Wie eine unüberwindbare Festung ragt der glitzernde Palast vor uns auf. Hinter den Schneebedeckten Eisenmauern ist der Palast. Lias Palast. Ein kalter Schmerz sticht mir ins Herz. Hier habe ich auch einmal gewohnt. Der Palast ist vollkommen aus Eis und Kristallen. In der aufgehenden Sonne funkelt das Eis in allen Farben. «Ist er das?» Nick stellt ein eigentlich überflüssige Frage, aber trotzdem hauche ich die Antwort: «Ja.» Zögernd laufe ich auf die Eisenmauer zu, in welches ein grosses Tor eingelassen ist. Vor dem Tor steht ein Wächter in Rüstung und mit Waffen. «Lass mich reden.» Warne ich Nick. Er nickt und geht neben mir her. Vor der Wache bleibe ich stehen und mache einen knicks. Er betrachtet uns misstrauisch. «Wer seid ihr?» Ich schaue ihn freundlich an und sage dann: «Ich möchte mit Prinzessin Lia sprechen.» «Nicht gewährt.» Ich beobachtet ihn ganz genau. Seine Hände haben den Speer umgriffen, jederzeit bereit um anzugreifen. «Bitte, es ist sehr wichtig, ich bin eine Botschafterin und muss ihrer Hoheit eine wichtige Nachricht überbringen.» «Was für eine Nachricht?» Jetzt scheine ich sein Interesse geweckt zu haben. «Das ist nur für die Ohren ihrer Hoheit bestimmt.» Er denkt kurz nach, dann nimmt er ein automatisches Übermittlungsgerät zu Hand und schaltet es ein. «Hier Wache drei, eine Botschafterin möchte der Königin eine Nachricht überbringen.» Kurz rauscht es im Gerät, dann ertönt eine mir nur allzu bekannte Stimme. «Ich habe keine Botschafter. Nachrichten werden mir auf anderen Wegen übermittelt.» Die Wache bedankt sich und wendet sich wieder uns zu. «Ihre Hoheit erwartet Niemanden, ihr seid Betrüger!» Sagt er mit ruhiger Stimme «Nein! So glauben sie mir doch, ich muss zu Lia!» Er verzieht wütend das Gesicht. «Es heisst ihre Hoheit oder Prinzessin Lia. Geht jetzt!» Ich schüttle den Kopf. Nick will auf die Wache zutreten, aber ich halte ihn zurück. Schnell scanne ich seine Rüstung und entdecke das Gerät, mit welchem er vorhin zu Lia gesprochen hat. Mit einer schnellen Handbewegung schnelle ich vor und entreisse ihm das Gerät, schalte es mit einer fliessenden Bewegung ein und in der gleichen Sekunde will sich die Wache auf mich stürzen, Nick springt vor und hält ihn zurück. «Schnell!» Ruft er mir zu. Ich spreche gegen das Gerät: «Lia, bitte lass mich rein!» Dann wird Nick gegen mich geschleudert und ich werde mit ihm zu Boden gerissen. Nick ist ziemlich benommen und ich stosse ihn unsanft von mir. «Entschuldigung euer Hoheit, hier sind zwei aufsässige Landstreicher.» Ich bleibe am Boden sitzen, da er eine gefährlich aussehende Waffe gegen uns richtet. Jetzt kann ich nur hoffen das Lia mich erkannt hat. Es rauscht wieder. Dann ertönt ihre Stimme: «Lass die beiden rein!» «Aber Hoheit...» «Nichts Hoheit, lass sie einfach rein, ich will mich mit ihnen unterhalten und mir ihr Anliegen anhören.» Ein Lächeln huscht über meine Lippen. Sie hat mich also doch erkannt. Der Wächter brummt irgendetwas unverständliches. «Ich werde im Beratungsraum auf sie warten.» Dann ist es still. «Steht auf und macht das ihr schleunigst reinkommt.» Brummelt der Wächter und öffnet das Tor. Ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen klopft ich meine staubigen Hosen etwas ab und bedeute Nick, mir zu folgen. Gemeinsam betreten wir das Innere.
Unser Weg führt über einen kleinen Vorgarten, in dem ein paar kahle Bäume stehen und ein zugefrorenen Teich verweilt. Unsere Schuhe knirschen im Kies und ich muss schmerzlich an meine Zeit hier denken. Immer noch weiss ich genau was wo war. Ohne zu zögern stosse ich die grosse Türe auf, welche ins Innere des Palasts führt. Wir kommen in eine grosse Eingangshalle, von der aus eine Treppe ins zweite Stockwerk führt. Im unteren Stockwerk sind viel Türen, sowie im oberen Stockwerk auch. Zielsicher schreite ich auf eine Türe zu und wir gelangen in einen Gang. Mit schnellen Schritten gehe ich diesen entlang, hinter mir Nick, welcher immer wieder ausrutscht. Schliesslich sind wir in einem Eispalast. Ich habe gelernt, wie man laufen soll, um nicht bei jedem Schritt fast hinzufallen. Aber er ja nicht. Am Ende des Ganges führt eine kleine Wendeltreppe nach oben. Drei Stockwerke hoch führt die Treppe, bis wir in einen grossen, sonnendurchfluteten Raum kommen. Der Beratungsraum. Die eine Wand besteht aus sehr dünnem Eis, welches auf Hochglanz poliert ist. Es ist eine Türe, sie führt auf den Balkon. Hinter der Eisscheibe sehe ich eine verschwommene Gestalt. Sie lehnt sich gegen das Geländer des Balkons und schaut in die Ferne. Ihre Bodenlanges, schneeweisse Kleid weht leicht im Wind, genauso wie ihre dunkelbraunen lockigen Haare, welche einen perfekten Kontrast zu ihrem Kleid und ihrer weissen Haut darstellen. Nick hat sie ebenfalls gesehen und ich gehe schnell zu der Scheibe. Öffne diese und trete heraus. «Lia?» Sie dreht sich um. Ihr Gesicht ist ernst. Erst jetzt bemerke ich ihren goldenen Kopfschmuck mit einer blauen Perle in der Mitte. «Leonie.» Sagt sie mit neutraler Stimme. «Du wolltest das ich komme? Hier bin ich.» Sie mustert mich. «Fast sechs Wochen musste ich warten.» Eine leichte Wut steigt in mir auf. Es ist ja nicht meine Schuld das ich so weit weg lebe. Aber ich unterdrücke diese. «Ich bin so schnell gekommen wie ich konnte, aber es ist ein langer Weg. Und ausserdem sind deine Botschafter auch nicht besonders schnell.» Antworte ich schlicht. «Gehen wir doch rein und besprechen alles weiter dort.» Schlägt sie vor, wirft ihr Haar nach hinten und gleitet hinein. Leise seufzend folge ich ihr. Nick hat sich auf seinen Rucksack gesetzt und schaut erwartungsvoll auf. «Wer ist denn das?» «Ein Freund.» Lia geht nicht weiter darauf ein und beginnt sofort mit den Tatsachen. «Wie ich dir in dem Brief bereits mitgeteilt hatte, ist Lilith von uns gegangen. Das habe ich auch dem König gemeldet und dieser meinte, wir bräuchten jemand der Liliths Platz einnimmt. Dieser Aussage stimme ich auch vollkommen zu und er hat mir gesagt, ich habe zwei Monate Zeit, um ihm eine Thronfolgerin zu bringen, ansonsten wählt er selbst jemanden aus.» Ich kann mir schon denken auf was sie hinauswill. «Und ich soll diese Thronfolgerin sein?» Sie nickt erfreut. «Genau.» Ich lasse das auf mich wirken. «Also. Nach fünf Jahren höre ich das erste mal wieder von dir und du bittest mich, Liliths Platz einzunehmen? Liliths Platz!» «Ja.» Wie sie das als so selbstverständlich sieht, das ich ihren Platz einnehmen werde. «Und was wenn ich das nicht will?» Sie schaut mich sanft an. Diesen Blick kenne ich nur zu gut. «Ach Leonie. Es ist deine Plicht und dann könntest du endlich das Leben leben, welches du schon immer verdient hättest.» Die Wut keimt wieder in mir auf. «Hätte?» Frage ich nach. «Es wäre das Beste für dich.» «Das Beste.» Ich lache leise. «Ihr wusstet ja schon immer was das Beste für mich ist.» Diesen Satz meine ich mehr als nur ein bisschen Ironisch. Sie schaut mich nur bittend an. «Also was läuft hier eigentlich genau?» Nick ist sichtlich ungeduldig. «Halt dich da raus.» Faucht Lia. «Ich erzähle es dir ein anderes mal.» Sage ich ruhig zu ihm und werfe Lia einen vernichtenden Blick zu. Sie zuckt nur mit den Schultern. Ihre Arroganz habe ich noch nie gemocht. Wieso soll ich mein Leben im Wald für meine Schwestern opfern, welche mich einfach im Stich gelassen haben? Aber da war auch noch das Volk. Vielleicht würden sie dann von einem Tyrannen regiert werden. Und wenn ich im Palast wohnen würde, dann könnte ich doch auch Nick etwas abgeben. «Gut, ich versuche es.» Sage ich bestimmt. Lia lächelt. «Das ist schön.» Leicht lächle ich auch, aber in meinem inneren kocht es. «Dann werde ich den König verständigen und wir werden morgen zu ihm gehen.» Sie scheint schon völlig in Gedanken versunken. «Ich gehe in mein Zimmer.» Sage ich und drehe mich ruckartig um. Nick steht auch schnell auf und schnappt sich seinen Rucksack. Ich laufe schnell, renne schon fast. Nick kommt kaum nach und schlittert über den Boden. Den Gang zurück in die Eingangshalle, in das obere Stockwerk und die kleine Türe ganz hinten rechts aufmachen. Ein grosses Zimmer verbirgt sich hinter der Türe. Schnell schliesse ich die Türe hinter Nick wieder und schaue mich um. Es ist noch genauso wie ich es verlassen habe. Ein Schrank, ein grosses Himmelbett, eine kleine Kommode, ein Schreibtisch, ein kuschelig weicher Teppich auf dem Boden und die offenstehende Balkontüre. Nick tritt natürlich sofort auf den Balkon und beginnt von der Aussicht zu schwärmen und versucht die Leute in der Stadt zu zählen. Ich höre nur mit halbem Ohr zu was er sagt, habe mich auf mein Bett geworfen und die Decke über mich gezogen. Etwas hartes unter meinem Kissen lässt mich jedoch schnell wieder aufsitzen und vorsichtig ziehe ich einen Bilderrahmen unter dem Kissen hervor. Mühsam halte ich die Tränen zurück als ich das Bild betrachte. Es zeigte mich, Liv, Lucy, Lia und Lilith. Wir stehen der Reihe nach hinter einem alten, bräunlichen Gebäude. Ein Wind zerzaust alle unsere Haare und wir lachen glücklich. Ich kann mich noch genau an diesen Tag erinnern. Lilith ist dort gerade zwanzig geworden und durfte ihren Palast beziehen. Ich war dort gerade mal zwölf und hatte noch meinen Kopfschmuck an. Damals war ich in dem Glauben, dass auch ich mit sechzehn die mir zugestandenen Kräfte bekommen werde. Ich stehe wie in Trance auf, den Fotorahmen an meine Brust gedrückt und gehe zu Nick auf den Balkon. «Ach Leonie, da bist du ja. Oh was hast du denn da?» Wortlos zeige ich ihm das Foto. Es bewundert es. «Also die kleine hier bist du.» Stellt er mit einem Lächeln fest. «Und wer sind die anderen?» Anstatt ihm zu antworten, drehe ich mich weg, in Richtung des Geländers, schreite ganz nahe heran und hole aus. Mit einem Schluchzer werfe ich das Bild runter. Es fällt und das Schutzglas zerschellt an der Eisenmauer. Das Geräusch klingt so laut. Ich zucke zusammen. Nick schaut mich verwirrt an, aber ich gehe einfach wieder zu meinem Bett und kuschle mich ein. Dann weine ich. Schon wieder.
Sagen wirs so, ich hab Ferien und Zeit = Ein paar neue Kapis mehr^^
--> Dieses Kapitel ist überarbeitet!
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Waldläuferin -Vorläufig abgebrochen-
Fantasy,,Ich habe dir vertraut!'' Schreie ich. Er schaut mich schuldbewusst an. ,,Verstehe doch...'' ,,Nein!'' Unterbreche ich ihn. ,,Ich dachte du hilfst mir!'' Er will etwas erwiedern aber ich werde jetzt richtig wütend. Trauer durchfährt mich. ,,Verschw...