Ich saß zuhause, also bei Onkel Måns zu Hause, auf dem Balkon, und schaute mir Stockholm bei Nacht an.
Wie sehr ich diese Stadt liebte! Die bunten Häuser, die Nähe zum Meer, die Lichter in der Dunkelheit... und es war immrt was los!
Ich sah im Augenwinkel, dass sich mein Lieblingsonkel neben mir auf der Bank niederließ. Fragend schaute ich ihn an. Als ich in seine Augen sah, wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Sie glänzten verräterisch. Hatte er etwa geweint? „Was ist los?", fragte ich ihn deshalb leise. Er schluckte und erklärte mir nach längerem Zögern, dass es einen Flugzeugabsturz über dem Atlantik gegeben hatte. Und das meine Mutter ein Passagier besagter Maschine gewesen sei! Stockend und, soweit es die Situation zuließ, schonend erzählte er mir das. Aber was war daran schon schonend? Meine Mutter war tot!
Fassungslos saß ich da, und wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen. Das konnte doch nicht wahr sein! Das konnte nicht die Wirklichkeit sein! Sicher würde ich gleich in meinem Bett aufwachen und erleichtert feststellen, dass es nur ein böser Traum gewesen ist. Ich versuchte irgendwie, mit dem Chaos in mir drinnen umzugehen. Nichts, in dem ich gut war. Doch was blieb mir anderes übrig?
Ich weiß nicht, wie lange ich so dasaß. Ich glaube, Måns ist dann irgendwann gegangen.
Nach gefühlten Stunden ging auch ich schließlich, von Trauer und Schmerz erfüllt, in die Wohnung zurück.Das ist mittlerweile schon einen ganzen Monat her. Einen Monat voller Einsamkeit. Ein Monat, in dem ich mich einfach leer fühlte. Leer und kalt.
Inzwischen wurde meine Mutter auf dem Kyrkogården, dem Friedhof in Kiruna, beerdigt. Sie wollte das so, denn sie wurde in Kiruna geboren. Kiruna, das war eine Kleinstadt ganz im Norden Schwedens. Um genau zu sein, war es sogar die nördlichste Stadt in ganz Schweden. Es gab dort nichts besonderes oder aufregendes, nur eine große Mine. Aber Polarlichter konnte man dort gut im Winter beobachten. Früher hatten wir das ab und zu mal im Winter gemacht. Früher sind wir im Sommer auch hin- und wieder Zelten gegangen. Am schönsten fand ich es dafür immer in Småland. Oder Norwegen.
Doch all das, würden wir nie wieder tun. Es war unglaublich schwer für mich, diese Endgültigkeit zu begreifen.Das ist inzwischen zwei Wochen her. Und heute steht eine Frau, die nach eigener Aussage beim Jugendamt arbeitet, vor unserer Tür.
Nachdem sie meinem Onkel und mir ihr Beileid versichert hat, erfahren wir zu meinem Schrecken, dass durch Nora Johanssons Tod, also den meiner Mutter, dass Abkommen zwischen ihr und Måns nicht länger gültig sei. Um es kurz zu fassen: Ich sollte aus meinem heiß geliebten Stockholm weg, ja sogar aus Schweden, um zu meinem Zwillingsbruder und unserem Vater nach Deutschland zu ziehen. Genauer gesagt in einen Stadtteil von München, nämlich nach Grünwald.
Nicht, das ich es nicht toll fände, nach drei Jahren meinen Zwilling wieder zusehen, aber zum einem wollte ich hier wirklich nicht weg und zum anderem habe ich in den vergangenen drei Jahren, da meine Mutter den Kontakt zu Papa und Markus abgebrochen hatte, meine Deutschkenntnisse kaum benötigt. Und ich bezweifelt, dass ich diese Sprache noch ausreichend beherrschte. Auch, wenn Schwedisch und Deutsch durchaus Gemeinsamkeiten aufweisten.
Mal ganz davon abgesehen, dass ich dort, außer den zwei bereits genannten Personen, niemanden kannte, was die Sachlage nicht gerade verbesserte! Aber eine Wahl hatte ich eh nicht. Also hießes Koffer packen, und auf nach Grünwald!
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Tess und der Beginn ihres wilden Lebens (DWK FF)
FanfictionTess ist ein Freigeist, liebt Fußball und kann mit anderen Mädchen seltenst etwas anfangen. Als sie zu ihrem Vater nach Grünwald zieht, und somit auch zu ihrem Zwillingsbruder, den sie seit ihrem achten Lebensjahr nicht mehr gesehen hat, nachdem ihr...