Kapitel 3: Letzte Vorbereitungen

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Ich sitze noch auf meinem Bett und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich hoffe immer noch, dass meine Mutter bevor ich gehe noch einmal mit mir reden will.
So, jetzt muss ich aber auch mal daran denken, wohin ich zuerst gehen will und alles für meine Reise zusammenpacken. Und ich darf nicht vergessen nochmal mit Varla zu sprechen um mich von ihr zu verabschieden.

Ich muss erst noch einmal zum Markt um mir Brot und Obst für meine Reise zu kaufen. Ich habe beschlossen direkt morgen sehr früh loszulaufen. Vielleicht habe ich ja Glück und finde direkt jemanden, der bereit ist mich auszubilden. Ich weiß zwar nicht, wer jemals bereit wäre eine Fremde Adelige einfach so auszubilden, aber irgendjemanden werde ich ja schon finden. Ich habe sowieso vor, meine Adelskleidung weder mitzunehmen, noch anzuziehen. Ich müsste mir wohl aus dem Meridian-Dorf neue Kleidung kaufen, welche eher Handweker tragen.

Ich stehe von meinem Bett auf und gehe durch die Tür in den Flur im ersten Obergeschoss. Ich starre kurz auf die Zimmertür meiner Mutter und überlege rein zu gehen und nochmal mit ihr zu sprechen. Aber ich denke, dass ich ihr noch etwas Zeit lassen sollte das zu verarbeiten, worüber wir eben in meinem Zimmer geredet haben.
Ich gehe also die Haupttreppe runter, schnappe mir einen der geflochtenen Körbe, welche in dem Schrank neben der Kellertreppe aufbewahrt sind, und gehe die Haustür hinaus. Auf dem Weg zum Marktplatz überlege ich mir, wo ich hingehen könnte, um einen Kampflehrer zu finden. Ich könnte zu dem Steinbruch in Steilklippen, nördlich von Meridian gehen. Aber da leben glaube ich hauptsächlich Handwerker. Ich denke, dass ich in Lichtenmarkt die besten Chancen haben könnte. Es ist auch nicht weit bis da hin. Dort ist eine Kneipe wo auch Leute von außerhalb hin kommen, dort würde ich anfangen zu schauen.

Der Lärm auf dem Marktplatz reißt mich aus meinen Gedanken. Heute scheint viel los zu sein. Ich gehe geradewegs durch die Menschenmenge hindurch zu dem Brotstand.
"Zwei Weizenbrote bitte", sage ich zur Verkäuferin. "Gerne, mein Liebes." Sie nimmt zwei der Brote und hält sie in der Hand. "Sechs Scherben, bitte. Brauchst du einen Beutel?", sagt sie und sieht mich lächelnd an. "Nein, danke. Ich habe einen Korb". Ich halte ihr meinen Korb entgegen und sie legt die Weizenbrote hinein. "Vielen Dank und auf Wiedersehen.", verabschiedet sie mich. Ich lächele ihr zu und verabschiede mich. Bei dem Obststand direkt nebenan kaufe ich fünf Äpfel und einige Beeren. Als ich alles an Proviant eingekauft habe, laufe ich in Richtung der Aufzüge, die in das Meridian-Dorf führen. Normalerweise betritt kein Adeliger dieses Dorf, da dort ausschließlich Handwerker leben. Fischer, Schmiede, Schneider und solche, die nicht das "Glück" hatten, in eine Adelsfamilie geboren zu werden. Ich wäre lieber in eine Familie der Mittelschicht geboren worden. Dann wäre ich viel freier und meine Mutter würde mich vielleicht verstehen.

Ich stehe vor den Aufzügen und gehe an den zwei Wachen vorbei, die davor stehen. Ich ziehe den großen Hebel nach unten, warte, bis der Aufzug oben angekommen ist und gehe hinein. Nachdem ich den Hebel innen betätigt habe setzt sich der Aufzug in Bewegung. Durch die Gitterstäbe sehe ich, wie das Dorf sich langsam nähert bis ich nach einer kurzen Zeit schließlich wieder auf festem Boden stehe. Ich gehe mit meinem Korb hinaus. Nachdem das Dorf während der Stadt fast komplett zerstört wurde, wurde es mit einigen Änderungen erneut aufgebaut. Ich gehe in Richtung Süden zu dem Gebiet, wo sich die meisten Schneider und Schmiede niedergelassen haben und suche nach einem Schneider, der für mich passende Kleidung hat. Nachdem ich an einigen Häusern vorbei gegangen bin, sehe ich ein kleines Haus mit einem Stand davor, wo ein Schneider Lederwaren verkauft.
"Guten Tag, hätten sie passende Kleidung für mich? Am besten nichts langes, ich muss mich darin gut bewegen können.", sage ich zu dem Mann, der hinter all den Waren kaum zu sehen ist. Er steht von seinem Hocker auf und kramt in einem der Haufen. "Probier's ma an", er hält mir ein langärmliges Oberteil aus dunkelblau-gefärbtem Leder mit einigen verstärkten Stellen an verletzlichen Körperteilen entgegen. Auch eine Hose in derselben Farbe gibt er mir. "Is zum kämpfen gedacht, falls de des vor hast. Hinter mir kannste dich umziehen.", sagt er als könnte er meine Gedanken lesen. "Danke", sage ich und verschwinde hinter dem Vorhang in einer kleinen Hütte zum Umziehen.
Nachdem ich alles anprobiert habe und alles gepasst hat, kaufe ich es und packe es in meinen Korb. Bei dem Schmied kaufe ich noch passenden Schutz für Knie, Ellbogen und Brust und nehme dann den nächsten Aufzug zurück in die Stadt.

Als ich wieder zu Hause angekommen bin, gehe ich in mein Zimmer und lege alles neben mein Bett. Meine Tasche würde ich heute Abend packen. Jetzt muss ich erstmal mit Varla reden. Als hätte sie mich gehört, steht Varla plötzlich in meiner Tür und bringt mir frisch gewaschenen Sachen aus dem Keller.
"Varla, ich muss mal mit dir reden. Setzte dich bitte.", sagte ich zu ihr. Sie legte meine Sachen in den Schrank und setzte sich zu mir. "Mit meiner Mutter habe ich auch schon darüber geredet. Ich werde Meridian morgen vorerst verlassen. Ich suche nach jemandem, der mich kämpferisch ausbilden kann, damit ich endlich meinen Traum erfüllen kann. Wir hatten ja schon mal darüber gesprochen". "Das kommt jetzt zwar ein bisschen spontan, aber ich freue mich für dich. Wirklich. Ich weiß, dass du das schon immer wolltest.", sagt Varla. Ich bin wirklich erleichtert, dass jemand hinter mir steht. "Bist du gar nicht traurig, dass ich gehe?", frage ich sie. "Natürlich bin ich traurig. Aber ich weiß, dass du die Zeit deines Lebens haben wirst und ich bin stolz auf dich, dass du das endlich durchziehst. Ich werde dich vermissen." Sie dreht sich in meine Richtung und umarmt mich fest." "Ich dich auch", sage ich und lasse sie los. "So, jetzt muss ich noch alles packen und dann gehe ich schlafen". Varla steht auf und geht aus der Tür raus.

Ich bin froh, dass sie es so gut aufgenommen hat und wenigstens einer hinter meinem Rücken steht. Ich werde mich morgen früh nochmal von ihr verabschieden, und hoffentlich nochmal mit meiner Mutter reden.
Ich packe schnell alles zusammen. Ich nehme auch einige meiner kürzeren Kleidungsstücke mit, mit denen ich mich auch gut bewegen kann und die nicht zu nobel aussehen. Mein Proviant lege ich ganz oben drauf und schließe meine Tasche.
Ich ziehe meine Kleidung bis auf die Unterwäsche aus und lege mich in mein Bett. Ich gucke an meine Decke. Morgen werde ich hier weg sein. Es war immer mein Traum und morgen geht er in Erfüllung. Hoffentlich werde ich schnell jemanden finden, der mich ausbildet und mit dem ich mich am besten noch anfreunde.
Versunken in meinen Gedanken schlafe ich kurzerhand ein.

Am nächsten Morgen zögere ich nicht lange. Ich wache auf und ziehe mir meine neue Kleidung an. Ich sehe echt gut aus in den Sachen. Sogar besser als in meinen noblen Kleidern. Meine langen dunkelbraunen Haare habe ich zusammen geflochten. Ich nehme meine Tasche und lege mir sie über die Schultern. Ich gehe aus meiner Tür hinaus und laufe den Flur in Richtung Haupttreppe entlang. Vor der Tür meiner Mutter halte ich kurz an. Ich beschließen rein zu gehen.
Sie liegt da und schläft. Glaube ich zumindest. Ich gehe leise zu ihr und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. "Auf Wiedersehen", flüstere ich und gehe leise aus ihrem Zimmer hinaus. Ich laufe die Haupttreppe hinunter, nehme zwei Stufen auf einmal. Ich öffne die Haustür und schaue noch einmal zurück. Schließlich schließe ich die Tür und mache mich auf den Weg in Richtung Meridian-Tor.

"Hey Reeve!", ruft jemand hinter mir. Ich drehe mich um. Ich sehe nur einen kurzen Moment, wie Varla auf mich zurennt und kurz darauf liege ich schon in ihren Armen. "Du hast doch wohl nicht geglaubt, du könntest einfach so gehen, ohne dich von mir zu verabschieden?", sagt sie voller Freude. "Oh, es tut mir wirklich leid, Varla. Das habe ich total vergessen. Ich werde dich vermissen". Sie hält mich immer noch fest in ihren Armen. "Ich dich auch, Reeve. Ich wünsche dir nur das Beste für deine Reise. Wir werden uns wieder sehen. Hier ich habe etwas für dich." Sie lässt mich los und kramt in ihrer Tasche eine Kette hervor. "Damit du mich nicht vergisst". Ich nehme die Kette und betrachte den Anhänger. Es ist ein kleiner, aus Holz geschnitzter Bogen mit einem Pfeil. Ich merke wie mir eine Träne über die Wange läuft. "Habe ich selbst gemacht. "Vielen Dank, Varla", sage ich und umarme sie noch einmal ganz fest. "Ich muss jetzt los, machs gut". Ich laufe los und gucke ein letztes mal zu ihr zurück. Sie lächelt und winkt mir hinterher. Ich winke ihr noch einmal hinterher und laufe weiter.
Jetzt ist es soweit. Ich verlasse Meridian.

Carja Outlander - Horizon Zero Dawn FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt