Kapitel 12

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Ich verließ als erstes das Zimmer, doch kaum hatte ich die Tür geschlossen, erschien Luna vor mir. Vor Schreck zuckte ich zusammen - ein sehr auffälliges Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmte. Und das bemerkte auch sie, denn sie runzelte die Stirn und sah mich fragend an.
»Was hast du da drin gemacht?«
Gerade als ich antworten wollte, kam Roan heraus, und innerlich verfluchte ich alles, was mir soeben einfiel. Luna hob nur eine Augenbraue, doch auch sie konnte nichts sagen, denn Roan kam ihr mit unfreundlicher und harscher Stimme zuvor.
»Was willst du, Natblida?«, zischte er beinahe schon bedrohlich.
»Euch und Eure«, sie sah mich an, »Verbündete holen, Eure Hoheit«, gab sie verachtend zurück, und sofort machte sie auf dem Ansatz kehrt und ging davon.
Wir folgten ihr. Im Hauptraum war bereits alle versammelt und der Grounder lag schon in der Strahlenkammer. Niemanden schien es zu interessieren, warum Roan und ich so spät kamen - alle waren auf das Experiment gespannt.
»Vitalzeichen sind stark«, erklärte Abby, die an einem Monitor stand. »Jackson, versiegel die Kammer.«
Ihr Assistent ging ihrer Anweisung nach. »Er ist bereit.«
»Ja, aber sind wir es auch?«, fragte Raven und sah uns nacheinander an.
»Der Typ ist ein Monster«, meinte Emori.
»Das haben wir schon besprochen«, sagte Clarke. »Keiner von uns will das tun, aber in zehn Tagen wird uns die Todeswelle erreicht haben. Lunas Stammzellen wurden erfolgreich übertragen. Baylis stellt selbstständig Nachblut her. Das ist wirklich unsere einzige Hoffnung.«
»Diskutieren wir echt immer noch darüber?«, fragte Murphy ungeduldig. »Der schwarze Regen ist schon da. In Arkadia sind gestern achtzehn Menschen gestorben, wenn also Nachtblut dafür sorgt, dass wir darin rumlaufen können, dann möchte ich das wissen.«
Alle nickten zustimmend und Abby wandte sich an Jackson. »Mach weiter.«
»Verstanden. Es geht los.« Er drückte einige Knöpfe und drehte langsam an einem Rädchen. Die Maschine fuhr hoch und begann zu summen. »509 Rem ... 850. Ab hier sehen wir bei einem Nicht-Nachtblut Symptome.«
Clarke trat näher und beobachtete jede einzelne Änderung.
»Blutdruck ist 100 zu 50«, erklärte Abby. »Körpertemperatur beträgt 37 Grad Celcius. Körperhaltung entspannt.«
»Keine sichbaren Effekte«, meinte Clarke.
Jackson drehte mehr auf. »1000 Rem. 1500.«
»Sieht alles gut aus«, sagte Clarke.
»2000 Rem - das Niveau des schwarzen Regens.«
»Immer noch nichts. Es funktioniert.«
Ein Hoffnungsschimmer.
»2500.«
»Moment«, rief auf einmal Abby.
»Nein.« Clarke wich zurück. »Ausschalten!«
Jackson schaltete die Strahlung ab, doch da begann der Mann im Inneren bereits zu schreien. Rötungen und Ausschläge entstanden, seine Haut begann sich zu zersetzen.
»Holt ihn da raus«, befahl Abby und wollte die Kammer öffen, doch hielt Jackson sie zurück.
»Moment. Es ist noch nicht sicher.«
Blut spritzte aus dem Mund des Grounders. Er schrie vor Schmerzen und zerrte an den Fesseln und als das monotone Piepen erklang, wurde es uns noch einmal gesagt - wir waren wieder gescheitert.

»Wie ist das Wetter, Reyes?«, fragte Murphy Raven, die wie Roan und ich das Wetter über den Monitor beobachteten. »Steht die Prognose immer noch auf Tod?« Die Frau antwortete nicht, denn die Antwort war klar.
»Abby, sieh dir das an«, sagte Jackson auf einmal, der die Blutprobe des Grounders ein weiteres Mal unter dem Mikroskop beobachtete.
»Natürlich«, hauchte Abby, als sie hineinsah.
Ich richtete mich auf. »Was ist los?«
»Natriumpolyethanolsulfonat«, erklärte Jackson. »Das ist ein Zusatzstoff, um die Gerinnung zu verhindern. Sieht aus, als hätte ihn die Strahlung zerstört und eine Kettenreaktion ausgelöst.«
Clarke, die das Putzen der Strahlenkammer unterbrochen hatte, sah den Mann fragend an. »Was passiert, wenn wir ihn entfernen?«
»Wir könnten alle retten«, meinte Abby.
»Sie könnten?«, wiederholte Murphy. »Sie sagen also, dass es immer noch funktionieren kann.«
»Nicht, ohne es zu testen.«
»Der letzte Typ ist gerade schreiend vor Schmerzen gestorben und du willst es noch mal probieren?«, fragte Raven verständnislos.
Clarke wandte sich ihr zu. »Mach einen besseren Vorschlag, Raven. Bitte.«
Ich hob die Hand. »Die Idee ist gut, wirklich, aber habt ihr vielleicht daran gedacht, dass unser Versuchskaninchen tot ist?«
»Wir jagen uns einfach einen neuen«, meinte Murphy.
»Bei diesem Sturm?«, fragte Miller.
»Wir warten einfach, bis er vorbei ist.«
»Danach wird niemand mehr übrig sein, den wir jagen können«, erwiderte Roan.
»Jemanden jagen, um ihn zu töten«, sagte Luna. »Was ist nur los mit euch? Selbst Baylis hat die Toten geehrt.«
Verwundert runzelte ich die Stirn. »Wie meinst du das?«
Sie hob eine Kette hoch. »Er trug die Steinen seiner Vorfahren. Wer wird ihn ehren?«
Genau wie ich schien Clarke zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. »Moment. Baylis war ein Sangedakru.«
Emori trat hinter Murphy hervor. »Das war er. Ein Dieb war er ebenfalls. Wahrscheinlich hat er diese Steine gestohlen.«
»Was soll ein Sangedakru mit einem Andenken an Vorfahren, die nicht mal die seinen sind?«, gab ich besserwissend zurück.
Emori zuckte mit den Achseln.
»Ein Dieb, der nicht einmal das Zeichen der Sangedakru trägt«, warf auch Roan verwundert ein.
Allmählich verstand Clarke. »Das war nicht Baylis, oder?«
»Komm schon, Clarke. Das ist verrückt. Klar -«, begann Murphy, wurde jedoch sogleich unterbrochen.
»Wen haben wir gerade umgebracht?«, verlangte die blonde Frau augenblicklich zu wissen.
Da rannte Emori los und wollte mit einem Ständer die Strahlenkammer zerschlagen, doch konnte Roan sie glücklicherweise noch aufhalten.
»John, schalt die Maschine aus!«, rief sie.
Murphy setzte sich in Bewegung, doch zielte Miller mit der Waffe auf ihn.
»Mach nichts Dummes, Murphy«, wies er an.
»Sieht aus, als wüssten wir, wer der Nächste ist«, sagte Roan.
Wir sperrten Murphy und Emori in dem Raum ein, in welchem die Rakte stand. Der Mann schrie lauthals und versuchte Raven zu überzeugen, dass wir falsch lagen, doch niemand schien wirklich dazu hingezogen, ihnen zu helfen oder zu befreien.
»Bitte sagt mir, dass ihr nicht wirklich darüber nachdenkt, Emori in diese Kammer zu stecken«, sagte Raven, als die Türen verschlossen und somit das Sichtfeld auf Murphy und Emori verdeckt war.
