Kapitel 14

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"Amir!" ruft Sahar wütend und fängt an ihn zu schlagen. Er lacht und hält ihre Handgelenke fest. Klar, dass ihre Schläge bei ihm nichts ausgelöst haben, auf jeden Fall keinen Schmerz. Bei Sahars kleinen Fäusten, können die Schläge echt nicht weh tun. Ich lachte über die Situation, genau so wie Eda und Amir. Plötzlich spürte ich, wie eine Person sich neben mich setzt. Wobei du insgeheim auf Yusuf hoffst. Ich verdrehe innerlich meine Augen, nicht schon wieder. Auch wenn ich mir die Enttäuschung nur schwer verkneifen konnte, als Can neben mir saß. "Hey!" er grinst und ich lächle zurück. "Hay, na wie geht's?" fragt Eda und auch Amir und Sahar fingen an sich zu beruhigen. Die Beiden könnten insgeheim vielleicht sogar zusammen sein, so wirken sie auf jeden Fall. Can legt seine Hand auf meine, unterm Tisch. "Mir geht's gut." grinst er. Mir ist beim Händchenhalten mit ihm nicht so wohl zu Mute, wie ihm. Lösen tat ich das Knäul aus unseren Händen trotzdem nicht. Den Mädels hatte ich alles erzählt. Wie es zwischen Yusuf und mir gestern lief. Seit dem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Das mit Can unterstützten sie immer noch, aber innerlich hofften beide auf Yusuf. Im Endeffekt habe ich ihn jedoch abgewiesen. Ob ich es bereue? Das werde ich wohl noch sehen. "Wollt ihr mir jetzt eigentlich erklären, warum Sahar versucht hat Amir zu schlagen?" fragt Can grinsend. "Weil er meinen Saft getrunken hat." Sie nimmt das kleine Trinkpäckchen in die Hand und hält es Can entgegen. "Hey, ich habe dich jetzt immerhin indirekt geküsst." sagt er grinsend und Sahar wird rot vor Scham. "Idiot!." murmelt sie und versteckt ihr Gesicht hinter ihren Haaren. Ich lache und wünsche mir wirklich, dass das mit Amir und Sahar klappt, denn sie sind süß zusammen. Wirklich süß, auch wenn das nicht immer so bleibt, denn manchmal werden die Beiden wütend auf einander und genervt von einander. Sahar hätte eine Beziehung mit Amir verdient. Sofort muss ich an Yusuf denken. Das gestern hat irgendwas in mir gebrochen und ob das richtig war ist nochmal eine ganz andere Frage. Sahar und Eda sind er Meinung, dass ich ihn mag, es ihm bloß noch nicht zeigen kann. Alles bei seiner Zeit. Und das ist es. Jede Minute der Ungewissheit fühlt sich an wie eine Stunde. "Alles okay?" fragt Can und ich drehe meinen Kopf zu ihm, der vorher auf meine Hand gestützt war, die auf dem Tisch gestützt war. "Klar, was soll sein." lächelte ich, doch seufzte innerlich. Er merkte es mir nicht an. Das ist auch so eine Sache, Yusuf hat sowas immer erkannt, sei es beim Lernen oder sonst was. Wenn ich Angst hatte vor einer anstehenden Klausur und wir dabei für den Bio Vortrag übten, merkte er es mir trotz meines Lächelns an. Ich mochte die Zeit, als wir noch diese Nähe hatten, aber beiden nicht darüber geredet haben, was das nun war. Das war irgendwie schön, weil nach dem Gespräch sieht man ja jetzt, was aus uns geworden ist. Ich war zwar die, die diese Feststellung wollte, aber ich konnte auch nicht einfach über alles aus der Vergangenheit hinwegsehen und mit ihm irgendwas anfangen. Und ob ich nicht doch irgendeine Wette bin? Oder seine Gefühle nicht vorgegaukelt sind? Von Liebe hat er gestern ja sowieso nicht geredet. Aber vielleicht meine er ja mit Gefühlen die aufkommende Liebe... Ich verwarf diesen Gedanken, doch nicht Yusuf... Vor allem meint er nicht mich. Und gerade, als ich versuchte mir doch ein paar Punkte aufzulisten, bei denen ich für Yusuf in Frage kommen würde, kam er lächelnd zu uns und klatschte bei Amir ein. Bei Amir, Sahar und Eda. Mich und Can ließ er aus. Mir schenkte er einen leeren Blick.

Autsch.

"Kann es sein, dass wir immer mehr Zeit mit euch verbringen müssen, seit Amir und Sahar ihre zukünftige Hochzeit planen?" fragt Yusuf in die Runde, was aber eher an die drei Anderen ging und mich ausschloss. Er beachtete mich nicht. Überhaupt nicht. "Junge!" ruft Amir grinsend und schlägt ihn auf den Nacken. Sahar wurde wieder rot und versteckte ihr Gesicht in ihren Händen. "Du musst ja nicht hier sein." sagt Eda lächelnd, aber trotzdem auf einer provokanten Ebene. Ich liebe dieses Mädchen. "Ich habe Amir gesucht, Kleines." sagt er einfach nur schulterzuckend. Plötzlich kommt ein Mädchen auf uns zu. Ich sah sie an und sie war echt... unfassbar hübsch. Von wo hat er die denn? "Hey, Canim." sagt sie und wir alle außer Yusuf sehen sie verdutzt an. Sogar Amir. "Hey." sagt er lächelnd. Sie setzt sich zu uns und lächelt uns alle an. "Das ist Aliah. Meine Freundin." stellt er sie vor. Und schon fliegt mein Herz weg. Irgendwo ganz weit weg. "Deine Freundin?" fragt Amir überrascht und sieht kurz zu mir rüber. Ich bekomme das Gefühl , dass Amir alles weiß. "Ja, die bin ich und du bist Amir oder? Yusuf hat mir viel über dich erzählt." sie lächelt ihn an. Eda und Sahar werfen mir Blicke zu. 'Yusuf hat mir viel über dich erzählt' ? Du bist höchstens einen Tag mit ihm zusammen und du hast viel über Amir gehört?! Wer bist du überhaupt?! "Ich hoffe es macht euch nichts, dass  ich hier bin." Sie ist so nett und höflich. Sie ist die perfekte Vorzeige Schwiegertochter. Sie ist eine hübsche Türkin mit glänzendem glatten Haar, wogegen meine dunklen Wellen aussehen wie die von einem Pudel. "Das ist doch kein Problem, Zindagim." Beim letzten Wort, meinem Spitznamen, sieht er zu mir. Aber ganz schnell widmet er sich wieder seiner Freundin. Denn er küsst sie. Vor uns. Wild presst er seine Lippen gegen ihre und sie war völlig benommen. Sie sieht danach nur leicht errötet in seine Augen. Er lächelt und erwidert ihr Lächeln. Beide sind leicht aus der Puste. Heilige Scheiße, was geht denn hier ab. Mein Herz flog zu mir zurück, nur um zu zerbrechen und in Einzelteilen zusammen zufallen. Und jetzt kommt der Punkt, wo ich anfange zu bereuen, aber nur ein kleines Bisschen... oder? Das Schlimmste an all dem ist, dass er sich wirklich ein anständiges Mädchen rausgegriffen hat. Wie ist er an einem Tag an sie rangekommen? Er weiß, dass mich eine Schlampe nicht verletzen würde, aber sie wirkt so... süß und nett und authentisch. "Entschuldigt ihr mich bitte? Ich muss mal kurz auf die Toilette." Can sah mich komisch an und Eda und Sahar, die mir folgen wollten, brachte ich mit einem Blick zum Sitzenbleiben, denn jetzt brauchte ich Zeit. Für mich. Ich schnappte meine Tasche und beim Rausgehen, hörte ich nur noch, wie Yusufs perfekte Freundin fragte, ob alle bei mir okay sei. Sie ist aufmerksam. So verdammt aufmerksam. Ich verkniff mir meine Tränen. Das konnte doch nicht wahr sein. Entweder provoziert er mich, oder zeigt mir, dass seine Worte  gestern nicht ernst gemeint waren. Mir lief eine Träne über die Wange, als ich durch den Flur lief, raus auf den Schulhof. Ich habe ihn abgewiesen. Warum reagiere ich jetzt so, als ob er mich abgewiesen hätte? Hat er nicht. Deshalb sollte ich mir was anderes überlegen. Wie sollte ich reagieren? Ich wischte mir Tränen aus den Augenwinkeln und lief zurück. Von der Pause blieben jetzt noch 20 Minuten. Ich werde es ihm zeigen, mit mir konnte er sowas nicht tun. Als ich die Cafeteria betrat, sahen mich alle von unserem Tisch an. Ich lächelte und ging auf den Tisch zu. Ich setzte mich lächelnd und schaue die anderen an. "Und habe ich irgendwas verpasst?" Ich bekam verwirrte und besorgte Blicke. Doch Yusufs Freundin antwortete. Ich hatte übrigens keine Lust zu ihren Namen zu nennen, nicht gerade nett, aber trotzdem. Selbst wenn sie nicht dafür kann. "Nichts aber geht's dir gut?" fragt sie lächelnd. Wie ich nette Menschen hassen möchte, ich kann es aber nicht! "Ja, mir geht es gut danke der Nachfrage." lächle ich. "Ich musste bloß kurz an die Luft, ich hab manchmal ein Atemproblem." Was an sich nicht mal gelogen ist. "Sag mir nächstes Mal Bescheid." sagt Can plötzlich besorgt und nimmt meine Hand. Ich nicke und küsse ihn schnell auf die Wange. Er war überrascht und lächelte anschließend, Sahar und Eda hingegen warfen mir den, mach nicht so weiter Blick zu. Mann, scheiße... Ich will Can nicht ausnutzen. "Ihr beide seid ziemlich süß zusammen, habt ihr überlegt zusammen zukommen?" fragt Yusuf aus dem nichts. Ich verschluckte mich an meinem Wasser, nachdem ich einen Schluck aus meiner Flasche nahm. Es ließ ihn also kalt. Can klopfte mir auf den Rücken, bis ich mich beruhigte. "Du hast Recht!" sagt Aliah. "Bak(Guck) wie besorgt Can doch ist." lächelt sie. Ich würde ihr dieses Lächeln gerne aus dem Gesicht wischen. Can guckt mich lächelnd an und küsst mich plötzlich auf die Wange. Ich lächle ihn gespielt süß an. Ich konnte nicht WIRKLICH lächeln. Ich komme mit der ganzen Situation im Moment nicht zurecht. Ich kann das nicht. Als ich zu Yusuf sah, blickte er mir direkt in die Augen. Diese Augen... Ich kann das nicht. Ich sehe weg und tue so als hätte mein Handy vibriert. "Oh ich denke, ich muss los. Mein Vater wartet draußen auf mich. Ich muss was abholen." sage ich entschuldigend. Die Mädels sehen mich an mit einem 'Wir-reden-später-Blick'. "Ich komme mit." sagt Can entschlossen. "Ihr Vater steht draußen, das ist keine gute Idee." sagt Yusuf kalt zu Can und ist für meine Augen sichtlich angespannt. Can bemerkt seinen Fehler doch, sieht Yusuf nur böse an. "Wir sehen uns später." sagt Can lächelnd und umarmt mich, wobei er kurz in mein Ohr flüstert: "Ich würde dich am liebsten küssen." Ich gucke ihn überrascht an, doch er zwinkert nur. Ich...okay ich muss hier weg. Ich laufe los und als ich aus der Cafeteria raus bin, wollte ich um die Ecke biegen, als ich an einer Schulter gepackt wurde und rumgerissen wurde. Yusuf steht vor mir, mit kaltem Gesichtsausdruck. "Was war das?" fragt er mich. "Was soll gewesen sein?" stelle ich die Gegenfrage. "Du willst nichts von Can, warum nutzt du ihn aus?" fragt er. "Das tue ich nicht, ich mag ihn." sage ich. Er lacht gehässig. "Genau.", kommt es sarkastisch von ihm. Ich sehe ihn wütend an. "Achso, aber dass du deine neue Freundin anschleppst war normal?! Und dann küsst du sie noch?! Angebliche Gefühle, ich wusste, dass ich dir nicht vertrauen kann." "Sei leise, Nila, ich meine es verdammt ernst!" "Von wo hast du die Kleine eigentlich? Brichst du ihr wegen mir extra das Herz? Mir macht das nichts aus, lass sie doch einfach raus aus dem Spiel." "Sie vergöttert mich, genau so eine Freundin habe ich gesucht." sagt er schulterzuckend. "Und innerhalb von einem Tag gefunden." sage ich augenverdrehend. "Sie denkt, du wärst ihre wahr Liebe. Sie ist zu gut für so eine Scheiße!" "Ach und Can denkt das nicht? Er denkt du wärst die Frau, die ihm später seine Kinder schenkt, mit der er später ein Haus kauft und glücklich wird." Ich zucke mit den Schultern. "Vielleicht." sage ich schlicht und kann es mir aber innerlich nicht vorstellen. Nicht mit Can, so Leid es mit auch tut. "Verdammt, es gibt kein Vielleicht, ich merke doch, wie künstlich du in seiner Nähe bist!" ruft er wütend. "Was geht dich das an?! Was, hm?!" "Alles, verdammte Scheiße!" schreit er und mit einem Mal schlägt er mit seiner rechten Hand gegen die Wand neben mir. Ich sehe schockiert zu seiner Faust. Er öffnet seine Faust und lehnt mit der Hand gegen die Wand. Die andere Hand kommt auf die Wand zu meiner anderen Seite. Ich bin gezwungen weiter nach hinten zu laufen, gegen die Wand. Mit dem Rücken lehnte ich nun gegen sie. Er sah mir dann direkt in die Augen. Ich blinzelte eine Träne aus meinem Augenwinkel. Er sah sie offensichtlich und hob die Hand, die verletzt war. Er nahm die Träne mit dem Zeigefinger auf und sah sie sich an. "Du gehst mich was an. Und solange du mir deine Gefühle nicht öffnest, mir nicht zeigst, was du empfindest und die Verschlossene spielst, werde ich mit Aliah nicht Schluss machen. Sie wird leiden, du wirst leiden und Can wird leiden. Solange bis du endlich eingestehst, dass du mich willst. Bis dahin kannst du so tun als ob es mich nicht gäbe. Denn genau so sieht es im Moment aus." und mit diesen Worten ließ er mich verletzt an Ort und Stelle zurück.

HIS~Nila&YusufWo Geschichten leben. Entdecke jetzt