Sonntag 07.07. 20:51

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D hielt ihr galant die Tür auf. Ein verträumtes Lächeln dabei auf den Lippen. Draußen war es noch mild. Die Sonne hatte ihren Zenit auch noch nicht ganz erreicht. Eine laue Brise wirbelte Elanas hellbraunes Haar auf, woraufhin sie sich einige Strähnen hinters Ohr schob.
"Hast du noch etwas Zeit?", fragte die Altenpflegerin bevor eine Pause entstehen konnte.
"Ja, ein wenig schon", gab sie zurück ohne weiter darüber nachzudenken.

"Ich würde gerne noch da weiter quatschen, wo uns der Kellner vorhin unterbrochen hat. War vielleicht auch nicht der richtige Ort für sowas." Elana schluckte. Die Neugierde der Anderen schmeichelte ihr zwar, aber sie fand es auch etwas forsch und darum etwas befremdlich. Die Brünette seufzte resignierend.
"Ok." D schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Elana schmolz dahin, wenn sie ehrlich war. Sie machte aus ihrem Interesse wahrlich keinen Hehl. Die Blinker ihres schwarzen Kleinwagens signalisierte, dass das Auto geöffnet worden war. Die Blondine eilte herum und öffnete Elana die Beifahrertür.

"Wie charmant", kommentierte die Jüngere. D grinste nur.
"Ich will ja was von dir." Elana schmunzelte augenverdrehend und ignorierte die Hitze, die ihr in die Wangen schoss, so gut es ging.
"Wie das klingt." D setzte eine unschuldige Miene auf, nachdem sie eingestiegen war.
"Wieso denn? Ist doch so." Sie zuckte mit den Schultern, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn herum. Geschmeidig sprang der Motor an.
"Ahja. Kannst du das auch genau benennen?"
"Gleich, wenn wir auf der Umgehungsstraße sind." Schon wieder dieser verschlagene Gesichtsausdruck. Niedlich irgendwie, doch Elana bezweifelte, dass das etwas gutes vermuten ließ.

D ließ die Fenster runter und schien den Fahrtwind sichtlich zu genießen.
"Musik?"
"Immer." Einvernehmlich lächelten die beiden Frauen sich an. Zum ersten Mal, wie es Elana schien.
Die Anlage war wohl noch auf volle Lautstärke gestellt. Denn streichende Klänge ließen die Boxen in dem kleinen Wagen vibrieren. Die Stimme eines Tenors erklang und seine langgezogenen Töne ließen die Boxen noch stärker zittern. Rasch drehte die Blondine die Lautstärke runter.

"Das ist Andrea Bocelli, oder?" D zog eine Augenbraue hoch und warf der Andren einen Blick von der Seite zu.
"Stimmt. Kennst du das Stück?" Elana lehnte sich im Sitz zurück und streckte ihre Rechte raus in den Fahrtwind.
"Nein. Ist eigentlich nicht meine Musik, aber diese Stimme erkennt man. Magst du wieder aufdrehen?" Die Altenpflegerin lächelte sanft, was Elana entging und drehte das Rad des Radios wieder rechts herum.

Die Brünette atmete genießend ein und wieder aus und schloss die Augen. Das Lied war wirklich wunderschön, wenn auch sie nicht alles verstand.
Immer wieder spürte sie den forschenden Blick auf sich ruhen, doch sie hielt dem Drang stand ihn zu erwidern.
Der Wagen kam schließlich zum Stillstand und Elana wagte es noch immer nicht ihre Augen zu öffnen. D ließ den Schlüssel stecken. Die mal sanften und dann immer wieder emotional aufwühlenden Stücke flogen berauschend an der jungen Kauffrau vorbei.

Ihr Musikgeschmack war schon immer weit gefächert, doch dass sie diese Art Musik sie so in eine andere Welt abtauchen lassen konnte, überraschte sie. Keine harten Bässe. Kein Drang sich zu bewegen, bis der Schweiß aus allen Poren trat. Keine Notwendigkeit sich irgendwelche Drogen reinzupfeifen um das Erlebnis zu intensivieren.
Irgendwann gewann allerdings die Neugierde die Überhand und der spürbare Blick der Anderen wog allmählich schwer auf ihrem ausgelaugten Körper.

Als sie ihre Augen öffnete musste sie gegen die Sonne anblinzeln, obwohl diese sich schon dem Horizont hingab. Dieser war in Rot- und Orangetöne getaucht und ein Flugzeug durchbrach grade die Strahlen die Elana blendeten.
Sie schaute sich um. Sie parkten unweit einer kleinen Brücke, die sich über die Umgehungsstraße, welche zum Flughafen führte, erstreckte. Ihr Blick schweifte weiter in die dunklen, blauen Augen, die von einem sanften Lächeln umspielt wurden. Elana erwiderte das Lächeln.

Ein guter Ort, um ungestört zu reden. Es standen zwar noch ein paar andere Autos am Rand der Straße, die ins Nichts führte, aber merkwürdigerweise kam es ihr dennoch vor, als wären sie alleine. Die Brünette beugte sich vor und drehte die schönen Klänge schweren Herzens leiser.
"Zu dieser Tageszeit war ich noch nie hier. Früher war ich oft mit meinem Paps hier. Aber da gings noch darum sich die Flugzeuge anzuschauen." D schmunzelte. Noch immer lag diese erstaunliche Sänfte in ihrem Blick.

"Sind wir aus einem anderen Grund hier?", fragte sie ruhig und wandte ihren Blick aus der Windschutzscheibe an der gerade wieder ein Flugzeug startend vorbei zog. Elana folgte dem Blick.
"Die Flieger interessieren mich grade weniger." Sie seufzte wohlig und lauschte wieder den, nun leisen, Klängen des Tenors.
"Was denn sonst?" Eine plumpe Frage, doch die klare, ruhige Stimme legte so viel Gefühl mit hinein, dass die Brünette nicht umhin kam seicht vor sich hin zu lächeln.
"Ich weiß nicht ob ich mich jemals so wohl gefühlt habe, wie just in diesem Moment." Als Antwort drehte D das Autoradio wieder auf. Verschränkte ihren linken Arm hinter dem Kopf, machte es sich grinsend bequem und schloss schließlich sogar die Augen.
Elana ergriff schweigend, in einem Anflug von Dankbarkeit, die Hand der Anderen, die auf dem Schaltknüppel lag und sank wieder zurück in den Beifahrersitz.

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