Clarke und Abby sahen sie mit einem vielsagenden Blick an - die Antwort stand fest -, doch dann wandte sich die junge blonde Frau verzweifelt an ihre Mutter. »Mum, ich weißt nicht, was wir sonst tun sollen.«
»Wir können nichts anderes tun«, meinte Roan. »Wir alle wissen das.«
Raven wandte sich wieder an Abby. »Es muss etwas geben, was uns nicht zu Mördern macht.«
»Jackson und ich haben jede Möglichkeit untersucht. Und das Einzige, was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass, wenn wir es nicht tun, wir sterben.«
Betretendes Schweigen erfüllte den Raum.
»Jackson, bereite Luna für die nächste Entnahme vor«, bat Abby.
»Nein«, sagte Luna sofort, als Jackson sich aufgerichtet hatte. »Du hast genug genommen.«
Abby wandte sich an sie. »Luna, es ist okay. Wir werden dich betäuben.«
»Ich sagte nein.« Sie erhob sich. »Ich werde nicht zulassen, dass mein Blit weitere unschuldige Menschen tötet.«
»Luna, bitte«, flehte Clarke. »Dein Blut ist das, was uns rettet.«
»Mein Blut ist ein Fluch«, entgegnete Luna. »Es wird dich jedoch davon abhalten, mir in den Regen nachzulaufen.« Sie trat an Clarke vorbei.
»Luna, das kannst du nicht. Nicht mit dieser Hüfte«, meinte Abby.
Und tatsächlich - die Frau humpelte wirklich, wie mir erst jetzt auffiel.
Roan stellte sich ihr in den Weg und ich konnte nicht einmal vorher ahnen, wie das ausgehen würde.
»Wir können nicht zulassen, dass du gehst.«
»Wir brauchen dich, Luna«, sagte auch Clarke.
Luna wandte sich ihr zu. »Gibt es keine Grenzen, die du nicht überschreiten würdest, um zu überleben?«
»Überleben erfordert Opfer«, meinte Roan. »Wenn die Mutantin stirbt -«
»Nennt sie nicht so!«, unterbrach Raven ihn scharf.
»Wenn sie stirbt, um die Welt zu retten, dann ist das ein guter Tod.«
»Luna, bitte«, flehte Clarke ein weiteres Mal.
»Du bist verletzt«, meinte Roan. »Und ich will nicht gegen dich kämpfen.«
»Du hast keine Wahl. Erinnerst du dich?«, zischte das Nachtblut.
Erst schien es so, als würde sie sich abwenden, doch dann trat sie Roan mit voller Wucht in den Bauch, so dass er rücklings gegen einen Medizintisch stieß und mit ihm zu Boden stürzte. Luna keuchte vor Schmerzen auf, und bevor Roan sich erhoben hatte und sie angriff, ging ich dazwischen. Ich packte sie an den Armen und wollte sie festhalten, doch schlug sie ihren Kopf nach hinten.
Augenblicklich durchzog ein brennender Schmerz mein Gesicht und reflexiv ließ ich sie los und taumelte benommen nach hinten. Während Roan sich auf Luna stürzte, hielt ich mir die Nase. Als ich die Hand zurückzog, klebte mein warmes dunkles Blut an meinen Finger, und sofort wandte ich mich ab.
Roan drückte Luna die Luft ab, so dass sie ohnmächtig zu Boden sank. Clarke lief besorgt auf mich zu und ich hatte Mühe, meine Wunde vor ihr zu verstecken. Oder eher - mein Blut.
»Ist sie gebrochen?«, wollte die blonde Frau wissen.
»Nein, nein«, sagte ich schnell. »Alles okay. Ich kümmer mich selbst drum.« Hastig rannte ich die Stufen der Treppe hoch und verschwand in einem der Nebenräume.

1456 Wörter

Die Katze meiner Schwester hat mich gekratzt, weil in dem Moment ein Umzug vorbeigelaufen ist -.- und ich muss gleich los zu 'nem Auftritt.

Radioactive || The 100 Staffel 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt