Es ist vorbei

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"Was macht ihr hier?" Haldir ließ die Klinge sinken. "H-Haldir" stotterte ich etwas überumpelt. Ich kannte ihn. Nicht sonderlich gut. Er hatte mich zu Galadriel gebracht, als ich in Lorien war. "Warum bist du noch hier unten? Der Kampf wird gleich beginnen." Seine Stimme war ruhig, schon beinahe gelassen. "Das könnte ich dich auch fragen." Soweit ich mich erinnern konnte war er sogar Herrführer von Lorien. Wir hörten ein Horn und schreckten beide leicht auf. Es ist soweit. "Ich muss gehen. Ich wünsche euch alles gute." Und dann war er verschwunden.

Als ich oben an der Mauer ankam regnete es strömen. Ich stellte mich einfach zu den Elben. Ich sah Aragorn. Ungefähr fünfzehn Meter von mir entfernt. Für einen Augenblick sah er in meine Richtung. Ich drehte meinen Kopf schnell weg. Und hoffte dass er mich nicht gesehen hatte. Alles war ganz ruhig. Nur der Regen fiel in strömen hinab. Für einen Moment lauschte ich dem Geräusch. Bis der erste Pfeil fiel. Ein Ork stürzte nach vorne. Das war das Startsignal. Die ersten Pfeile wurden abgeschossen. Laute Befehle herumgerufen. Für einen Moment glaubte ich Legolas stimme zu vernehmen. Orks erklimmten die Mauer. Ich schoss Pfeil um Pfeil, aber sie wurden einfach nicht weniger. Immer mehr kamen auf mich zu. Elben neben mir wurden erschossen oder erstochen. Und dann war ich ganz alleine auf dem Stück der Mauer. Ich hätte wahrscheinlich nicht mehr wirklich lange ausgehalten, doch ich bekam hilfe. Boromir. Er sah mich an, als er mich erkannte lächelte er. "Ich wusste es." Er grinste breit. "Aragorn und ich hatten gewettet. " Ich lächelte und erneut spannte ich meinen Bogen. Ein Ork, der schon einen Pfeil von mir in seiner Brust hatte, kam direkt auf mich zu.
"Alea" rief Boromir. Der Ork hatte meinen Bogen in die Hand genommen. Ich reagierte zu spät. Er drehte den Bogen, sodass mein Handgelenk knackte. Meine hand durchzog ein unglaublicher Schmerz. Ich ließ den Bogen loß. So schnell ich konnte zog ich einen Dolch aus meinen Stiefel und rammte ihn in den Hals von Ork. Er brach zusammen. Ich hob mein Bogen auf. Dylan hatte mich gelehrt ihn niemals loszulassen... "Alea" Hörte ich Boromir wieder rufen.
Ich drehte meinen Kopf zu ihm. Er warf sein Schild zu. Gerade noch rechtzeigig, denn ein Pfeil kam direkt auf mich zu. Ich wehrte ihn ab und warf Boromir sein Schild zurrück. "Danke." Die Orks kamen nicht mehr auf diese Stelle der Mauer. Fragend sah ich mich um. Nicht sehr weit von uns konnte ich Aragorn und Legolas erkennen. Aragorn sagte etwas laut, aber ich konnte ihn nicht verstehen. Er drehte sich zu uns. Seine Augen waren weit geöffnet. Ich war gerade dabei zu verstehen, was er meinte. Als ich in die Luft katapultiert wurde. Ein Sprengstoff. Für einen Moment war alles weiß. Der Aufprall war hart. Und so stark,dass ich nach dem Aufprall noch mehrere Meter weiterollte. Mein Kopf schmerzte. Auf meinen Ohren war ein nerviges, langanhaltenes Piepen. Erst nach wenigen Augenblicken wurde es weniger. Dafür kam der Lärm vom Schlachtfeld wieder. Die Schreie. Klinge, die auf einander stießen. Meine Sicht war durch den vielem Regen verschwommen. Obwohl es wohl eher die Tränen waren, die ganz gleich was ich tat hoch kamen. Aragorn, Boromir... und Legolas. Ich muss sie finden. Lebendig. Aragorns letzten Blick würde ich wohl niemals vergessen. Vor mir sah ich Elben und Menschen die gegen Orks kämpften. Sie müssen mich für tot halten. Ich rappelte mich auf. Konzentrier dich. Sagte mein Kopf. Meine Beine wollten im erstem Moment nicht richtig funktionieren. Aber auch das klappte schließlich. Meinen Bogen lag kaum einen Meter neben mir. Wenigstens habe ich es einmal geschafft. Auch mein Köcher war noch da. Ich war mittem im Geschehen. Menschen und Elben kämpften gegen Orks. Etwas weiter links sah ich das riesige Loch, dass die Explosion in die Mauer hinterlassen hatte. Gleich werden die Orks die oberhand gewinnen. Wir werden sterben. Ich lief nach links, der Mauer entlang. Ein Schild lag zerbrochen am Boden. Es lag dreckig im Schlamm. Ein Pfeil steckte drin. Es hätte von jedem kommen können. Und doch ließ mich der Gedanke nicht los, dass es von Boromir war. Ich lief noch schneller. In der Hoffnung den vermutlichen Besitzer noch lebendig zu finden. Und ich fand ihn. Kaum zwanzig Meter entfernt. Boromir. Die Explosion hatte ihn stärker als mich getroffen und trotzdem kämpfte er gegen mehrere Orks gleichzeitig. Für einen Moment war es genauso, wie bei dem Kampf am Anduin. Er stand auf einem Haufen von toten Orks. Er war ein leichtes Ziel.
Ein Ork spannte seinen Bogen. Instinktiv spannte ich auch meinen. Meine Hand tat schrecklich weh. Bleib ruhig. Einen Moment rührte ich mich nicht. Dann ließ ich meine Pfeil zeitgleich mit dem Ork los. Doch dieses mal hatte ich mein Ziel verfehlt. Meine Hand ging noch zu meinem Köcher. Doch es war zu spät. Der Pfeil hatte Boromir getroffen. Und indem Augenblick, als mein Herz es realisiert hatte, versagte meine Hoffnung. Du hast versagt. Er wird sterben. Wegen dir.
Er verlor kurz das Gleichgewicht, doch er schaffte es stehen zu bleiben. Er kämpfte weiter. Was tut er da? Die Orks wurden einfach immer mehr. Ich muss zu ihm. Ich rannte so schnell ich konnte auf ihn zu. Auf dem Weg fand ich ein Schwert auf dem Boden. Ich hob es auf und stieß es dem Ork mit dem Boromir grade gekämpft hatte in den Rücken. "Alea" Sagte Boromir erneut. Er war überrascht und glücklich zugleich, obwohl der Schmerz aus seiner Stimme unüberhörbar war. "Boromir was machst du noch hier? " Ich sah auf den Pfeil der aus seiner Brust ragte. "Lass dich verartzten." Doch Boromir sah nicht so aus, als würde er auf mich hören. "Bitte" Sagte ich verzweifelt. In diesem Moment traf ihn ein zweiter Pfeil. Ich schrie auf. Die Wucht schleuderte Boromir gegen die Mauer. Ich schoß ein paar Pfeile ab. Ohne genaues Ziel. Einfach irgentwo hin. Warum hab ich den Ork nicht erlegt? Warum hab ich nicht aufgepasst?
Meine Augen füllten sich erneut mit Tränen. Bitte nicht. Aber ich wusste, dass es zu spät war. Ich spürte es so sehr. Boromir lag am Boden. Ich kniete nieder. Ließ den Boden erneut los. Nahm sein Gesicht in meine Hände. Sollen die Orks mich doch erschießen, erstechen oder nocheinmal in die Luft sprengen. Ich werde hier bleiben. "Boromir... " flüsterte ich leise. "Alea... ich muss mit Aragorn sprechen. Ist er hier? " Ich drehte mich hastig in alle Richtungen, aber er war nicht hier. "Ich kann ihn nirgendwo sehen." Sagte ich panisch. "Such ihn. Ich muss mit ihm sprechen."

"Nein, ich gehe nicht weg. " Jetzt konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. "Alea..." Boromirs Stimme brach ab. "Es ist schon gut Elbenprinzessin " Brachte er dann noch heraus.
Ich lachte kurz auf. Schüttelte meinen Kopf leicht. "Ich bin keine Elbenprinzessin. " "Noch nicht" Er brachte ein winziges Lächeln zustande. "Du Idiot! Selbst wenn du stirbst hörst du nicht auf..." Jetzt brach meine Stimme ab. Ich konnte nichts mehr sagen. Bitte geh nicht. Doch es war zuspät und Boromir konnte Aragorn nie das sagen, was er sagen wollte.

Der Regen prasselte immer noch auf den Boden. Ich wusste nicht wie lange ich einfach nur da saß. Orks kamen bereits auf mich zu, aber ich würde mich nicht wehren. Es ist vorbei. Boromir war tot. Aragorn wahrscheinlich auch. Ich stand auf. Kämpfe solange du kannst, doch wenn du es nichtmehr kannst. Sterbe mit stolz. Hatte mein Vater einst zu mir und meinen Bruder gesagt. Er hatte recht. "ALEA" Ein lauter Ruf. Der mich aufhorchen ließ. Ich drehte mich aus der Richting aus der er kam. Legolas. Er kam von der Mauer runtergerannt. Tötete mehrere Orks. "WAS ZUR HÖLLE MACHST DU HIER?!" Er war laut. Übertönte den Regen, die schallende Rufe. "Boromir... er... er ist." Legolas blickte auf seinen Leichnahm. Ein Funken von Trauer glühte in ihm auf. Er und Boromir konnten sich eigentlich nie sonderlich leiden. Und trotzdem wären sie füreinander gestorben. "Wir müssen hier weg." Legolas ergriff mein Handgelenk. Und führte mich einige Meter zur der Steintreppe.
Plötzlich fühlte es sich an als wäre es wie damals. Und dieses Gefühl schmerzte so sehr. "Nein" ich löste mich ruckartig von seinem Griff. Sein Blick war verständnislos. Nachvollziehbar. Er versucht dich grade zu retten. Aber da gab es nichts von dem man mich noch retten konnte. Nicht für mich. "Wir müssen hier weg." Sagte Legolas eindringlich. Auf einmal gibt es ein 'wir'.
"Was ist bloß los mit dir?" Fragte er mich fassungslos. Ich guckte ihn einfach nur an. Legolas spannte seinen Bogen. Ich bin unbewaffnet. In diesem Moment spürte ich den Regen nicht mehr. Ich hörte keine Rufe. Hatte keine Angst mehr. Ich sah nur Legolas. Sein makelloses Gesicht. Seine eisblauen Augen. Seinen gespannten Bogen, der auf mich zielte. Und mir wurde schmerzlich bewusst, dass ich ihn damals geliebt haben muss. Auf eine Art und Weise die ich vorher noch gar nicht mal kannte. "Ich habe dich damals geliebt." Sagte ich. Als kaum eine Sekunde später ein Pfeil mein Herz durchbohrte.

Zu zweit in der Finsternis ( Legolas FF )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt