Kapitel 10

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Nica


Am Dienstag hatte ich die Mittagsschicht und lehnte am Tresen, während Kyle gerade zwei Bier zapfte, die ich dann zu den beiden Bauarbeitern am Tisch direkt neben der Tür bringen würde. Es war relativ ruhig in der Bar, die Anzahl der Gäste sehr überschaubar, aber so war es um diese Tageszeit immer.

„Was ist los", fragte Kyle plötzlich und musterte mich von der Seite. „Du lächelst die ganze Zeit vor dich hin."

Er hatte Recht, aber war es denn verboten gute Laune zu haben? Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich vor mich hin lächelte. Und wenn schon, immerhin hatte ich einen guten Grund dafür.

Seit dem Nachmittag zuvor schwebte ich auf rosa Wolken. Mein Plan war tatsächlich aufgegangen und Ian und ich waren uns wirklich näher gekommen. Beim Gedanken an den Kuss am Strand bekam ich immer noch weiche Knie. Dieser Mann konnte meisterhaft küssen. Nach seinen Küssen könnte ich glatt süchtig werden. Erst um acht Uhr abends hatte ich ihn wieder zu Hause abgesetzt. Ian hatte mich noch gefragt, ob ich mit nach oben kommen wolle, aber ich hatte schweren Herzens abgelehnt, denn ich wusste, dass, wenn wir erst mal ungestört waren, wir womöglich über einander hergefallen wären und ich hatte ihn doch gebeten, mich ein wenig zu umwerben.

Nach einem nicht enden wollenden Abschiedskuss war ich losgefahren und hatte schließlich ganz beschwingt die Wohnung betreten, wo ich Suki mit einer großen Schüssel Popkorn auf dem Sofa vorfand. Scooby hob den Kopf und sah mich neugierig an, genau wie seine Besitzerin. Als ich ihm jedoch den Kopf kraulen wollte begann er zu knurren. Unermüdlich schnupperte er an meinem Kleid und meinen Händen.

Suki runzelte die Stirn und ließ ihren Blick von oben nach unten über meinen Körper gleiten. „Warum schnuppert er an dir wie ein Spürhund? Hast du dich in irgendwelchem Dreck gesuhlt?" Rasch war sie vom Sofa gesprungen und musterte mich von allen Seiten.

„Nein, natürlich nicht, oder siehst du irgendwelche Flecken auf meinem Kleid?"

Sie schüttelte den Kopf und zuckte die Schultern. „Irgendetwas riecht er aber an dir."

„Möglich. Vielleicht die Quokkas? Oder den Strand?"

„Ach, wart Ihr auf Rottnest Island? Wie war es denn? Bist du über ihn hergefallen??" Sukis Augen wurden sogleich größer und funkelten durchtrieben.

„Ja, waren wir und Ian fand es toll. Wir haben uns Fahrräder geliehen, damit wir nicht zu Fuß die Insel erkunden mussten. Zum Schluss saßen wir noch eine Weile am Strand, wo er mich dann geküsst hat." Er war es schließlich gewesen, der über mich hergefallen war und mich am liebsten über seine Schulter geworfen hätte.

„Uhhhh...." Meine Freundin wackelte provokativ mit den Augenbrauen. „Und? Erzähl schon. Ist er ein guter Küsser oder sabbert er wie so ein Welpe?"

Allein der Gedanke an solch ein Gesabber ließ mich erschauern. „Nein, er ist kein Welpe. Er weiß definitiv wie man küsst. Der beste Küsser, den ich je hatte." War es traurig, dass ich erst sechsundzwanzig Jahre alt hatte werden müssen, um einen richtig guten Kuss zu erleben?

„Ja...ich wusste es, ich wusste es...", rief Suki aus und klatschte begeistert in die Hände, so dass Scooby sich duckte und sie mit großen vor Schreck geweiteten Augen ansah. Als sie ihn so sah ging sie sogleich in die Hocke und streichelte ihm beruhigend über das Köpfchen. „Tut mir leid, mein Kleiner. Ich wollte dich nicht erschrecken, aber Nica hat endlich einen Mann gefunden. Und was für einen."

„Ich glaube eher, dass er mich gefunden hat, immerhin ist er wochenlang in die Bar gekommen."

„Und er hat anscheinend von Anfang an nur dich gewollt, immerhin konnte keine andere Frau bei ihm landen. Nicht mal deine beste Freundin." Bei den letzten Worten deutete sie auf sich und zog dabei eine Schnute.

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