Thía Ocean
Ich war gerade einmal ein paar Tage wieder zu Hause und schon das? Eigentlich hätte ich es wissen müssen. Natürlich wäre es früher oder später einmal passiert, doch mir wäre „später“ lieber gewesen. Manchmal jedoch, kann man es sich einfach nicht aussuchen. Ich wünschte jedoch, ich hätte es früher bemerkt, dann hätte ich vielleicht noch etwas unternehmen können. Hätte sie irgendwie davon abbringen können. Doch jetzt war es zu spät. Schon hat sie die „rosarote Brille“ auf, wie ich es immer nenne. Mit Sie, meine ich meine Mom Mackenzie. Seit einer Woche ist sie auf dem „Verliebtheitstrip“. Ja, ich hätte sie womöglich davon abhalten können, wie ich es schon immer gemacht hatte. Jeden der potenziellen Männer für meine Mom hatte ich ihr vergrault. Nicht, dass ich möchte, dass sie für immer alleine bleibt, nein, aber ich hatte gehofft, dass sie sich erst verliebt, wenn ich schon aus dem Haus war. Jetzt jedoch war es zu spät, denn erst gestern hatte sie mir berichtet, dass sie einen Mann kennengelernt hatte. Zuerst hatte ich mich halb tot gelacht, doch als ich ihren ernsten Gesichtsausdruck gesehen hatte, hatte ich sofort damit aufgehört. Wieso hatte ich das nicht mitbekommen? Sonst erzählte sie mir schon immer vor einem Date von dem Mann, mit dem sie ausgehen wollte, doch diesmal war es anders. Wie sie mir erzählte, hatte sie sich schon des Öfteren mit ihm getroffen und es wurde etwas Ernstes. Auch hatte sie mir normalerweise den Mann gleich beim ersten Date vorgestellt. Meistens lief es so ab, dass ein Mann sie bei uns zu Hause abholte und Mom ließ mich dann immer zur Tür gehen, damit ich ihn schon einmal kennenlernte. Ich glaube, man kann sich vorstellen, wie geschockt ich war, als sie mir dies erzählte. Ich bin gerade einmal sechzehn Jahre alt und noch lange nicht so weit, dass ich schon ans Ausziehen denke. Nein, ich hatte noch vor, dass College zu beenden, was danach kam, wusste ich noch nicht. Man kann sich bestimmt vorstellen, wie ich jetzt hier in meinem Zimmer, meinem neuen Zimmer, da wir noch vor den Ferien umgezogen waren, sitze und darüber nachdenke, wie ich es doch noch schaffe, dass aus den beiden nichts allzu ernstes wird. Doch da meine Mom sich immer ziemlich schnell verliebt, sollte ich mir nichts vormachen. Den Plan vom ausziehen sollte ich doch vielleicht einmal hervor nehmen. Dies meine ich natürlich nicht ernst, denn mit sechzehn auszuziehen – keine Chance. Aber bevor ich weiter darüber nachdenke, sollte ich vielleicht erst einmal hier richtig ankommen. Wie schon gesagt sind meine Mom und ich vor den Ferien umgezogen. Und ich meine damit nicht, dass wir von einer kleinen Wohnung in eine größere innerhalb der Stadt Winnipeg, in der wir wohnte, umgezogen sind, nein, wir sind in die USA gezogen. Und das war echt nicht gerade das Beste, das mir hätte passieren können. Nein, ich konnte nicht wirklich Englisch, das heißt schon ein bisschen, aber das würde mir in der Schule nicht gerade helfen. Außerdem kannte ich hier auch niemanden. Aber meine Mom hatte hier einen Job bekommen und zu meinem Dad wollte ich nicht. Er hatte meine Mom damals betrogen und wohnt nun mit seiner neuen Familie am anderen Ende von Winnipeg, als wir zuvor gewohnten hatten. Ja, ist scheiße, wenn dein Dad deine Mom betrogen hatte und dann einfach eine neue Familie gründete. Deshalb wollte ich mit ihm auch jetzt nichts mit ihm zu tun haben. Aber das ist nun Jahr her. Ich bin darüber hinweg und meine Mom wie man sieht auch. Schon den ganzen Tag läuft sie lächelnd durchs Haus und putzt, damit alles sauber ist, wenn ihr „Neuer“ kommt. Ich hätte doch lieber bei Kate bleiben sollen. In den Semesterferien hatte ich sie in New York besucht. Als sie mir vor ein paar Monaten geschrieben hatte, waren wir im Umzugsstress. Ich hatte mich gewundert, dass sie sich überhaupt einmal meldet, nach dem, was alles passiert war und ich ihr Wochenlang, jeden Tag, geschrieben hatte. Ja, sie war meine beste Freundin. Schon seit wir klein waren kannten wir uns. Auch wenn ich fast zwei Jahre jünger war als sie, hatte sie das nie gestört und mich hatte das auch nie gestört, denn sie war einfach die beste Freundin, die ich hatte. Nachdem sie sich dann gemeldet hatte, hatte sie mich gebeten, sie zu besuchen. Ich ließ meinen Dad den Flug zahlen, auch wenn Kate mir angeboten hatte, dies zu übernehmen, da sie, wie sich herausstellte den wahrscheinlich heißesten Freund ganz Amerikas hatte und dieser noch dazu sehr, sehr reich war. Ich wollte gar nicht wissen, wie reich genau, aber seine Wohnung war einfach nur – WOW. Aber 1) wollte ich nicht, dass jemand anderes, den ich noch nicht einmal kannte, den Flug zahlte und 2) warum sollte mein Dad das nicht machen. Schließlich hatte er nun zwei neue Kinder, denen er alles zahlte, da sollte er auch ein bisschen Geld für mich übrig haben. Ob ich mich dabei schlecht fühlte. Nein. Sicher nicht. Sein Haus, dass ich nur einmal betreten hatte, war sehr groß und auch nicht gerade billige Möbel, also warum sollte er dann nicht auch seiner anderen Tochter etwas zahlen können? Zurück zu Kate. Eine Woche dort mit ihr und ich habe alles erfahren, was damals passiert ist. Und ich verstand zum Teil, warum sie sich nicht gemeldet hatte, jedoch hatte ich angenommen, dass sie mir alles sagen konnte. Scheinbar jedoch nicht, denn sie hatte es nicht getan. Okay, sie hatte sich auch erst Vincent geöffnet, aber ich war doch ihre beste Freundin. Naja, lange konnte ich ihr auf jeden Fall nicht böse sein und Chloe auch nicht. Wir hatten ein paar schöne Tage in New York. Aber jetzt bin ich wieder hier. In meinem noch uneingerichteten Zimmer und musste mich bald mit dem „Neuen“ meiner Mom herumschlagen. Ich hasste es hier jetzt schon. Klar, es hatte einige Vorteile hier, zum Beispiel hatte ich eine eigene Etage, ganz oben, mit eigenem Bad und auf jeden Fall war es hier in Phoenix sehr warm, doch ich vermisste Winnipeg. Ich vermisste meine Freunde und vor allem vermisste ich Christian. Meinen Zwillingsbruder. Nach der Scheidung meiner Eltern blieb er bei unserem Dad, was ich nicht verstand, jedoch blieben wir in engem Kontakt.
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Waves of the Ocean
RomanceSie muss ihn loswerden. Den neuen Freund ihrer Mutter. Doch wie stellt eine sechzehnjährige das am besten an? Nach dem Umzug von Kanada nach Arizona fühlt sich Thía Ocean alles andere als wohl. Sie musste ihre Freunde zurücklassen, die Sprache fäll...