wir von Vater nehme ich mal an."
Tjelvar nahm den Sack an sich und sie gingen beide zu der Burg.
„Trotzdem mache ich mir Sogen. Meiner Meinung nach sollte er schon längst wach sein. Doch er schläft immer noch!"
Tjelvar hatte beinahe schon schlaflose Nächte, weil er nicht wusste, was er noch tun könnte.
Kierra lachte leise.
„Wer weiß! Wir sind außerdem noch für unsere Sturheit bekannt. Wenn sein Geist der Meinung ist, dass er noch nicht aufwachen will, dann wird es mein Vater auch nicht!"
Nun klang sie fast wie seine Mutter.
Auch wenn er etwas anderes behauptete, war er ihrer Meinung nach nicht geduldig genug. Er hörte beinahe ihre Stimme in seinem Kopf, wie sie ihn zu Geduld mahnte. Leise seufzte er.
„Was ist?", fragte sie.
Tjelvar holte tief Atem.
„Ich vermisse mein zu Hause! Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich das jemals zugeben würde."
Sie nickte wissend.
„Ich war noch nie weiter weg. Immer nur auf dieser Insel. Trotzdem bin ich mir sicher, dass ich meine Familie vermissen würde, wenn ich einmal weg von hier sollte." Sie lachte leise. „Auch wenn sie mir auf die Nerven geht! Es ist meine Familie. Und dir wird es nicht anders gehen! Was ich aber nicht verstehe...dein Bruder...nun, er wird der neue Jarl. Du bist der Jüngste und wirst ihm immer unterstehen! Ist das nicht der Grund, warum es dich immer in die Ferne zieht?"
Tjelvar schüttelte entschieden den Kopf.
„Das mag auf andere zutreffen, aber nicht auf mich. Mein Bruder hat mich gebeten ihm zur Seite zu stehen. Auch wenn die ganzen Erzählungen ihn als üblen Burschen da stehen lassen, ist er doch manchmal unsicher!" Er sah sie grinsend an. „Falls du ihm einmal begegnen solltest und das zu ihm sagst, werde ich dich umbringen!"
Sie lachte laut auf.
„Mal ganz davon abgesehen, dass ich deinen Bruder wohl nie begegnen werde, glaube ich nicht, dass du es mit mir aufnehmen könntest!"
Tjelvar hob eine Augenbraue.
„Wie kommst du auf den Gedanken?"
Sie blieb stehen und betrachtete ihn von oben nach unten. Sie legte zweifelnd den Kopf schief.
„Du bist doch wirklich ein Wikinger?"
Er nickte und verstand nicht ganz, worauf sie hinaus wollte.
„Nun, wenn ich die anderen betrachte, wirkst du schwach!"
Er stieß empört seinen Atem aus.
„Du hältst mich für schwach?"
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich habe dich noch nie kämpfen sehen. Du hast deine Nase immer nur in den Schriftrollen! Also kannst du kein Krieger sein!"
Auch wenn Tjelvar das schon oft gehört hatte, stieg Wut in ihm auf. Sie kannte ihn doch gar nicht. Er war wie alle Wikinger schon von Kindesbeinen an im Kampf ausgebildet worden. Er war vielleicht nicht der Stärkste, dennoch fürchteten seine Feinde auch ihn. Er hatte andere Vorteile auf seiner Seite. Er war gerissen und glich seine Schwäche durch seine Gerissenheit aus.
„Du glaubst also, ich würde einen Kampf gegen dich nicht überleben?", fragte er beleidigt.
Sie überlegte eine Weile, dann nickte sie.
„Das glaube ich."
Er stapfte voraus.
„Dann treffen wir uns vor dem Mittagsmahl auf dem Übungsplatz. Ich werde dir zeigen, dass du völlig falsch liegst, Keltin!"
„Bist du wahnsinnig? Einfach so einen Wikinger heraus zu fordern! Und auch noch den Heiler, der auch noch der Sohn eines Jarl ist! Manchmal solltest du wirklich deinen Kopf vor deinem großen Mundwerk benutzen! Was ist, wenn du ihn verletzt? Hast du daran mal gedacht? Du weißt doch, wer sein Bruder ist?"
Aodh hatte die Arme vor der Brust verschränkt. An seinen aufgeblähten Nasenflügeln konnte Kierra seine Wut erkennen.
„Ich werde ihn schon nicht verletzen. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass er kämpfen kann!"
Aodh schnaubte.
„Ich habe nicht nur von seinem Bruder gehört. Auch Tjelvar hat einen gewissen Ruf. Er ist als Heißsporn bekannt und die Mönche fürchten ihn!"
Kierra lachte leise.
„Mönche! Ich bitte dich, Aodh. Die fürchten sich vor jedem!"
Adeen kam angelaufen.
„Hast du den Verstand verloren? Runar sagt, dass Tjelvar sehr wütend ist und dass dann nicht mit ihm zu spaßen ist! Wie kommst du darauf, den Heiler so zu beleidigen?"
Aodh holte tief Luft und verließ dann seine Schwestern.
Kierra hob eine Augenbraue.
„Runar sagt? In der letzten Zeit höre ich dich diese Worte immer öfters sagen! Bist du mit dem Wikinger am anbandeln? Er wird nicht hier bleiben!"
Adeen hob arrogant den Kopf.
„Das weiß ich!"
Kierra wischte über ihr Schwert.
„Dann verstehe ich es nicht. Erkläre es mir bitte, warum du ihn so anhimmelst! Er wird dich alleine lassen!"
Adeen seufzte.
„Das wird er nicht! Er wird mein Mann!"
Kierra hielt in der Bewegung inne und starrte ihre Schwester an.
„Wie das?"
Adeen setzte sich neben sie.
„Moira hat es mir prophezeit. Ich werde mich in einen der Wikinger verlieben und er wird mich mitnehmen! Als seine Frau!"
Kierra schnappte nach Luft.
„Du willst mit ihm mitgehen? Jetzt frage ich mich, ob du nicht diejenige bist, die den Verstand verloren hat! Er ist ein einfacher Zimmermann. Er ist unter deinem Stand und ein Wikinger. Hat er dich bestiegen? Willst du deswegen mit ihm mit?"
Adeen stand wieder auf und sah traurig auf ihre Schwester hinunter. Tränen liefen ihr über die Wangen.
„Du weißt gar nichts von ihnen. Weder von Tjelvar noch von Runar. Runar ist der ehrenwerteste Mann, den ich kenne. Und auch wenn er in deinen Augen mir nicht würdig genug ist, werde ich mit ihm gehen, wenn er mich fragt."
Kierra stand schnell auf und nahm ihre Schwester in den Arm. Sie liebte Adeen, der sie ihre eigentliche Rolle einfach aufgedrängt hatte, in dem sie zur Kriegerin wurde. Sie wusste, dass Adeen sich nicht wohl fühlte in der Rolle, die ihre Mutter für sie bestimmt hatte.
Sie wussten genau, was Adeen bevorstand. Sie würde unter ihrer Mutter stehen, bis diese Adeen irgendwann einen Mann vorsetzen würde, der wahrscheinlich eine günstige Verbindung versprechen würde. Liebe kam darin nicht vor. Es war wahrscheinlich dann auch egal, ob der Mann gut zu ihr war oder nicht. Und Kierra wusste, dass sich Adeen fügen würde. Egal, wer der Mann war.
Und nun war da dieser Wikinger.
Ja, Kierra hätte ihn nicht verurteilen dürfen.
Runar und Tjelvar waren die Einzigen von dem Haufen, die sich wirklich nicht einmal unschicklich benommen hatten. Bisher hatte sie aber immer angenommen, dass Runar einfach am Abend zu müde war. Schließlich arbeitete er von früh morgens bis zum Abendmahl an diesem Boot.
Doch Kierra hatte auch bemerkt, dass Adeen oft bei dem Wikinger war. Am Anfang hatte sie ihm nur das Essen gebracht. Aber nun saß sie lange bei ihm und beobachtete ihn. Sie hatte sich schon oft den Zorn ihrer Mutter auf sich gezogen, weil sie ihre Arbeit vernachlässigte.
„Es tut mir leid. Ich wollte nicht so hochnäsig erscheinen! Aber ich muss es erst einmal verdauen, dass sich der Wikinger in dich verliebt hat. Ich will dich nicht verlieren!"
Adeen schnüffelte leise.
„Er hat sich nicht in mich verliebt. Noch nicht!"
Kierra hob eine Augenbraue.
„Woher willst du dann wissen, dass er der Mann ist, den dir Moira prophezeit hat? Es könnte doch auch ein anderer sein. Tjelvar vielleicht!"
Adeen lachte leise.
„Nein! Ich weiß, dass der Heiler für jemanden anderen bestimmt ist. Und schon als ich das erste Mal mit Runar gesprochen habe, wusste ich, dass er derjenige ist, der ganz alleine für mich ist. Ich hoffe nur, dass er es auch erkennen wird."
Kierra sah ihre Schwester an. Sie meinte das wirklich ernst. Auch, dass sie mit Runar ging, wenn er sie fragen würde.
Sie holte tief Luft. Könnte sie es? Und wer verdammt nochmal war für den Heiler bestimmt? Er sollte doch ihr Schicksal bestimmen. War noch jemand anderes beteiligt?
„Was ist jetzt Keltin? Werden wir kämpfen oder nicht?"
Tjelvar stand am Übungsplatz. Schild und Schwert an seiner Seite, die Arme vor seiner Brust gekreuzt. Der arrogante Blick, den er ihr zuwarf, versprach nichts Gutes. Seine Männer standen um ihn herum, genau wie die Leute ihrer Familie.
Die Wikinger grinsten sie frech an. Nur Tjelvar und Runar nicht.
Der Heiler wirkte entschlossen, während Runar eher entschuldigend zu Adeen schaute und zerknirscht seine Schultern hob.
Kierra runzelte die Stirn. Irgendetwas schienen die Männer zu wissen, was sie nicht einmal ahnen konnte. Dennoch nahm sie entschlossen ihr Schwert in die Hand. Ihr Schild stand neben Runar, also lief sie in seine Richtung.
„Dann wollen wir mal sehen, aus was für ein Holz du geschnitzt bist, Wikinger!"
Kierra verschwendete erst keinen Gedanken daran, dass Tjelvar sie besiegen konnte. Er war nicht so muskulös wie die anderen. Eher schlaksig. Zumindest war sie der Meinung bisher gewesen. Doch das änderte sich.
Tjelvar grinste sie hochnäsig an und zog seine Tunika über den Kopf und zog eine Lederweste an.
Ihr stockte der Atem!
Bei den Göttern, die sie anbetete, was hatte sie sich dabei gedacht, ihn heraus zu fordern?
Sein Rücken bestand nur aus Muskeln. Die Arme hatte er bisher immer unter der Tunika versteckt, doch nun sah sie die Muskelstränge, die wie riesige Taue aussahen.
Nun drehte er sich zu ihr um. Sein Gesicht wirkte wie aus Stein gemeißelt.
Er hatte sein Haar und den Bart geschoren. Das ließ ihn jünger, aber gleichzeitig auch gefährlicher wirken. Er atmete tief ein und aus und pumpte damit Luft in seine Lunge, so dass sein Brustkorb mächtig erschien.
Verflucht!
Er nahm das alles hier sehr ernst!
„Tjelvar! Ich habe dich nicht beleidigen wollen!", versuchte sie die Wogen zu glätten.
Doch der Heiler schnaubte nur.
„Seid ich einen Fuß auf diese verdammte Insel gesetzt habe, hast du meine Kraft in Frage gestellt. Auch bist du der Meinung gewesen, dass ich kein Krieger sei! Damit ist ein für alle Mal Schluss!"
Die Männer bildeten einen Ring um die beiden. Kierra beugte sich nach ihrem Schild.
„Sei vorsichtig! Du hast ihn beleidigt und er wird dich nicht schonen, nur weil du eine Frau bist!", raunte Runar ihr zu. „Wenn du nicht mehr kannst, dann ergebe dich lieber, bevor es schlimm für dich ausgeht! Es meinten schon viele, sie hätten ein leichtes Spiel mit ihm! Sie wurden alle eines Besseren belehrt."
Sie sah den blonden Wikinger verblüfft an.
„Ich soll aufgeben?"
Er hob die Schultern.
„Du wirst selbst sehen, dass du keine Möglichkeit gegen ihn hast. Warum sich ernsthaft verletzen, wenn es auch anders geht. Du bist eine Frau. Man wird es dir nicht verdenken, wenn du gegen Tjelvar Egilson aufgibst! Bei einem Mann wäre es etwas anderes. Tjelvar würde in dem Fall keine Gnade walten lassen. Aber weil du eine Frau bist..."
Er sprach es nicht aus, aber Kierra verstand auch so, was er damit sagen wollte.
„Das ist für mich genauso eine Beleidigung, wie meine Aussage für ihn!", knurrte sie.
Runar öffnete den Mund, doch sie hob die Hand.
„Ich werde ihm zeigen, was eine Frau alles kann!"
Runar schüttelte gespielt verzweifelt den Kopf.
Dann zeigte er auf Tjelvar.
„Schau ihn dir doch an! Er ist wütend! Dann neigt er ab und zu dazu seinen Kopf zu verlieren. Aber wenn du nicht auf mich hören willst, kann ich dir nicht helfen!"
Sie schnaubte und klopfte mit dem Schwert gegen ihr Schild.
Die nordischen Männer stampften rhythmisch mit dem Fuß auf, was sie nervös machte, doch Tjelvar schien das auch noch an zu spornen. Er riss die Augen auf, seine Nasenflügel blähten sich auf und er hob das Schwert. Als ob er sich noch mehr aufputschen wollte, brüllte er einige Wörter in seiner Sprache, die sie nicht verstand. Doch seine Krieger antworteten ihn, als ob es ein Ritual wäre.Tjelvar kam langsam auf sie zu. Er ließ sie nicht aus seinen Augen. Sie spürte, dass er gleich den ersten Schlag setzen wollte.
