Kapitel 2

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Schweißgebadet wachte ich auf und fand mich -glücklicher Weise- in meinem Bett wieder. Und mein Bett stand auch noch in meinem Zimmer und ich war allein.

Also war ja eigentlich alles gut. Ich atmete durch und stempelte dieses gruselige Ereignis als Alptraum und als nicht real ab.

Gerade als ich hinunter gehen wollte drehte ich mich noch ein mal um und blickte aus dem Fenster in den Wald. Nichts. Ein beruhigendes Nichts.

Nun, dann konnte ich ja in aller Ruhe die Treppe hinunter nehmen und den Morgen ruhig beginnen.

Hannah und ihre Freundin saßen bereits vor dem Fernseher und sahen sich irgendeine behinderte Kindersendung an.

Verschlafen setzte ich mich an den Tisch und versuchte klare Gedanken zu fassen. War das wirklich nur ein Traum?

Ich hätte schwören können, dass ich gestern Abend noch wach gewesen war und mir die Sache mit dem Schatten nicht nur eingebildet hatte.

Natürlich war mir klar, dass es so etwas wie magische Schatten nicht gab, aber ich hatte trotzdem den restlichen Tag ein mulmiges Gefühl im Magen.

Punkt 12 Uhr stand ich schließlich hinter der Kasse im Blumenladen. Leute gingen ein und aus. Wieder hatte ich mit schlecht gelaunten und arroganten Kunden zu tun, aber das war ich bereits gewöhnt.

Ich ging kurz ins Lager um mir eine kleine Pause zu gönnen. Jedoch fand ich, als ich die Tür öffnete, ein seltsames Licht am Ende des Raumes vor. Verwundert ging ich darauf zu.

Das schwache Leuchten schien aus einer kleinen Schachtel zu kommen. Behutsam nahm ich sie in die Hand und strich über mit Liebe eingearbeitete Buchstaben auf dem Deckel.

"Schattenlicht.", murmelte ich und öffnete den Deckel.

Innen drin befand sich ein kleiner Stein, der mich nun sehr stark anleuchtete. Er war in Samt eingewickelt und hatte einen leichten Rosa-Stich.

Als ich ihn ergriff begann er noch stärker aufzuleuchten und sprang mir mit einem Mal aus der Hand.

Erschrocken sah ich zu Boden. Der Stein leuchtete nicht mehr und sah nun aus wie ein gewöhnlicher Stein.

Ich bückte mich und steckte ihn ein. Komisch.

Fast hätte ich vergessen, dass ich ja noch eine kleine Pause machen wollte und setzte mich auf einen Stuhl.

Irgendwie fühlte ich mich anders. Nicht schlecht, aber auch nicht besser. Eben anders.

Als ich nach meiner Schicht, mit dem Auftrag den Laden zu schließen, die Tür des Lagers hinter mir zu zog, bemerkte ich stechende Blicke, die auf meinem Rücken hafteten.

Vorsichtig drehte ich mich um und vor mir stand ein Junge. Er war höchst wahrscheinlich in meinem Alter. Also 16 oder 17. Das heißt, da ich 16 Jahre alt bin müsste er 1 Jahr älter sein als ich, oder gleich alt.

Aber irgendwie sah er dann doch so viel älter aus. Der mysteriöse Junge hatte dunkel braune Haare und ein stechendes grünes Auge. Ja, es war nur eines grün, denn das andere Auge starrte mit einem Haselnussbraun in meine Richtung.

Ich räusperte mich und ging einen Schritt auf ihn zu.

An den Armen und am Hals hatte er seltsame Zeichnungen, die aber keinem Tattoo glichen.

Außerdem trug er einen langen Schwarzen Mantel und eine Art leuchtendes Armband.

Ja, er machte mir irgendwie Angst.

"Kann ich dir helfen?", brachte ich schließlich hervor und sah ihn erwartungsvoll an.

Nichts. Nur ein kurzes zucken seiner Augenbraue verriet, dass er mir zugehört hatte.

"Sprichst du nicht meine Sprache?", fragte ich neugierig.

Stille. Warte. Sein Mundwinkel wanderte für eine Sekunde einen Millimeter nach oben.

Er kam nun auf mich zu. Ich schluckte und merkte wie mein Herz anfing schneller zu schlagen.

Jetzt stand er genau vor mir und betrachtete mich. Schnell hielt ich die Luft an. Was war hier bloß los?

"Wer bist du?", fragte er mich und sah mich genauer an.

"S-sophie.", stottere ich und begann zu zittern.

"Was um alles in der Welt machst du hier?"

"Wo? Achso hier? Äh, ich arbeite hier.", meinte ich und versuchte selbstbewusst zu klingen.

Ich scheiterte.

"Nein, ich meine hier auf der Schattenseite.", verdrehte er genervt die Augen.

"Wie jetzt?"

Na toll, jetzt war ich total verwirrt.

"Die Schattenseite, der Grund warum du mich sehen kannst.", kam er mir noch näher.

"Du. Ich. Äh.", brachte ich nur hervor.

Plötzlich riss er seine Augen auf und stieß mich gegen die Wand.

"Du hast das Schattenlicht.", zischte er.

"Das was?"

"Das Schattenlicht, ein kleiner leuchtender Stein.", erklärte er.

Nervös griff ich in meine Hosentasche und hielt ihm den Stein hin.

"Er leuchtet nicht mehr.", stellte er fest.

"Du hättest ihn nicht anfassen dürfen! Ich bin extra hier, um ihn neu zu sichern und genau dann, wenn er eine Minute mal nicht gesichert ist, fässt du ihn an!", begann er zu schreien.

Ich verstand die Welt nicht mehr.

Schattenlichter - Das Leuchten in der FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt