Mein Handy war auf Vibrieren damit ich Evolet nicht aufweckte. Es war 5 Uhr morgens. Ich hatte also noch exakt drei stunden zeit bis zur ersten Stunde. Zwei Einhalb wenn ich noch Frühstücken wollte.
Optimistisch Schlich ich mich ins Bad, duschte und zog mir meine Kleidung an die ich mir tags drauf vorbereitet hatte. Traurig schaute ich auf meine braunen Stiefeletten. Wenn ich so darüber nachdachte war es nicht der richtige Augenblick für sie. Ich weiss das klingt jetzt komisch, aber bevor ich sie zur Seite legte und mir meine schwarzen Sportschuhe anzog, knuddelte ich sie einmal ganz kurz.
Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Meine ausgetragene Jeans und die Lederjacke waren bequem und vertraut. Meine Haare waren in einem hohen Pferdeschwanz und nur mein Pony reichte mir noch ins Gesicht. Graue Augen starrten mir vom Spiegel aus zurück. Die Augen meines Vaters. Aufmunternd lächelte ich mir zu und verliess das Badezimmer.
Ich verliess den Schlaftrakt ging durch die Hintertür und stand nun auf der linken Seite der Schule. Es war noch dunkel doch hinter dem Wald, der um das komplette Schulgelände reichte, sah man schon die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne. Das Gras unter meinen Schuhen war von Tau überzogen und die Luft war noch so kalt und frisch, dass sie mir in der Lunge stach. Ich blieb erstmal stehen und rief mir nochmal ins Gedächtnis was ich vor hatte. Training.
Soweit ich mich erinnern konnte war der Reitplatz hier auf der linken Seite des Schulgeländes. Das Football Feld war auf der rechten Seite, damit es für die Schüler schneller zu erreichen war wenn man durch den Trainingstrakt des Gebäudes lief. Und im Hintergarten der Schule lag der Pavillon und die Gewächshäuser.
Ohne weiter Zeit zu verschwenden lief ich auf die Scheune zu in der die Boxen der Pferde waren.
Die Scheune war recht wettergegerbt. Es überraschte mich, da die komplette Schule doch voll von reichen Snobs war, deren Eltern sicherlich tonnenweise Kohle der Schule spendeten.
Als ich das Tor öffnete, das übrigens tonnenschwer war und quietschte, schlug mir erstmal Wärme entgegen. Der Geruch von Gras und Heu und altem Holz.
Die Scheune war zu meinem Glück größer als von außen vermutet. Innen drin war es hell erleuchtet und ich sah oben einen zweiten Stock der voll gestopft mit Heu war. Die Leiter dorthin ging gerade vorbei an den mir entgegen leuchtenden Lichterketten, Lampen und Birnen, die an der Decke hingen. Trotzdem sah es irgendwie harmonisch und schön aus, was mich zum lächeln brachte. Die vier Pferde befanden sich links und schauten neugierig hoch als ich ihr Territorium betrat. "Hi" grinste ich und trat näher. Versteht mich nicht falsch, ich kann nicht reiten und war auch nicht deswegen hier. Trotzdem wollte ich einen Blick auf sie werfen.
Ich griff mir 4 Zuckerwürfel aus dem kleinen Topf der hier an der Wand hing und ging zum ersten Pferd. Es war bis auf die weißen Beine Braun. "Spirit" las ich von dem kleinen Schild ab das an seiner Box hing. Lächelnd gab ich ihm das Zuckerstück und ging zum zweiten. "Lady Midnight" grinsend über den Namen gab ich der schwarzen süßen Stute den Würfel die auch schon aufgeregt mit dem Kopf in Richtung meiner Hand zuckte. Die nächste Stute war weiß und wirklich schön "Lady Sunlight, Ah okay ich verstehe." Immernoch grinsend lief ich weiter. Beim letzten Pferd angekommen war ich zugegeben etwas ängstlich. Der dunkelbraune Hengst war das größte Pferd hier. "Bitte sehr...Adventure. Hier ist auch dein Zuckerwürfel." Ich entfernte mich erst ein paar Schritte Rückwärts, bevor ich mich umdrehte, und betrachtete die Scheune. "Gut. Genug mit den Spielchen. Es ist Zeit zum arbeiten."
Ich platzierte einen Heuballen den ich von oben runtergeworfen hatte direkt auf der anderen Seite der Tür. Die Pferde schauten mich nur aufgeregt an, weshalb ich ihnen von meinem Plan erzählen wollte.
"Quinn Zelmant, freut mich eure Bekanntschaft zu machen. Ich bin die Neue und ich bin nur hier um zu trainieren. Warum auch immer habe ich mein EK wirklich ziemlich spät bekommen. Bei meiner ersten Trainingsstunde hat sich gezeigt wie Haushoch unterlegen ich bin." Während ich sprach stellte ich einen Eimer auf den Strohballen vor mir und die Pferde folgten mir mit ihrem Blick als würden sie mir wirklich zuhören. "Ich werde hier also ein bisschen rum probieren. Also erschreckt euch bitte nicht." Ich entfernte mich von meinem provisorischem Ziel und hob meine Handfläche Richtung Eimer. Ich spannte mich an und-
"So wird das nichts." Ich zuckte ungemein stark zusammen und fasste mir mit der Hand ans Herz vor schreck.
"Gütiger Gott haben sie mich erschreckt Madame." "Halt die Klappe." Überrascht wegen der alten Dame die aus dem nichts neben mir erschienen war blieb ich erstmal stumm. Die Oma neben mir war wahrscheinlich so um die neunzig. Sie war vielleicht grade mal 1.50 groß und trug eine seltsame Kombination aus Flipflops, einer ihr zu großen grauen Jogginghose dessen Ende ihre Füße fast verschluckten, eine braune Tunika und mehrere Ketten.
Tief atmete die alte Frau durch und stützte sich auf ihren Gehstock, der eher wie Maleficents Zauberstab aussah. Sie musterte mich aus ihren dunklen Augen die entgegen ihrem Erscheinungsbild Weisheit und Kraft ausstrahlten. "So wird das nichts." Wiederholte sie und lief zu den Pferdeboxen.
"Bitte?!" Überrascht über dieses neunmalkluge Wesen hob ich die Augenbrauen an. "Verzeihung Madame aber sie haben noch gar nichts gesehen." "Genau. Muss ich auch nicht. Ich habe dir gerade zugehört als du mit den Pferden geredet hast" Ich spürte wie mir die Röte in die Wangen schoss. "Wenn du wirklich ein Frischling bist, kannst du es so ganz sicher nicht herauf rufen." "Hey! Ich habe es schon mal in den Trainingshallen geschafft." "Na gut." Murmelte die alte Frau und drehte sich zu mir um. "Dann zeig mal was du kannst."
Genervt hob ich meine Hand wieder Richtung Eimer und zog die Augenbrauen zusammen. Ich spannte mich an und und konzentrierte mich auf meine Hand.
Doch es passierte tatsächlich nichts. Wütend darüber das ausgerechnet jetzt nichts kam fing ich an meine Hand mit ein paar Ruckartigen Bewegungen In Richtung Eimer zu Bewegung. Nichts. Nervös und unzufrieden starrte ich meine Hand an.
Wieso klappt es jetzt nicht?
Meine Handbewegungen wurden immer zappliger und Unbeherrschter und kurz bevor ich aufschreien wollte vor Frust spürte ich eine alte gebrechliche Hand auf meiner Schulter.
Die alte Dame lächelte nur wissend und zog mich aus der Scheune. "Ich werde dir mal kurz helfen. Ist ja nicht mit anzusehen. Aber gehen wir besser raus bevor du Frischfleisch noch die Scheune zerstörst."
Daran hatte ich nicht gedacht.
Sie lief zu einem Fleckchen Gras etwas weiter entfernt und setzte sich einfach auf das von Tau benetzte Gras.
"Setz dich" nuschelte sie und legte ihren Vergewaltigungsstock zur Seite.
Ich zog wiederholt die Augenbrauen zusammen und setzte mich voller Unbehagen hin.
Ein paar Sekunden sagte keiner was und ich dachte nur darüber nach wie bizarr die ganze Situation war.
Ich saß hier draussen in aller Herrgottsfrühe mit einer alten, unbekannten, fiesen Oma auf der Wiese die vielleicht noch nicht mal alle Tassen im Schrank hatte. Geil.
"Weisst du warum es nicht geklappt hat?" Durchbrach sie das schweigen.
Ich schüttelte nur den Kopf und starrte unglücklich ins Gras. Die Oma seufzte. "Was war dort denn anders als hier?" Fragte sie mich und deutete mit ihrem Daumen über ihre Schulter zur Schule. Ich dachte eine weile angestrengt nach. "Ich habe mein EK bis jetzt erst dreimal verwendet. Beim ersten mal hab ich Mist gebaut und in Panik dann jemanden verletzt der versuchte mir zu helfen. Beim zweiten und dritten Mal bin ich in der Trainingshalle fast draufgegangen...Ich war panisch." Schlussfolgerte ich.
"Ja genau. Du fühltest dich nicht wohl und angegriffen. Es war instinktiv. Ein instinktiver Wille." Sie rupfte einen Grashalm aus der Erde und betrachtete ihn. "In der Panik hattest du die vollkommene Körperkontrolle und warst 100% fokussiert auf dein Ziel. Das hattest du vorhin nicht. Ein paar Handbewegungen reichen nicht." Sie legte den Grashalm vor mich hin und verschränkte ihre Beine. Sie schloss die Augen und atmete tief durch.
Etwas verwirrt starrte ich sie an, bis mir einfiel auf den Grashalm zu schauen. In den 5 Sekunden in den ich nicht hingeschaut hatte schien der Halm seine komplette Materie verändert zu haben. Es war nun ein kleiner Baumsetzling der fröhlich aus der Erde sproß. "Wow." Ich betrachtete wie er noch ein Stück größer wurde, seine kleinen Wurzeln in die Erde schlug und ein paar winzige grüne Blätter an ihm wuchsen ehe er stoppte. "Versuch es." Sprach die Oma. "Such es in dir. Stell es dir nicht als Geschoss vor mit dem du jemanden verletzt, sondern wie diesen Baum. Lass diesen Setzling in dir wachsen und Versuch erstmal ihn nur hervorzurufen. Du solltest erstmal wissen wie du dein EK herbeirufen und verschwinden lassen kannst ehe du daran feilst wie du es effektiv für etwas einsetzen kannst. Irgendwann klappt es dann auch ohne Meditation." Ich nickte ehe ich mich ebenfalls in diese Meditations-Pose setzte und die Augen schloss. Und dann suchte ich.
Ich stellte mir einen kleinen Setzling aus Elektrizität vor wie sie gesagt hatte, der wie dieser Baum wachsen sollte. Ich atmete noch einmal tief ein und aus. Suchte in der Schwärze und dem nichts nach irgendwas lebenden. Erstmal passierte nichts.
Dann spürte ich etwas. Viel kleiner als ich es mir vorgestellt hatte, aber es war da.
Glücklich darüber zupfte ich im Geiste die kleinen Fäden daran nach oben. Es kribbelte mit etwas widerstand aber wuchs schlussendlich ein bisschen und streckte seine Blätter aus. Ich lächelte über die Wärme die von meinem kleinen, kribbelnden Setzling ausging und mein Rückgrat hoch wuchs. Ich zupfte noch etwas weiter und schlussendlich spürte ich die Wärme meines Setzlings in jeder Fingerspitze.
"Du bist überraschend gut dafür das du neu bist." Plärrte die alte Schreckschraube die ich schon fast vergessen hatte.
Ich öffnete die Augen und zuckte etwas zurück als ich die winzigen, dünnen Fäden aus Blitzen sah die bunt über meine Haut tanzten. Ich hob meine hob fasziniert meine Hand, als es auch schon wieder verschwand.
"Gut gemacht, Hungerhaken." Meckerte die Alte sarkastisch.
Weil ich nicht wusste was ich darauf erwidern sollte schaute ich sie nur genervt an. Sie sagte erstmal auch nichts, doch ich sah ein zucken ihrer Mundwinkel.
"Konzentrier dich einfach." Sie griff nach ihren Stock der Untoten und stand wackelig auf.
Ich wusste nicht warum sie mir geholfen hatte oder ob ich mich bedanken sollte, jedenfalls sah ich ihr einfach zu wie sie über den Rasen zurück zur Scheune ging.
Ich seufzte und starrte nochmals meine Hand an, auf der gerade noch bunte kleine Lichter herumgezuckt sind.
Die Schulglocke riss mich aus meinen Gedanken.
"Das darf doch nicht wahr sein!" Rief ich und stand schnell auf. Waren wirklich schon 3 Stunden vorbei?!
Mit diesem Gedanken rannte ich zurück zur Schule.

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Flash Queen
FantasyMeine Mutter hat mich gerade an ein Internat 'verkauft'. Ja. Ich soll dort warum auch immer als Stipendiantin leben. An einem Internat das am Arsch der Welt liegt. Naja halb so wild nicht wahr? Passiert doch jedem mal. Auf jeden fall hab ich, als i...