Doch Kierra ließ es nicht zu, dass er den ersten Streich landete. Elegant tauchte sie unter seinem Schwert hinweg und machte einen Ausfallschritt zur Seite, um ihn einen Schlag in den Rücken zu geben. Doch sie hatte nicht mit seiner Schnelligkeit gerechnet.
Er hatte sich schon wieder umgedreht und die Schwerter krachten aufeinander.
Sie hob das Schwert wieder an, doch er war zu schnell. Sein Schwert krachte auf ihr Schild. Es war eine enorme Kraft hinter dem Schlag und sie wich verblüfft aus. Ihr Arm schmerzte und sie riss sich zusammen, dass sie ihn nicht rieb und somit ihre Schwäche zeigte.
Die Männer brüllten etwas in ihrer Sprache als sie ihnen ziemlich nahe kam. Es irritierte Kierra gewaltig. Es hörte sich nach Hohn an.
„Was brüllen sie?", schrie sie.
Er lächelte sie höhnisch an.
„Sie weicht! Das ist ein Schmachruf bei uns! Noch schlimmer wird es, wenn sie deine Flucht ankündigen!"
Wieder hagelte es Schwerthiebe auf sie ein und Kierra hatte Mühe sie zu parieren.
„Kierra! Achte auf deine Deckung!"
Sie hörte ihren Bruder schreien und sie wusste, dass sie ihre Deckung vernachlässigte. Doch die Hiebe wurden mit so einer Wucht ausgeführt, dass sie ihnen beinahe nicht mehr standhalten konnte.
Blind vor Wut über ihre Unfähigkeit, schlug sie ins Leere. Sie schrie auf, als sie einen Klaps auf ihrem Hintern spürte.
Blitzschnell drehte sie sich um, ging in die Knie und rammte ihm den Schwertknauf in den Magen. Einen Moment starrte er sie verdutzt an. Dann lachte er und wieder kam ein Schlag nach dem anderen.
„Sie weicht!"
Kierra stellte den linken Fuß quer um einen besseren Halt zu haben. Das Schild warf sie weg. Sie musste das Schwert mit beiden Händen halten, sonst hatte sie keine Chance.
Sie parierte wieder einen Hieb und schlug ihm die Faust ins Gesicht. Er keuchte auf und wischte sich mit dem Handrücken das Blut vom Mund.
„Nicht schlecht, Keltin!"
Berauscht von dem kleinen Sieg stürmte sie auf ihn zu, doch er drehte sich um seine eigene Achse. Wieder traf sie das Schwert. Dieses Mal am Arm. Aber sie spürte, dass er sich zurück hielt. Es war nur ein kleiner Kratzer, der kaum blutete.
Sie nahm den Schwung mit und wollte ihn wieder angreifen, doch nun ging er in die Hocke, streckte ein Bein aus, so dass sie darüber stolperte und auf die Knie fiel.
Sie spürte eine Hand an ihrem Nacken und das Schwert an ihrem Hals.
„Du bist tot, Irin!", flüsterte er ihr ins Ohr.
Die Männer jubelten laut.
„Genug!", schallte es über den Hof.
Alle erstarrten und schauten zum Eingang der Burg.
Nuallan O'Lorcan stand dort, gestützt von seiner Frau.
Und er sah alles andere als erfreut aus.-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich weiß...in der letzten Zeit quatsche ich sehr viel noch am Ende. Aber ich sehe schon bildlich vor mir, wie sich einige gerade den Bauch halten vor Lachen. Wegen den Gänseblümchen! Aber das Gänseblümchen ist wirklich eine Heilpflanze und sogar die Heilpflanze des Jahres 2017. Also bitte mehr Respekt...LACH!!!!
Wie einig wissen, recherchiere ich ziemlich gründlich, wenn ich etwas wissen will. Und das Gänseblümchen stach mir sofort ins Auge. Es hilft gegen festsitzenden, schleimigen Husten und auch gegen Frühjahrsmüdigkeit. Also ich werde mir demnächst einige holen und sie mit mehr Respekt ansehen!!!
Genug Klugscheißerei! Und ganz ehrlich: ich musste auch lachen. Ich habe es auch nicht geglaubt! :-D
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Tjelvar
Historical Fiction3. Band meiner Wikinger-Reihe Als die Wikinger bei ihnen strandeten, ist Kierra sehr misstrauisch! Gerade der dunkle Wikinger, der ihr prophezeit worden war, ist nicht so, wie sie sich einen Wikinger vorgestellt hatte. Dennoch zeigt er ihr immer...