When I first saw you #Kleider (Klengan + der Heider)

Lisa

Er atmete tief ein und wieder aus. Damals hatte er sich geschworen, es nie wieder zu tun oder nur daran zu denken, aber er war nicht in so einer Situation gewesen wie jetzt. Monatelang hatte er gebraucht, um davon weg zu kommen, und die Narben überschminkte er täglich. Außerdem war er ein Fan von Pullis. Dass Flo es doch so auch nicht bemerkt hatte, und das obwohl er ihm mehrmals so nahe gewesen war, dass er alles an seinem Körper bemerkt haben könnte, war ungewöhnlich, doch die Narben blieben unentdeckt. Umso besser. Außerdem würde er es ja auch nicht oft machen müssen, die Situation war eine ganz andere.
*Flashback*
Er rannte. Wollte nur noch weg von seinem Zuhause. Niemand folgte ihm. War auch besser so. Der Tag war einfach zu viel für ihn gewesen. Warum hatte Lisa ihm das angetan? Sie wusste doch, dass er auf Männer stand! Und doch hatte sie ihn vollkommen überrumpelt, und in die nächste dunkle Gasse geschleppt, von denen es in dieser Ecke Kölns allzu viele gab. Und was sie dann mit ihm getan hatte... Er versuchte nicht daran zu denken. Allein bei dem Gedanken daran wurde ihm schlecht. Und er hatte es nicht einmal geschafft, sich gescheit zu wehren! Dabei war er doch einer der größten der gesamten Zehnten Klassenstufe! Aber es ging alles zu schnell. Was hätte er tun sollen, um Hilfe rufen? Niemand hätte ihm geglaubt, es war viel zu unwahrscheinlich und unrealistisch dass es jemals einen pubertierenden Jungen geben sollte, der von einem Mädchen 'vergewaltigt' wurde. Und als er dann traumatisiert nach Hause gekommen war und bei seiner Mutter Schutz suchen wollte, war er auch noch in einen Ehestreit hineingeraten. Aber nicht so einer, wie ihn seine Eltern schon öfters hatten, nein. Dieser fühlte sich viel schlimmer an. Er hatte die beiden noch nie dabei gesehen wie sie sich so angeschrien hatten. Wie sie sich hasserfüllt in die Augen gesehen hatten, sein Vater seine Mutter schließlich als Nutte bezeichnete, schlug, und sie aus der Wohnung stürmte, mit den Worten, nie wiederzukommen. Das hatte sie schon oft behauptet, aber etwas in ihrer Stimme sagte ihm, dass sie es diesmal ernst meinte. Er selbst war noch einige Sekunden fassungslos in der Tür gestanden, bis er schließlich auch los lief. Die Treppen runter, und dann einfach weg. Warum hatte sie ihn nicht mitgenommen? Seine Beine trugen ihn schließlich zu DM. Leicht zitternd griff er dort nach Rasierklingen. Geld hatte er glücklicherweise dabei. Dann hatte er sich an den Rhein gesetzt, auf das Wasser geschaut und nachgedacht. Er hätte einen Brief schreiben können, aber an wen denn? Seufzend packte er die erste Klinge aus. Sie glänzte schon in dem Licht der untergehenden Sonne. Er musste weinen. Wenn das das letzte war, was er sehen sollte, so war es doch etwas schönes, nach all dem was er an diesem einzigen Tag alles erlebt hatte. Er setzte an seinem linken Arm an, atmete tief durch, und zog. Es tat nicht weh, brannte nur beim rausholen der Klinge. Es klaffe ziemlich, und schon fing das Blut an, seinen Arm runterzulaufen. An diesem warmen Sommertag schien es seinem Arm gut zu tun. Es kühlte, wie Wasser, nur besser. Er merkte wie es ihm schwindelig wurde. Zufrieden lächelte er, es war ein sauberer Schnitt gewesen. Da hörte er wie aus dem off eine leise Stimme. "Was machen sie da, kann ich ihnen helfen?" jemand  packte ihn von hinten und er merkte nur, wie ein paar Tasten eines Handys piepten, dann war es schon alles schwarz.