Meet Me In The Hallway - Harry Styles

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Mir fehlen die Worte. Ich hab keinen blassen Schimmer, was ich jetzt erwidern soll. Oder gar könnte. Solche Aussagen zu übertreffen oder ihnen etwas Anständiges entgegenzubringen scheint mir unmöglich. Dabei würde ich ihm zu gerne sagen, was ich denke und fühle. Es ist ein einziges, unbeschreibliches Chaos. Aber es ist gleichzeitig so durchschaubar, geordnet und fühlt sich so verdammt gut an, dass ich es nicht missen oder analysieren will. Es ist irgendwie erstaunlich okay wie es ist. Ihn mit Danksagungen und Worten überschütten will ich trotzdem. Aber ich halte mich zurück. Vorerst.

Harry scheint es in Ordnung zu finden. Er wirkt weder verärgert noch gekränkt, er lächelt nach wie vor geheimnisvoll vor sich hin und seine Schulter streift immer wieder sanft meine, was ich haargenau wahrnehme und was mein Herz unruhig zum Hüpfen bringt. Aber es hüpft statt stolpert und das ist eine angenehme Abwechslung, die ich dankbar annehme.

Play.

Instinktiv schließe ich meine Augen und mein Hinterkopf sinkt gegen den Sitz. Eine Gitarre spielt ruhige Akkorde, dennoch scheint die Melodie etwas Hartes in sich zu haben. Es harmoniert perfekt. Und schließlich fängt er an zu singen. Eine männliche Stimme. Noch etwas zurückhaltend, aber sie jagt mir sofort einen Schauer über den Rücken. Und sie kommt mir wahnsinnig bekannt vor. Die Akustik-Akkorde ziehen sanft an mir vorbei, die Stimme steht jetzt vollkommen im Vordergrund. Ich kann nicht beschreiben, was sie in mir auslöst, ich kann nicht mal richtig sagen, was dieser Mann letztendlich singt, ich höre nur die Intensität seiner Stimme und spüre, dass er eine wichtige Message zu verbreiten hat. Also höre ich genau hin.

Just let me know I'll be at the door, at the door
Hoping you'll come around
Just let me know I'll be on the floor, on the floor
Maybe we'll work it out

 Pause.

Dieses Mal bin ich derjenige, der das Lied stoppt. Voller Faszination und Staunen zugleich sehe ich meinen Sitznachbarn an. "Das bist du", hauche ich, mein Blick muss Bände sprechen, denn er grinst schief und lacht rau auf. Vermutlich sehe ich ihn wirklich an, als wäre er ein neues Weltwunder, weshalb ich schnell verlegen den Blick abwende. Doch dann fällt mir wieder ein, was ich da eben gehört und realisiert habe und sofort schnellt mein Kopf wieder nach oben.

"Überrascht?", zwinkert er mir zu. Ich bin nicht mehr zu stoppen. Selbst Schuld, Mr.Styles. "Willst du mich eigentlich verarschen? Meinst du das jetzt wirklich ernst?" Ich spüre regelrecht wie meine Augen auf Tellergröße wachsen und wie mein Blick immer verehrender und anhimmelnder wird. Doch es ist mir egal. Harry ist eine Legende. Seine Stimme kann nicht menschlich sein. Und dann der Text! Noch habe ich zwar nicht viel davon gehört und wahrgenommen aber das was ich kenne - halleluja.

"Du hast riesiges Talent, Harry", fahre ich schwärmend fort. "Sag mir bitte, dass du das hauptberuflich machst oder zumindest ein Heidengeld damit verdienst. Oh bitte, Styles, das ist einfach der Wahnsinn, deine Stimme ist so wunderschön. Das gesamte Lied ist unglaublich, ich meine, sieh mich an." Demonstrativ schiebe ich meinen Ärmel nach hinten, um ihm meine Gänsehaut zu zeigen.

Doch dies hat leider nicht die gewünschte Wirkung. Harrys bescheidenes, aber vollkommen ehrliches und stolzes Lächeln verblasst, seine Augen haften fest auf meinem Arm. Scham überkommt mich, ich spüre, wie mein Brustkorb schwerer wird und das Atmen nur mühsam gelingt. Ich schlucke und schiebe den Ärmel wieder vor, lasse meinen Arm sinken und sehe mal wieder niedergeschlagen aus dem Fenster. War ja klar, dass ich die Stimmung zerstören muss. Ich zerstöre immer alles. Jegliche Dinge, die in meinem Leben schief laufen, habe schließlich ich zu verschulden.

Ängstlich zucke ich zusammen, als Harry seine Hand behutsam auf meine legt und sie langsam Richtung Ellbogen schiebt, sodass mein Ärmel mit hinter rutscht. Ein Wimmern kommt mir über die Lippen, als er die hervorstechenden, weißen Linien auf meinem Unter- und Oberarm nachfährt. Sanft umkreisen seine Fingerkuppen all meine Narben, sein Blick ist fest auf sie gerichtet, doch er sagt rein gar nichts.

Plötzlich senkt er jedoch seinen Kopf, küsst liebevoll die tiefste von allen und sieht mich eindringlich an, während er meinen Hoodie wieder richtet, sodass meine persönlichen Zeitzeugen verschwinden. Ich will mich entschuldigen, ihm sagen, dass es okay ist, wenn er mich jetzt verachtet und sich von mir wegsetzen will, doch er kommt mir zuvor. Mal wieder.

"Ich weiß, was du jetzt sagen willst, Lou, aber es ist okay. Das hier ist okay", murmelt er sanft und sieht kurz hinab auf meinen Pulli. "Weißt du auch wieso?" Seine Augen funkeln wie eh und je und wie immer versinke ich in dem Grün, das die schönste Farbe der Welt für mich zu sein scheint, seit ich ihn kenne. "Es macht dich nicht zu einem abstoßenden, kranken Jungen. Ich weiß, dass das viele Leute denken und es viele gibt, die so auf deine Narben reagieren."

Seine Hand findet ihren Weg auf meine Wange und an der Stelle, an der er meine Haut berührt, spüre ich eine Wärme in meinen Körper kriechen, die ich noch nie zuvor verspürt habe und die mich so sicher fühlen lässt, dass ich sofort bereit bin zu fallen. Für ihn. Immer und immer wieder. Für ihn würde ich jeden Fall in Kauf nehmen. Und es ängstigt mich nicht mal.

"Diese Narben", redet er weiter und nickt zur Bekräftigung seiner Worte einige Male, "zeigen mir, zeigen jedem einzelnen Menschen da draußen, wie verdammt stark du bist. Wie oft du kämpfen musstest, wie oft du weitergemacht hast und dass du ein Gewinner bist. Sie machen dich weder zu einem Loser, noch zu einem Freak, noch zu irgendeinem anderweitig schlechten Menschen. Schlechte Menschen sind Verbrecher, Räuber und elendige Lügner mit falschen Persönlichkeiten. Aber die besten", beteuert er leise, ohne einmal unseren Blickkontakt zu brechen, "sind die, die so oft hätten aufgeben können und trotzdem weitergemacht haben. Es sind die, die Streber oder Loser auf dem Schulflur genannt werden, weil sie hochintelligent sind und etwas aus ihrem Leben machen wollen, was andere ihnen neiden und sie deshalb schlecht machen. Es sind all die, die irgendwann zu sich stehen, weil sie erkennen werden, was in ihnen steckt und es sind oftmals die, die den größten Schmerz ertragen mussten. Und das, Louis, kann dir keiner nehmen. Dass du definitiv zu den ganz Besonderen gehörst, zu den größten Kämpfern dieses Universums und ich bin mir ganz sicher, dass du deinen Weg gehen wirst. Egal wie, egal mit wem und egal wie. Du wirst alles schaffen, was du dir vornimmst."

Harry verstummt, blickt mit seinen wunderschönen Augen direkt auf den Grund meiner Seele und ich lasse die Tränen laufen und drücke auf Play, während ich meine Hände um seinen Nacken schlinge und ihn fest an mich drücke.

I gotta get better, gotta get better
I gotta get better, gotta get better
I gotta get better, gotta get better
And maybe we'll work it out

Accidental Passengers (larry stylinson)✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt