Kapitel 3

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Könnte es denn noch schlimmer kommen?
Die Wohnung unter mir war schon einige Zeit leer, scheinbar ist jemand dort eingezogen und dieser jemand war dieser Mann.
In Gedanken versunken stehe ich da und sehe nach oben, als ob ich auf eine Gabe vom Himmel warte.

Eine zarte Hand, die mich am Arm tätschelt, lässt mich zusammen fahren.
Meine Nachbarin, eine liebreizende ältere Dame aus dem Erdgeschoss, lächelt mich zuckersüß an: "Hallo, Liebes, genießt du das schöne Wetter? In diesem Outfit." Sie verdreht gespielt die Augen, ihr grinsen wird dabei breiter.

Ach ja, ich trage immer noch die Sachen vom Vorabend. Ein sehr luftiges und freizügiges Top, welches nur halbherzig meinen BH verdeckt, mein Dekolleté kommt dabei richtig schön zur Geltung und eine enge Jeans mit modischen Schlitzen an den Knien rundet das ganze ab.

"Hallo, Gerti", ich erwidere ihr Lächeln, "und ja, ich weiß, die Jugend von heute" und stimme in ihr leises Lachen mit ein. "Komm, hilf mir die Einkäufe rein zu tragen." Ich schnappe mir eine der größeren Taschen und folge ihr. Gertrud, die liebevoll Gerti genannt wird, lebt schon immer hier. Ich selbst wohne schon knapp 8 Jahre in der obersten Etage.

"Nora, stell die Sachen einfach auf dem Küchentisch ab, ich sortiere sie gleich ein." Ihre Küche ist recht winzig und es steht gerade mal ein kleiner Tisch und ein Stuhl darin, weil einfach kein Platz mehr bleibt, um sich sonst noch umdrehen zu können, wie sie noch hier drin kochen kann, ist mir ein Rätsel. Aber wie sie kochen kann, ich hatte schon öfters das Vergnügen davon zu kosten. Manchmal fängt sie mich ab, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, so, als ob sie am Fenster nach mir lauert. Oft hält sie mir dann ein prall gefülltes Lunch-Paket hin "damit ich nicht von den Knochen falle." Das stelle ich mir immer sehr lustig vor. Sehr schlank bin ich tatsächlich, was ich aber schon immer war.

Gerti geht ins Wohnzimmer und setzt sich erschöpft in ihren schönen, großen Ohrensessel. Die warme Sommerzeit setzt ihr immer etwas zu. Ich stehe im Durchgang, lehne mich an den Türrahmen und beobachtete sie besorgt.

Sie winkt ab: "Nun sieh mich nicht so an, wenn ich so angesehen werden möchte, dann rufe ich meine Tochter an und bitte sie mich zu besuchen."
Ich lächle ihr zu und gehe an sie heran. Um das Thema zu wechseln frage ich sie: "warum habe ich von unserem neuen Nachbarn noch nichts gehört, der unter mir eingezogen ist?" Ich stemme meine Hände in die Hüfte und tippe mit meinem Fuß auf und ab. Wenn einer über alles genausten Bescheid wusste, dann war sie das.

The Master PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt