Das Geheimnis der Heulenden Hütte

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MÄRZ 1974

Es war kurz vor der Sperrstunde und ich saß noch in der Eulerei, Lucy auf meiner Schulter. Ana war bereits in den Gemeinschaftsraum gegangen. Gedankenverloren strich ich meiner Eule über das Gefieder und stand auf. Es war wirklich schon ganzschön spät und morgen ist wieder Schule. Mit leisen Schritten ging ich zu einem der Fenster der Eulerei um Lucy auf ihren allnächtlichen Jagdflug zu entlassen. Gerade als das Tier meinen Arm verlassen hatte und sich hinauf in die Lüfte schwang, hörte ich ein leises, heiseres Bellen. Verwundert sah ich auf den Grund und scannte mit meinen - ziemlich scharfen - Augen den Boden. Dort lief ein schwarzer Hund, der von meiner Warte aus aussah, als wäre er nicht größer als eine Ameise. Sicherlich hatte Hagrid sich ein neues Haustier zugelegt. Kopfschüttelnd wandte ich mich ab (Wie konnte man Tiere - und vor allem Monster - nur so sehr lieben?), als ich aus dem Augenwinkel noch eine Bewegung wahrnahm. Dort, in direkter Nähe zu dem Hund liefen drei Gestalten. Sie traten aus dem Schatten und liefen direkt durch einen Streifen hellen, silbernen Mondlichtes, das von dem prallen Vollmond, der am Himmel hing, auf die Gründe von Hogwarts geworfen wurde. Mir stockte der Atem. Ich kannte diese Personen. Potter, Lupin und Pettigrew. Ziemlich eindeutig. Aber wo ist Black? Es erschien mir unwahrscheinlich, dass sich ausgerechnet diese Drei ohne Black Nachsitzen eingehandelt hatten. Und außerdem: Wenn sie wirklich nachsitzen sollten, warum hatte Hagrid dann seinen Hund geschickt, war aber nicht selber gekommen. Die Sache stank doch zum Himmel. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend beobachtete ich diese drei Personen, wie sie schnell über den Rasen rannten. Anstatt wie von mir erwartet den Weg zu Hagrids Hütte einzuschlagen, nahmen sie einen anderen Weg und liefen direkt auf die - ich konnte es kaum glauben - peitschende Weide zu. Was hatten sie vor? Irgendwecher Unsinn? Bestimmt. Das Geschehen nahm mich voll und ganz in seinen Bann, mein Interesse war geweckt. Neugierig sog ich jeden Augenblick in mir auf. Vielleicht konnte ich mich ja jetzt endlich für die gemeinen Streiche, die sie mir in den letzten Jahren gespielt hatten, rächen. Ich wusste genau, warum sie das taten. Und ich fand es albern. Lily hatte James immer wieder ganz eindeutig gesagt, dass sie nichts mit ihm zu tun haben will und er muss endlich einsehen, dass sie mich eben doch mehr mag, als ihn. Lily... Ich seufzte. Der bloße Gedanke an ihr Lächeln brachte die Schmetterlinge in meinem Bauch dazu, wie wild herumzufliegen. Sie war wirklich das schönste Mädchen, dass ich je gesehen hatte. Als die kleine Gruppe in einem kleinen Abstand zu dem Baum stehen blieb, schreckte ich aus meinen Gedanken. Sie waren inzwischen ein wenig weiter weg und ich musste mich anstrengen, um etwas zu erkennen. Es reichte gerade noch aus, um zu erkennen, dass eine der Gestalten, Lupin glaube ich, ziemlich ungestüm war. Potter klammerte sich an den Arm seines Freundes und der Hund leckte ihm beruhigend über das Bein. Lupin zitterte ziemlich heftig. Was ging hier vor? Und meine Sehkraft reichte auch aus, um zu erkennen, wie Pettigrew immer mehr schrumpfte, bis er schließlich verschwand. Ich rieb meine Augen, nur um sicher zu sein, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Er war tatsächlich weg. Dann bellte der Hund erneut und ein winziger, kaum erkennbarer Schatten huschte über den Boden auf die Weide zu. Diese erwachte schlagartig zum Leben und schlug mit ihren langen Ästen nach der Gruppe, die noch immer knapp außerhalb der Reichweite des Baumes stand. Ich hielt den Atem an. Ich war mir sicher, hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu und ich bin mir ebenfalls sicher, dass ich das hier nicht sehen sollte. Und trotzdem konnte ich den Blick nicht abwenden. Die Weide stoppte. Anscheinend war sie der Auffassung, dass niemand sie mehr störte. Der Hund bellte erneut und zog Lupin am Bein, der kaum noch in der Lage war, vorwärts zu gehen. Einmal wäre er fast gefallen, wenn Potter ihn nicht aufgefanfgen hatte. Vorsichtig gingen sie näher auf die Weide zu. Diese regte sich nicht. Wie hatten sie das angestellt? Die Weide war normalerweise ziemlich unberechenbar. Sie gelangten unbehelligt bis zum Stamm und ließen sich nieder. Dann verschwanden sie einer nach dem anderen - erst Potter, dann Lupin, dann der Hund - im Stamm der peitschenden Weide, die sich noch immer nicht regte. Was hatte ich da gerade beobachtet? Sollte ich das vielleicht jemandem melden? Oder aber ich gehen ihnen selber hinterher. Ich dachte an die vielen Male, bei denen die Gruppe mich schikaniert und bedroht hatte. Jetzt war meine Chance, es ihnen heimzuzahlen. Mit vor Entschlossenheit grimmiger Miene drehte ich mich um und verließ mit sicheren Schritten die Eulerei.

Severus Snape - Schurke oder HeiligerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt