Kapitel 18 ❀ excursion avec lui

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ALIÉNOR

Ich schlief schlecht. Der gestrige Abend hatte mich verwirrt und als ich am nächsten Morgen durch das Geräusch von Stein auf Glas aufwachte, hatte ich wenig Lust auszustehen. Gähnend quälte ich mich aus dem Bett und schlurfte zum Fenster, von wo das Geräusch kam.

Langsam zog ich die samten Gardinen zur Seite und verschaffte vor somit einen Überblick davon, wer die kleinen, grauen Kieselsteine, die auf dem Balkonboden lagen, gegen mein Fenster geworfen hatte.

Unten stand Rafael, der grinsend mit ein-zwei Steinchen in der Hand zu mir hochblickte, und nach seinen Mundbewegungen zu urteilen meinen Namen rief. Kopfschüttelnd trat ich auf den Balkon hinaus und beugte mich leicht über das Geländer. „Rafael?"

„Guten Morgen, Aliénor! Die Wachen haben mich nicht zu dir reingelassen, deswegen dachte ich, ich probier's mal so."
Schmunzelnd über seine Ideen gähnte ich erneut. „Was hast du denn vor?"

„Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du Lust auf einen Ausflug mit mir hast. In das benachbarte Dorf." Er senkte seine Stimme. „Alleine natürlich."

„Du bist verrückt", entgegnete ich grinsend. „Aber gut, ich mache mich kurz fertig; anschließend komme ich runter. Wir treffen uns bei Jacques."
Gutgelaunt schloss ich die Tür zum Balkon und suchte mir ein passendes Kleid heraus, welches ich mir schnell überzog, nachdem ich meine Haare gebürstet, mich gewaschen und mich etwas geschminkt hatte; und schlüpfte in meine schwarzen, knöchelhohen Stiefel, ehe ich mich heimlich und ohne zu frühstücken aus dem Schloss schlich.


~*~

RAFAEL

Es war ein Traum, die Zeit mit Aliénor an so einem herrlichen Tag zu verbringen. Noch aufregender war es außerdem dadurch, da die Anderen keine Ahnung davon hatten. Sie würden denken, sie sei zu ihrer jahrelangen Freundin Emilie de Polignac, die in der Umgebung wohnte, gefahren.

Für unseren Ausflug hatten wir vorerst unsere Pferde aus dem Stall geholt und waren nebeneinander durch den Wald geritten, während sie mir alle Ecken der mir nur noch vage bekannten Umgebung gezeigt hatte. Hand in Hand waren wir dann durch das benachbarte Dorf gewandert, ohne jemanden zu erzählen, wer wir wirklich waren.
Zwar wusste hier wohl nahezu jeder, dass Aliénor die Prinzessin war, doch selbstverständlich spielte hier jedermann im Dorf mit. Sowieso waren die meisten Bürger hier an ihre Offenheit gewöhnt.

Ich konnte ihr förmlich ansehen, wie sehr sie es erneut genoss, sich hier nicht wie eine Prinzessin benehmen zu müssen und einfach sie selbst sein zu können.

Als wir schließlich in einem kleinen Café ankamen, zogen wir uns in eine kleine, gemütliche Ecke zurück und bestellten eine kleine Quiche, die wir anschließend zusammen verspeisten.

„Weißt du, wie glücklich du mich nur mit diesem Ausflug machst?", fragte sie nach einiger Zeit und stützte ihren Kopf auf den Händen ab.

„Ich kann es mir vorstellen", erwiderte ich lächelnd. Das war eines der vielen Dinge, die ich an ihr liebte. Sie brauchte nicht viel Prunk wie teuren Schmunk, ein großes Schloss und Ansehen, um glücklich zu sein. Die einzigen Dinge, die sie benötigte, waren Spaß und Freiheit im Leben. Dazu kamen ihre bürgerlichen Tugenden wie Reinheit, Herzlichkeit und Offenheit, die man nur selten in ihren Kreisen fand.

„Manchmal wünschte ich, ich wäre gar keine Prinzessin", gab sie seufzend zu. „Keine Verpflichtungen, kein ewiges Benehmen und nicht den ganzen Tag in einem goldenen Käfig eingeschlossen sein."

„Deine Position hat aber auch seine gute Seiten", warf ich ein, nachdem ich das letzte Stück des Kuchens verdrückt hatte. „Du hast keine Geldprobleme, alle lieben dich... Und zudem lassen dir deine Eltern doch recht viele Freiheiten, nicht?"

PRINCESS OF ROSES  ᵗᵉⁱˡ ᵉⁱⁿˢWo Geschichten leben. Entdecke jetzt