Von Konservendosen zu einer ehrlichen WG

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Was machte sie da? Wollte sie etwa, dass er seine Geschichte mit einer völlig Unbekannten teilte? Andererseits, vielleicht besser als sich jemandem anzuvertrauen, zu dem er eine zu enge Bindung aufgebaut hatte. Außerdem schien sie ihm von Anfang an wirklich sympathisch zu sein. "I...ich bin Timon, oder Klengan, wie mich manche nennen." Sie streckte ihm die Hand entgegen. "Also, ich hoffe es ist nicht schlimm dass ich jetzt einfach so hier sitze, aber ich wollte wissen, ob ich irgendwie helfen kann, und die beste Hilfe bei sowas ist erstmal, sich auszusprechen. Also, nur wenn du willst." "Naja, warum nicht, was hab ich schon zu verlieren" murmelte Klengan, eher zu sich als zu Lenya. "Also. Ich habe das schon mal versucht, vor etwa Fünf Jahren, da hatte ich ungewollt meine Jungfräulichkeit an ein Mädchen meiner Klasse und meine Mutter verloren" begann er nun doch etwas ehrlicher als anfangs gewollt. "Und ich bin im Krankenhaus wieder aufgewacht, weil mich da auch jemand gefunden hatte. Naja nach einigen Monaten hatte ich das ganze auch wieder verdrängt, aber jetzt ist der Wunsch zu sterben noch größer, denn...", er schluckte, und fuhr dann fort: "Mein Vater hat mich sozusagen dazu aufgefordert." "Bitte WAS?" entsetzt wurde er von Lenya angestarrt. "Aber warum das denn?". Da er nun eh so ehrlich gewesen ist, konnte er es ja jetzt auch sein. Er bezweifelte, dass Lenya etwas dagegen hatte. " Ich habe ihm heute meinen festen Freund vorgestellt, und er ist eben etwas... Konservativ, du weißt schon. Und dann hat er mir erst die Nase blutig geschlagen und sich danach an meinen Freund gewendet, aber der hat es abgewehrt, und wir sind danach so schnell es ging aus der Wohnung in ein Hotel gegangen, weil er wohnt halt in Regensburg. Und naja, mein Vater hat halt noch hinterher gerufen dass alle homosexuellen der Welt einen Gefallen tun würden, wenn sie Suizid begehen würden und naja..." "Da hast du dir gedacht, na dann hör ich auf den alten Deppen?" sie schaute ihn an, scheinbar gespannt wie Klengan das aufnehmen würde. Der sarkastische Kommentar war ihr aus Versehen über die Lippen gerutscht. Doch zu ihrem Glück musste Timon schmunzeln. "Schon... Obwohl ich eher selbst daran gezweifelt hab, ob es wirklich richtig ist." "Hör mal, Timon, ist das was du für deinen Freund verspürst, richtige Liebe?" er nickte leise. "Na dann kann es nichts falsches sein! Meine Mutter hatte damals nach meinem coming out gesagt, Gott hat die Liebe nicht erschaffen, er hat sie uns geschenkt, und wir sollten mit diesem Geschenk möglichst verschwenderisch umgehen, egal an wen. Um ehrlich zu sein hab ich den christlichen Glauben schon lange abgelegt, aber er hat doch einige Spuren hinterlassen." Timon lächelte. So ähnlich hatte seine Mutter auch reagiert. Trotzdem, ein Problem hatte er immer noch. Als könnte sie Gedanken lesen, fragte Lenya ihn in etwa dem selben Moment, in dem er das dachte: "Ich nehme an jetzt fehlt dir eine Unterkunft, immerhin bist du in Köln ausgezogen, und Wohnungen sind hier nicht gerade billig. Außerdem studierst du wahrscheinlich noch, oder?" er nickte. "Na, da trifft sich's ja gut dass ich gerade noch einen Mitbewohner suche!"

When I first saw you #Kleider (Klengan + der Heider)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt