Samstag 13.07 04:35

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Elana hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes einen Wolf getanzt. Ihre noch recht neuen Schuhe hatten an den Hacken kleine Scheuerwunden hinterlassen und so hatte sie es sich auf einer der Sitzgelegenheiten bequem gemacht und beobachtete die Leute. Matze ließ sich neben ihr nieder und schaute ihr direkt mit seinen vernebelten, grünen Augen ins Gesicht. So wie sie das sah, war er total neben der Spur. Schweißgebadet und ein hängendes Lächeln auf den Lippen.
"Du Ella?", rief er ihr zu. Sie kam ihm näher so gut es ging. Selbst kaum noch in der Lage sich präzise zu bewegen.

"Was gibts Matze?"
"Was geeeeht?", blökte er in ihr Ohr. Sie fuhr zusammen und schaute ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Missgunst an. Er grinste breit.
"Nicht viel. Hab mir die Hacken aufgescheuert und kann nun nicht mehr abdancen. Das nervt." Er betrachtete sie von unten bis oben, so gut es ging in ihrer sitzenden Position. Es sah äußerst anstrengend aus für den jungen Mann. Es ließ sie milde und nachsichtig lächeln.
"Wollen wir ein bisschen rausgehen? Da kann man besser quatschen. Wir suchen uns ne Bank oder so", fragte er schließlich. Sie überlegte nicht lange, dabei wäre eh nichts rum gekommen. Sie nickte und nahm ihn bei der Hand um ihn mit sich hoch zuziehen.

Der Himmel verriet schon, dass die Sonne sich bald blicken lassen würde und es war angenehm draußen. Dadurch, dass Elana nicht mehr weiter tanzen konnte, war ihr Schweiß getrocknet und sie konnte die laue Luft außerhalb des Klubs genießen.
Nur wenige Schritte mussten sie zurücklegen um eine Sitzgelegenheit zu finden. Eine lehnenlose Bank in einer halbwegs abgelegenen Gasse. Ausreichend. Hier war es noch ziemlich dunkel. Die hohen Häuser ließen kaum Licht vom Himmel durch. Die nächste Laterne war einige Meter entfernt, an der nächsten Straße. 

Matze steckte sich eine Zigarette an und hielt Elana die Schachtel hin. Sie tat es ihm gleich.
"Man das Zeug was Freddy mitgebracht hat ist ja echt übel", sagte er beiläufig und schwankte dabei bedrohlich auf der Bank hin und her. Seine Augen waren klein. Die Pupillen trotzdem riesig. Elana hoffte, dass sie nicht auch so aussah.
"Allerdings. Ich will nicht wissen, was das gekostet hat." Er schaute sie verwundert an.
"Wieso weißt du das denn nicht? Scheißviel hat das gekostet." Die Brünette lachte.
"Hallo? Jess ist Freddys Freundin und so?" Es ratterte einige Augenblick in ihm, das war deutlich zu sehen. Doch dann entspannten sich seine Züge.

"Ach ja. Verdammt, hab ich verplant. Titten müsste man haben." Er lachte laut. Das mochte Elana an ihm. Er war sich nie zu schade um über sich selbst zu Lachen und das sogar ehrlich. Matze war ein guter Typ. Sie konnte verstehen, dass ihre beiden Freundinnen sie gern in seinen Armen sehen würden. Außerdem behandelte er seine Freundinnen gut, wie Ladys, soweit Elana das durch Erzählungen einschätzen konnte. Er wäre ein guter Fang, aber sie wollte ihn nun einmal nicht. 
"Du Ella. Ich muss dich mal was fragen." Sie zog eine Augenbraue hoch, zog genüsslich an ihrer Zigarette und wartete. Ihr schwante schon was da kommen würde.

"Wieso sind wir beide eigentlich noch kein Paar? Ich meine ich weiß was da letztes Jahr mit dieser Freundin von Lexi gelaufen ist, aber deshalb bist du doch jetzt nicht ganz vom anderen Ufer, oder?" Volltreffer. Sie dachte kurz nach. So genau war sie sich da nämlich gar nicht sicher. Damit beschäftigte sie sich auch gar nicht groß. In solchen Kategorien zu denken war eh nicht ihr Ding. Laut ihrer Auffassung liebte man einen Menschen, nicht ein Geschlecht.
"Nein, das würde ich so nicht sagen, Matze. Keine Ahnung, warum wir nicht zusammen sind. Ich denke ich steh einfach nicht auf dich. Sorry." Er starrte vor sich hin. Für Elana war es undeutbar, was grade in ihm vorgehen mochte.

"Woher weißt du das so genau? Ich meine woher weißt du es, ohne es probiert zu haben." Der Brünetten schwante nun gar Böses. Ein frecher Schalk war auf sein Antlitz geschlichen und gab seinen Zügen etwas Verschlagenes. 
"Woher soll man das wissen? Matze, ich mag dich. Wir sind Freunde. Mehr ist es aber auch nicht." Ohne Vorwarnung warf er seinen Arm um ihre Schulter und zog sie daran zu sich. Hart presste er seine Lippen auf ihre und schob ihre Lippen mit seiner Zunge forsch auseinander.

Elana wurde schwindelig. Mit beiden Händen auf seiner Brust schob sie ihn bestimmt von sich weg. Es dauerte einen Augenblick bis sein Oberkörper nach gab und seine Lippen ihre wieder verließen. Fassungslos schaute sie ihn an. Er hielt dem Blick nicht stand und schaute zu Boden.
"Alter, Matze!", presste sie verärgert hervor.
"Ja sorry, Ella. Die Frage, ob du es jetzt anders siehst erübrigt sich wohl", entschuldigte er sich resignierend. Von Scham jedoch keine Spur. Den Drogen sei Dank. Innerlich verfluchte Elana das Zeug dafür, dass es so willenlos machen konnte.
"Allerdings. Du spinnst doch." 

Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, bis ihre Wut verraucht war und Matze seinen Mut wieder fand.
"Tut mir wirklich leid, Ella. Ich hoffe das macht unsere Freundschaft jetzt nicht kaputt." Ein schwaches Lächeln glitt über ihre Lippen.
"Passt schon. Mach das aber nicht noch mal. Bei keiner Frau. Damit landest du nie", erklärte sie noch immer lächelnd. Er erwiderte es so gut es ging.
"Weißt du, Jess und Lexi haben mich angefixt. Ständig liegen sie mir damit in den Ohren. 'Ella und du ihr wärt so ein schönes Paar.' Bla bla bla."

Er griff auf seine Oberschenkel und krallte sich in seine Jeans. Elana legte beschwichtigend ihre Hand auf seine, bevor Wut seinen Verstand weiter verdrehte.
"Ich weiß. Mich haben sie auch ständig damit voll gelabert."
"Jetzt nicht mehr?"
"Jetzt nicht mehr."
"Wie hast du das denn geschafft?" Sie atmete tief durch. Eigentlich war das nichts worüber sie mit einem der Jungs reden wollte, aber Matze hatte sich ein wenig Ehrlichkeit verdient.
"Ich hab da letztes WE jemanden morgens in der Bahn kennengelernt", erklärte sie ruhig. Er zog eine Augenbraue hoch und fing an zu grinsen.

Jetzt war er wieder ihr Kumpel.
"Ach was. Erzähl!" Elana atmete tief ein und verdrehte die Augen.
"Wir haben sie Samstag und Sonntag Morgen in der Bahn getroffen und am Sonntag hat sie mir ihre Nummer zugesteckt. Nachdem ich ihr dann irgendwann geschrieben habe, waren wir Sonntag Abend noch Essen. Seit dem schreiben wir. Morgen gehen wir aus. Kurzfassung."
"Hehe, Ella. Und wie sieht sie aus? Ist sie heiß? Wart ihr schon miteinander in der Kiste?" Elana errötete.

"Sag mal spinnst du? Selbst wenn es so wäre, würde ich es dir ganz bestimmt nicht sagen! Und zu der anderen Frage. Sie hat blonde, lange Haare. Schlank und groß. Augen zum Niederknien. Volle, sinnliche Lippen. Sie ist charmant und witzig. Ach ich könnte noch eine ganze Weile weiter erzählen."
"Mensch, nicht schlecht. Und ihr habt euch nicht mal geküsst?" Ihre Augen verengten sich.
"Sag mal brauchst du ne Wichsvorlage, oder was?" Er fuhr hoch.
"Quatsch! Was denkst du denn von mir. Also habt ihr?" Elana betrachtete ihn abschätzend.
"Dass du nur mit deinem dritten Bein denkst, so wie alle von euch." Sie streckte ihm die Zunge heraus und zwinkerte.
"Das heißt ja", merkte er wieder grinsend an.
"Ahja? Wer weiß."
"Wer weiß?"
"Ja. Wer weiß."

NachtschwärmerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt