3. Kapitel - Spring!

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Lied: I believe I can fly-R. Kelly

Ron

 „Robert?“ „Ja, Mama, ich bin's.“ „Wie war's in der Schule? Komm bitte ins Esszimmer, Mary hat schon Essen gemacht.“ „Ja, ich komme schon.“ Er schmeißt seine Schultasche in die Ecke und geht ins Esszimmer. Dort sitzen auch schon seine Eltern an dem viel zu großem Tisch für die Kleinfamilie. Stefan und Elisabeth von Trangern. Der ganze Raum ist eigentlich zu groß. Die Tatsache, dass Roberts Vater ein Nachfahre des letzten König des alten Deutschlands ist und eine erfolgreiche Firma zu führen haben die Familie sehr reich werden lassen. Er lässt sich auf einem der vielen Stühle nieder. Kaviar steht heute auf dem Speiseplan.

„Wieso kann es nicht einfach mal etwas normales geben? Pommes, Spagetti , Pizza warum nicht mal so etwas und nicht immer diesen Reichen-Fraß?“ „Robert! Ich bitte dich, das ist kein...Reichen-Fraß...oder wie du es nennst...andere wären froh, so etwas essen zu dürfen und du meckerst nur herum! Sei froh, dass wir uns um Geld keinen Sorgen machen müssen, im Gegensatz zu manch anderen Kindern.“„Wie oft muss ich es noch sagen, ich heiße Ron, Ron nicht Robert, und ihr wisst genau, dass ich diesen Namen hasse! Die anderen Kinder haben wenigstens Eltern, die sich um einen kümmern! Ihr sorgt euch ja nur um eure doofe Firma!“, das hat gesessen. „Sofort auf dein Zimmer, Robert! Das dulden wir nicht, so redest du nicht mit uns. Sofort! Ich möchte dich heute nicht mehr sehen!“, grell schallt die Stimmer der erbosten Mutter durch den Raum. Das lässt er sich nicht zwei mal sagen. Ebenfalls wütend poltert er die Treppe hinauf in sein Zimmer. Mit einem lautem Knall schlägt die Tür zu und eine unheimliche Stille durchstreift die Villa. So lässt er ebenfalls nicht mit sich umgehen. Er will weg hier, muss raus, sein eigenes Ding durchziehen und einfach nur glücklich leben, wenigstens für einen einzigen Moment.

Ein Stockwerk, nicht sehr hoch. Springen? Oder doch die Haustür nehmen? Nein, das will er nicht. Nur Feiglinge nehmen den einfachen Weg, aber er ist kein Feigling. Als ob das jetzt lebensgfährlich wäre.

Spring!

Eine Trauerwelle überfällt ihn plötzlich. Er ist selbst überrascht - von sich selbst. Eine Träne läuft über seine Backe und hinterlässt eine feuchte Spur. Sie fällt in die Tiefe - wenn man das so nennen kann. Er hat Angst, mit dem Kopf aus dem Fenster gelehnt bleibt er stehen.

„Du bist ein Feigling!“

Nein, bin ich nicht

„Wieso springst du dann nicht einfach?“

Weil ich nicht kann

„Ha! Du bist also doch ein Feigling!“

Nein

„Du willst hier weg, nicht ich. Und jetzt halten dich läppische 2 Meter davon ab?“

Ich habe Höhenangst

„Alles Ausreden! Hau doch einfach ab, dann bist du weg von ihnen!“

Ich kann aber nicht!, schreit er aus dem Fenster. Erschrocken, dass die Worte gerade aus seinem Mund kamen, rauscht einen zweite unbegründete Träne gen Boden.

„Schrei doch nicht gleich so. Wieso weinst du überhaupt?“

Ich weiß es doch auch nicht. Ich erkenne mich selber nicht mehr.

„Vielleicht deswegen.“

Das ist zu viel für ihn. Niedergeschlagen lässt sich der sonst so selbstsichere Junge an der Wand hinunter gleiten. Weitere Tränen erscheinen und verschwinden irgendwo wieder.

„Was ist nur los mit mir? Nein, so geht es nicht weiter! Hör auf damit, sei stark jetzt.“

Bestimmend wischt er die Tränen weg und rafft sich wieder zusammen.Ich mache das jetzt!

Wie nach einem großem Erfolg fühlt er sich, als er unten ankommt.

Ich hab es geschafft, ich hab's getan!

Doch nun, was nun? So weit hatte er noch nicht gedacht. So lässt er sich einfach von seinen Füßen führen.

Lina

Zum Bahnhof muss man länger gehen, als gedacht. Mit dem Bus zu fahren, ist uns zu spät eingefallen, so dass es sich jetzt nicht mehr rentiert. Langsam verlässt mich die Mut, ob wir das wirklich schaffen können ein 14-jähriges Mädchen mit ihrem kleinen Bruder samt Hund wollen vor einer Macht fliehen, die ein ganzes Land im Griff hat. Ohne Eltern, als blinde Passagiere mit dem Zug.

"Guck mal, da vorne ist dein Klassenkamerad. Wie heißt der nochmal?“

„Ron“ Was macht er hier? Also jetzt nicht, dass die Straße nicht öffentlich zugängig wäre, aber ein bisschen wundert es mich schon. Jetzt hat auch er uns gesehen. Lächelnd kommt er auf uns zu. „Hi, Lina. Was macht ihr denn hier?“, misstrauisch beäugt er unsere Taschen.“Wollt ihr etwa verreisen?“ „Hi, wollen kann man jetzt nicht direkt sagen, aber ja, wir wollen Renau verlassen. Sie haben unsere Eltern verhaftet.“ Die Geschehnisse kommen wieder hoch und wieder ich muss mich zusammenreißen um nicht gleich wieder loszuheulen. „Wir waren noch in der Schule, als sie angekommen sind. Sie wollten Jonny mitnehmen. Dann haben sie sich aber mit unseren Eltern zufrieden gegeben.  "Oh, schitt...das das tut mir Leid für euch...und was macht ihr jetzt?“ Wie viel hätte ich dafür gegeben, dass er mich jetzt einfach nur in den Arm nimmt und tröstet. Aber das macht er natürlich nicht.

„Wir versuchen illegal auf einem Zug nach Palano zu kommen, weil dort eine Tante von uns lebt. Dann kann sie uns vielleicht bei sich aufnehmen.“, das ist zumindest unser Plan. „Ja, Tante Emmy!“, erklingt freudig eine Stimme neben mir. Ich muss unwillkürlich grinsen. Ja, die nette, liebe Tante Emmy.

Ja, i_am_Amy, die Tante Emmy trägt nun deinen Namen :) Denn du warst die, die mich nach anfänglicher „Unmotiviertheit“ zum Weiterschreiben angestiftet hat. Und ich kann mich nicht oft genug für das Widmen von Siblings bedanken (Was übrigens ein echt gutes Buch ist ;) )

„Und was ist, wenn sie nicht erreichbar ist oder euch gar nicht bei sich haben will?“ Berechtigte Frage, das habe ich mir auch schon ausgemalt, jedoch ohne eine hilfreiche Antwort zu bekommen. „Einen Versuch ist es jedenfalls wert“, ich zucke mit den Schultern „Aber besser als umgebracht zu werden ist es allemal.“

„Und du? Was führt dich hierher?“ „Streit mit meinen Eltern. In letzter Zeit nerven sie einfach nur noch. Es kümmert sie einen Dreck, was ich mache, Hauptsache, ich schade ihrem Ruf nicht.“

„Lina, er könnte doch mit uns mitkommen?“, wendet mein Bruder ein. „Jonny, ich glaube nicht, dass er das will.“

Sag Ja, sag Ja, sag Ja!!

„Naja, ein bisschen Abstand zu meinen Eltern tut sicher ganz gut und auf ein Abenteuer hätte ich gerade echt Lust.“

Ja! Natürlich ist mir das Recht, sehr sogar. Aber ich darf die „coolere“ Variante nicht vergessen.

„Wenn du willst, gerne. Aber dir ist klar, dass du länger als ein Wochenende weg sein wirst. Das wird sicher kein Kurzurlaub.“ „Jap, ich bin mir absolut sicher.“

„Na dann, los geht's, wir wollen ja am besten morgen schon in Warischko sein.“

P.o.V. Stefan

„Elisabeth, ich glaube, wir sind etwas zu streng zu Robert. Vielleicht sollten wir mal wieder alle zusammen was unternehmen. Wie wär's mit Kino?“, die zwei sitzen immer noch am Esstisch. Die Putzfrau Maria spült gerade fleißig das Geschirr ab. Noch im Esszimmer kann man das beruhigende Rauschen als Hintergrundmusik hören. „Ich geh doch nicht in eines dieser stinkenden, von schmatzenden Popcorn-Schauflern besetzten Kinos. Grausam, wenn ich allein daran denke, wird mir schlecht! Schatz, unser Fernseher ist nur wenige Zoll kleiner, als eine Kinoleinwand, aber dafür hat man seine Ruhe. Robert braucht seine Grenzen und unsere sind keineswegs zu streng gesetzt. Wir müssen an unser Unternehmen denken und können nicht einfach Urlaub machen, wir haben keine Zeit, mit ihm etwas zu machen und außerdem hat er mit der Schule genügend zu tun. Unser Sohn bekommt alles, was er will. Er sollte sich glücklich damit schätzen. Komm, wir müssen weiterarbeiten.“ „Vielleicht hast du ja recht...“ Damit war das Gespräch für sie beendet. Und beide gingen wieder zum Tagesablauf über. Keiner bemerkt, dass durch ein geöffnetes Fenster im ersten Stock die kühle Frühlingsluft wie ein Dieb in das Haus eindringt und den freistehenden Raum für sich beansprucht.

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Das auf dem Foto sind ihre Eltern -->

Never again! Never again?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt