ALIÉNORSummend und vollkommen in Gedanken versunken schwebte ich schon fast über die große Terrasse hinein in unserer kleines Schlösschen.
Mein Tagebuch fest umklammert öffnete in die Tür zum großen Hauptflur im Erdgeschoss und gelang somit in den großen Gemeinschaftsraum, wo sich wie gewohnt meine Familie aufhielt. Meine ältere Schwester Brienne saß mit zwei Häkelnadeln und einem Stück Stoff, der einer halben Mütze glich, in der Hand in einem Sessel und blickte auf, nachdem ich den Raum betreten hatte.
„Aliénor", sprach sie lächelnd und legte ihre gehäkelte Kopfbedeckung beiseite, um mich in die Arme zu schließen. „Ich habe dich heute noch gar nicht gesehen, Maman erzählte mir, dass du schon früh aufgestanden wärst um etwas frische Luft zu schnappen."
„Stimmt, ich bin heute Morgen aufgewacht und sofort kamen mir tausend Sachen in den Sinn", nickte ich eifrig und ließ mich neben sie in einen weiteren Sessel fallen.
„Ach, Aliénor", seufzte sie lächelnd und nahm ihre Häkelnadel wieder zur Hand. „Ich werde dich wohl nie verstehen... wie kannst du nur jeden Tag so viel in der Gegend umher rennen und dich trotzdem nicht verlaufen?"
„Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung", erwiderte ich ehrlich. „Ich schätze mal, dass ich das von Papa habe. Er hat ebenfalls einen exzellenten Orientierungssinn, den er wohl an mich vererbt hat."
„Das muss es sein", erwiderte sie. „Ich kann mir mich kaum in der Natur vorstellen... wenn ich durch Felder laufe, muss ich aufgrund der Gräser durchgängig niesen. Im Wald verlaufe ich mich - wie schon gesagt - ständig, vor hohen Bergen oder tiefen Seen fürchte ich mich gar, und-" Sie verstummte, als unser Hauptdiener Alexandre hineinkam. Ihre Wangen nahmen einen leichten Rotton an, während dieser sich kurz verbeugte und sich anschließend an meine Schwester wandte.
„Eure verehrte Frau Maman wünscht Euch zu sehen, Prinzessin Marie Brienne. Sie sagt, es wäre sehr wichtig", teilte er ihr höflich mit.
Der Südfranzose war ein freundlicher Gehilfe meines Vaters, der Ende zwanzig Jahre alt war und - wie ich nach einem Gespräch zwischen ihm und Nicolás, einem Angestellten aus der Küche erfahren hatte - über meine Ohren in meine ältere Schwester verliebt.
Jedoch schien diese seine netten Gesten, seine Geschenke, die er ihr unter anonymen Absender jede Woche aufs Neue gab und seine Komplimente nicht so richtig wahrzunehmen. Natürlich war Alexandre klar, dass eine Beziehung zwischen den beiden niemals zu Stande kommen könnte, aber ich fand die beiden insgeheim trotzdem süß.„Ich komme gleich", antwortete Brienne ebenfalls mit einem Lächeln im Gesicht. „Sagen Sie Ihr, dass ich in fünf Minuten da bin."
„Es tut mir aufrichtig leid, Prinzessin, doch Eure Maman, die Herzogin, verlangte Euch unverzüglich zu sehen", fügte er nach ihrer Antwort hinzu und ein leichtes Rot zierte seine Wangen, als sein Schwarm ihn nachdenklich beäugte.
Am liebsten hätte ich kurz gekichert, doch ich verkniff es mir schließlich doch.
„Oh, ich verstehe", fand sie schließlich ihre Stimme wieder und nickte daraufhin. „Dann komme ich natürlich sofort." Sie verpackte ihre Häkelsachen in einer kleinen mit hellblauen Blümchen verzierten Kiste und umarmte mich noch einmal kurz, bevor sie mit Alexandre das Zimmer verließ.
Nachdem ich den beiden noch schmunzelnd hinterher gesehen hatte, zog ich überlegend ich meine Stirn kraus.Was könnte so wichtig sein, dass meine Mutter Brienne nun sofort sehen wollte? Hier in Valençay ging alles normalerweise sehr ruhig zu; da musste schon eine wirklich wichtige Nachricht eingetroffen sein, dass Maman so aufgeregt war...
~*~
„Maman!", brüllte meine kleine Schwester Marie-Christine, die einem kleinen, dicken Engelchen mit goldenen Löckchen glich, und haute mit ihren kleinen Fäustchen auf den dunklen Ebenholztisch, während wir unser Abendessen verspeisten. Lächelnd nahm ich einen Schluck von meinem Rotwein und sah zu, wie meine Mutter meiner eineinhalb Jahre alten Schwester ihren Mund abwischte und einen kleinen Kuss auf den Scheitel platzierte.
„Alles gut, Mariechen", flüsterte sie und augenblicklich hörte sie auf zu schreien und man konnte das Gerede der anderen wieder blendend verstehen.
„Schlimmer als unsere Aliénor damals", bemerkte mein Vater glucksend, worauf ich nur grinsend die Augen verdrehte.
„Ich bin mir sicher, dass du auch damals alles zusammengeschrien hast, Louis", erwiderte meine Mutter darauf und lachte, bis ihr wohl etwas in denn Sinn zu kommen schien. Sie verstummte für einige Zeit, in der einige am Tisch sie fragen anblickten, bevor sie erneut begann zu grinsen.
„Ich hätte es fast vergessen: Es gibt eine große Neuigkeit", sprach sie etwas lauter, damit auch meine anderen Geschwister, welche am anderen Ende des Tisches saßen sie hören konnten.
Brienne, die die ganze Zeit nur schmunzelnd ihren Braten gegessen und ab und zu mit Charles, der sich mit meinem Vater unterhielt, ein paar Worte gewechselt hatte, war augenblicklich still und ihre ganze Aufmerksamkeit galt meiner Mutter. Auch meine zwei zwölf Jahre alten Zwillingsbrüder Laurent und Louis und meine sechs Jahre alte Schwester Pauline verstummten schließlich.
Angespannt blickte ich zu meiner Mutter, die anfing, uns die Neuigkeit zu berichten...
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PRINCESS OF ROSES ᵗᵉⁱˡ ᵉⁱⁿˢ
Historical Fiction❀ 𝐅𝐑𝐀𝐍𝐊𝐑𝐄𝐈𝐂𝐇 ─ 1817 Eine freiheitsliebende Prinzessin, die stets sagt, was sie denkt, und an das Gute im Menschen glaubt, trifft bei einem Ausritt einige Tage vor der Verlobung ihrer älteren Schwester einen mysteriös...