ALIÉNORIn den letzten zwei Tagen hatte ich kaum jemanden zu Gesicht bekommen. Anfangs noch hatte ich in meinem Zimmer verweilt, da mir wahrscheinlich durch die ganze Aufregung nur schlecht gewesen war. Ab und zu waren meine Mutter oder meine kleine Schwester Pauline vorbeigekommen, um mir ein Stück Torte von der Feier zu bringen; ansonsten blieb ich anfangs aber die ganze Zeit lang alleine.
Inzwischen hatte ich mich zumindest beruhigt, und war der Ansicht, mir Louis-Antoine aus dem Kopf schlagen und ihn in Zukunft ganz normal behandeln zu müssen, sodass jeder von uns beiden die Sache schnell vergessen konnte.
Als der Tag sich dem Ende geneigt hatte und die Sonne bereits unterging, war zum Abendessen ausgerufen worden. Ich hatte beschlossen, mich nun wieder zeigen zu lassen. Vor der Gesellschaft hatte ich mich jetzt genug gedrückt.
Während des Abendessens hatte mir Rafael, der neben der Tür positioniert gewesen war, immer wieder besorgte Blicke zugeworfen. Ich hatte versucht, ihn irgendwo abfangen zu können, sodass wir miteinander reden konnten, doch es waren zu viele Menschen anwesend, um unbemerkt davonschleichen zu können.
Allgemein wollte ich mich nur auf Rafael konzentrieren. Schließlich hatte dieser es keineswegs verdient, dass ich neben ihn auch noch einen anderen Mann so gern mochte wie ihn; und außerdem wusste ich nicht, wie lange er noch hier sein würde, weshalb ich am besten so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen sollte.
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Auch bei den nächsten Mahlzeiten hatte ich mich stets nur mit Flora, Charles oder Papa unterhalten, nur damit ich irgendwie nicht zu Louis-Antoine und Brienne hinüberschauen musste, die sich immer wie zwei verliebte Turteltäubchen gegenüber saßen und die ganze Zeit über nur über Louis-Antoines Arbeit als Herrscher unterhielten.
Genervt musste ich feststellen, dass es Louis XVII. anscheinend gefiel, wie er von meiner Schwester schon nahezu vergöttert wurde.
Um nicht erneut wieder traurig zu werden, ließ ich mir immer wieder den Satz „So lange Brienne glücklich ist, bist du es auch" durch den Kopf gehen.Einmal - es passierte am gestrigen Abend - hatte ich darauf gewartet, dass endlich alle mit dem Nachtisch fertig waren, damit ich mich in mein Zimmer zurückziehen konnte.
Etwa eine Stunde, die mir wie eine Ewigkeit vorgekommen war, hatte es gedauert. Als ich den Stuhl zurückschob, um endlich aus dem Saal verschwinden zu können, hatte ich noch nicht gewusst, dass man sich keineswegs erheben und gehen durfte, wenn der Kaiser noch zu Tisch saß.
Tante Marie-Thérèse hatte bloß mit dem Kopf geschüttelt, einige Worte über meine Unangebrachtheit in das Ohr meiner Mutter geflüstert, und Brienne hatte mich nahezu schon flehend angeblickt, um mir mitzuteilen, dass ich doch bitte bleiben sollte. Diese Geste hatte sie mit ihrer Hand, die sie auf die ihres Verlobten gelegt hatte, unterstrichen.
So verharrte ich bis zum Schluss zu Tisch, immer wieder den musternden, heimlichen Blicken des Kaisers von Frankreich ausgesetzt, die ich selbstverständlich nie erwiderte.
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Dieser Tag sollte sich jedoch endlich abwechslungsreicher gestalten. Ein Ausflug mit den jungen Leuten der Familie in unsere Hauptstadt mit Museums- und Kirchenbesuchen stand auf dem Plan. Somit handelte es sich um Tätigkeiten, denen ich gerne nachging, würde nicht der kaiserliche Hof mitkommen.
Für uns waren das erste mal alle Wege, die wir einschlagen sollten, leer gefegt. Die Menschen, die in den Häusern normalerweise im Stadtinneren lebten, hatten andere Quartiere eingeschlagen.
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PRINCESS OF ROSES ᵗᵉⁱˡ ᵉⁱⁿˢ
Fiksi Sejarah❀ 𝐅𝐑𝐀𝐍𝐊𝐑𝐄𝐈𝐂𝐇 ─ 1817 Eine freiheitsliebende Prinzessin, die stets sagt, was sie denkt, und an das Gute im Menschen glaubt, trifft bei einem Ausritt einige Tage vor der Verlobung ihrer älteren Schwester einen mysteriös...