Kapitel 13

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Gestern war ein ziemlich turbulenter Tag. Eda hat sich nun vollkommen entschieden aufzuhören mit Mert irgendwas zu tun zu haben. Verständlich, ich verüble es ihr nicht. Ich sehe seine Liebe nicht, sonst hätte er das alles nicht getan. Oder? Naja ,ich habe das mittlerweile nicht mehr zu entscheiden. Es tut mir verdammt weh ihr die Entscheidung abgenommen zu haben, zu der Zeit hätte ich doch nicht gewusst, dass er sowas offenbart oder eher gesagt Özlem. Klar, ist sie nicht schwanger, sie wollte Mert bloß wieder für sich gewinnen, aber trotzdem hat er mit ihr geschlafen. Doch Eda scheint mittlerweile glücklich, und auch Firat wirkt in letzter Zeit netter und ruhiger. Nicht mehr so aggressiv und viel liebevoller. Eda hat nicht mehr vor ihn zu verlassen, diesmal nicht nur wegen Mert, sondern weil er sich ihrer Meinung nach wieder in den verwandelt, der er früher war. Ihn so zu erleben ist echt eigenartig, aber irgendwie auch süß, denn er trägt sie wortwörtlich auf Händen. Aber erst seit sie und Mert irgendwie offiziell der ganzen Meda Geschichte ein Ende bereitet haben, das ist ganze zwei Wochen her. Ob er davon weiß? Nein, wie denn auch? Was mit Mert ist weiß keiner, er ist in sich gekehrt, redet kaum mehr mit jemandem, selbst mit Can nicht. Mich sieht er immer nachdenklich an, aber was soll ich machen? Zu ihm rennen und versprechen, dass ich alles versuche zu klären? Er hat es verbockt.

Kommen wir zurück zur Gegenwart. Ich sitze auf dem Hof, es ist warm, der Herbst fängt gerade erst richtig an und die Luft ist einfach nur schön. Ich bin eine ganze halbe Stunde zu früh und sitze jetzt hier und warte. Es ist zwar warm, aber ein frischer Wind weht und lässt mich etwas erschaudern. Die Sonne scheint auf mein Gesicht und ich schließe genüsslich meine Augen. Einfach herrlich. Alles ist still, entspannt und friedlich. Ich glaube, dass ich mich nie entspannter fühle als am frühen Morgen bei solch einem Wetter. In Yusufs Armen bist du bei jedem Wetter entspannt. Ich verdrehe meine Augen bei meiner inneren Stimme. Die ist also auch wieder da. Ich ignorierte diesen Gedanken, auch wenn ich ehrlich sein muss, in seinen Armen würde sich jeder schön fühlen. Er hat starke Arme, breite Schultern und einen festen, trainierten Bauch. Das habe ich bei unserer letzten Umarmung nach dem Bioreferat gespürt. Er ist halt trainiert und welchem Mädchen gefällt das nicht? Außerdem riecht er herrlich. Dieser herbe männliche Geruch. Das ist zwar sein Eigengeruch, aber dazu kommt noch sein Aftershave. Er rasiert sich, wenn ich es richtig beobachtet habe, nur am Hals, um die Stoppel wegzubekommen. Sein Bart ist ziemlich dicht. Aber er ist mittlerweile 18 oder 19. Da ist sowas selbstverständlich. Er ist Afghane, sein Bartwuchs erinnert an einen Affen. Lustiger Weise ist er größer als alle afghanischen Männer, die ich kenne. Moment, warum meckerst du mich an, wenn du die ganze Zeit selber an ihn denkst und von ihm schwärmst, lass mich doch mitmachen. Ich bemerke jetzt erst peinlich berührt, dass meine innere Stimme recht hat. Das ist doch nicht mein Ernst, warum denke ich denn an Yusuf. Klar, träume ich nicht mehr von ihm, wie am Anfang doch ich denke an ihn. Auch wenn zwischen uns nichts mehr passiert ist, nicht mehr seit der Umarmung. Ich will mich nicht um ihn sorgen oder mir Gedanken über ihn machen. Das ist nicht das, was ich will. Aber verhindern kann ich es auch nicht.

Während zwischen mir und Yusuf zwar nichts passiert, ich aber an ihn denke, versucht Can mir immer näher zu kommen, und zwar richtig. Jede Pause ist er bei uns. Jede. Ich mag Can, aber nicht so wie er mich mag. Ja, am Anfang dachte ich, dass vielleicht etwas zwischen mir und Can sein könnte, aber es funktioniert nicht, selbst wenn ich lieber an ihn denken will, als an Yusuf. Das mit Yusuf würde niemals klappen.

Ich höre ein Lachen und öffne meine Augen. Und wen sehe ich? Yusuf... Ernsthaft jetzt?

"Na." grinst er. Ich verdrehe meine Augen und stehe auf. Er verdreht diesmal seine Augen und drückt mich wieder runter und setzt sich gleich neben mich. "Was machst du so früh hier?" fragt er. Ich sehe ihn an, direkt in die Augen. Ich hasse und liebe dieses Gefühl, das durch mich strömt wenn ich in seine Augen sehen. "Ich weiß nicht, bin halt einfach zu früh.", zucke ich mit den Schultern. Er grinst nur. Er ist wieder so lustig drauf. So... offen. "Besonders gesprächig scheinst du heute nicht." sagt er nach einer Zeit und sieht mich an. Wieder direkt in die Augen, verdammt. "Scheint wohl so.", antworte ich schlicht. Plötzlich legt er seinen Arm um meine Schulter. Ich sehe ihn fragend an. "Wenn du schon nicht redest, dann genießen wir zusammen die Sonne, wie du es getan hast, bevor ich dich unterbrochen habe." Bevor ich jedoch was erwidern konnte, zog er mich an der Schulter näher zu sich und legt seinen Kopf in den Nacken, Gesicht gen Sonne. Ich beobachte das Geschehen und etwas Faszination schwingt mit, er ist einfach so unfassbar hübsch. Ich will nicht so über ihn denken, ich will mich schließlich nicht verlieben. Das will ich nicht und ich kann mir das nicht erlauben. Nicht jetzt, nicht in Yusuf. Er grinst plötzlich und öffnet das Auge was in meine Richtung zeigt ein wenig um durch seine Augenlider zu mir zu linsen. "Willst du jetzt entspannen oder weiter so verspannt da sitzen und mich beobachten? Ich meine du kannst mich gerne beobachten, aber dann möchte ich dich auch angucken können. Sonst entgeht mir doch was. Fairness muss sein!" Er setzt sich jetzt auf und nimmt seinen Arm von meiner Schulter, an den ich mich gewöhnt hatte. Er legt seine rechte Hand jetzt auf meine Wange und fährt sie langsam hoch und runter. "Du hast weiche Haut." grinst er. Ich kann das nicht, er spielt doch mit mir. Das ist doch unglaublich. Er stiehlt mir bald mein Herz wenn ich das hier nicht beende. "Ist deine Hand aus Natur aus so? Vielleicht liegt es daran, dass du einfach kein Make Up benutzt, wie die Anderen. Zumindest nicht zu viel, wenn du es doch benutzt." Er piekst in meine Wange und lächelt. Er soll verdammt nochmal aufhören! Ich hebe meine Hand an und nehme seine Hand in meine. Er lächelt überrascht und ich hätte seine Hand fast weiter so gehalten, als ich mich an den Plan erinnere. Ich führe seine Hand wieder zurück zu ihm und jetzt verändert sein Gesichtsausdruck sich. "Was ist los?" Ich sehe ihn entgeistert an. "Was los sei? Was los sei?!" frage ich nun etwas lauter als gewollt. Zum Glück ist noch niemand hier. Er sieht mich etwas geschockt an. "Yusuf hör auf." sage ich niedergeschlagen. "Willst du mir sagen womit?" "Du verwirrst mich." murmle ich. "Wie meinst du das?" fragt er jetzt unschuldig. "Yusuf, hör auf." seufze ich und stehe auf, wobei ich nach meiner Tasche greife. "Du kannst nicht weglaufen." sagt er und steht ebenfalls auf. "Das tue ich gerade." sage ich und schultere meine Tasche. "Nein, wenn du jetzt weg gehst, wird sich an deinen Gefühlen nichts ändern. Sei doch ehrlich. Du spürst diese Spannung. Du fühlst dich auch angezogen verdammt." sagt er nun wütend. "Ich.." "Nein Nila, du bist jetzt still!" herrscht er mich an. Ich sehe ihn entrüstet an. "Was erwartest du denn von mir? Das ich jeden Tag in deine Arme stürze und mich freue dich zu sehen?" frage ich sauer. "Nein, und selbst wenn, dann wehr dich nicht gegen deine  Gefühle. Du würdest mir am liebsten jeden Tag in den Arm fallen. Genau jetzt! Genau jetzt würdest du in meine Arme schmeißen. Du willst er verdammt!" sagt er. Ich schüttle nur meinen Kopf und er rauft sich die Haare. "Lass dich doch einfach auf deine Gefühle ein!", sagt er aufgebracht. "Wie denn?!" bricht es jetzt aus mir heraus. "Du hast mich mal verabscheut! Wo ist der Yusuf hin?!" frage ich. Ich lasse meine Tasche wieder auf die Band fallen. Langsam gehe ich auf ihn zu um am Ende meinen rechten Zeigefinger in seine Brust zu bohren. "Du kannst sowas doch nicht von mir verlangen! Nicht du!" sage ich wütend. "Doch, weil ich nicht mehr der gleiche Yusuf bin!" "Wie soll ich dir das glauben?!" "Lass dich doch auf das Gefühl ein, mir nahe zu sein." "Ich will aber nicht! Ich will mich nicht auf deine Nähe einlassen. Ich kann es nicht! Nicht ohne Zweifel." "Versuch es doch wenigstens!" fährt er mich an. Ich sehe ihn einfach nur an. Einerseits hat er doch recht. Ich sollte gucken was passiert. Sollte gucken, wie sich das entwickelt. Aber... andererseits kann ich nicht. Yusuf packt mich plötzlich an den Schultern. "Umarm mich und sag mir dann anschließend, dass wir nur Freunde sind, sieh mir in die Augen und sag mir das!" sagt er. Schon hat er sich an mich gedrückt. Ich bin überfordert. Ich ... ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Doch ich schlinge einfach meine Arme um ihn und drücke mein Gesicht in seine Brust. Ich ziehe seinen Geruch durch meine Nase ein. Wieso lass ich mich nicht gehen? Ich sollte es versuchen.. oder? Als er dann langsam seine Arme lockert und auf meine Hüfte legt, sehe ich in seine Augen. Er sieht intensiv zurück in meine. "Sag es jetzt." Ich kann es nicht, die Wahrheit bringe ich nicht raus...

Ich lege meine Hand auf seine Brust und fahre mit ihr hoch zu seinem Hals. Ich streiche mit meinen Fingerspitzen über seinen Hals runter zu seinem Nacken. In seinem Gesicht bildet sich ein siegessicheres Lächeln. Ich bewege meine Fingerspitzen hoch zu seiner Wange. "Sag es." haucht er lächelnd. Ich lasse meine Hand sinken und verliere eine Träne. "Oh nein..." sagt er und seine Gesichtszüge entgleisen ihm. "Lass uns Freunde sein." sage ich einfach nur. Ich löse mich, schnappe mir meine Tasche und gehe in Schulgebäude. Es tut mir doch leid...

HIS~Nila&YusufWo Geschichten leben. Entdecke jetzt